Technik

Umstrittenes Anti-Piraterie-Abkommen EU unterschreibt ACTA

Im stillen Kämmerlein wird es über Jahre ausgehandelt, im fernen Asien in trauter Runde von EU-Vertretern nun unterschrieben: das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA. Was als Kampf gegen Raubkopierer daherkommt, könnte auch gravierende Folgen für die Ärmsten der Armen haben.

Netzaktivisten versuchen, das Abkommen noch zu stoppen. (Logo: Screenshot der Seite stopp-acta.info)

Netzaktivisten versuchen, das Abkommen noch zu stoppen. (Logo: Screenshot der Seite stopp-acta.info)

Auch die EU hat sich jetzt einem umstrittenen internationalen Pakt gegen Produktpiraterie, dem "Anti-Counterfeiting Trade Agreement" (ACTA), angeschlossen. Das Handelsabkommen zur Abwehr von Fälschungen wurde in Tokio von Vertretern der EU und von 22 der 27 Mitgliedsstaaten unterzeichnet, berichtet das japanische Außenministerium. Es werde erwartet, dass die noch fehlenden EU-Staaten, darunter auch Deutschland, folgen würden, sobald das Verfahren dazu abgeschlossen sei, hieß es in der Mitteilung.

Nach der Unterzeichnung muss das Abkommen noch vom Europaparlament und den nationalen Parlamenten gebilligt werden. Das nach Initiative der USA und Japans in mehrjährigen Verhandlungen 2011 fertiggestellte Abkommen sieht unter anderem vor, dass Internet-Anbieter für Urheberrechtsverletzungen von Kunden haftbar gemacht werden können.

Proteste gegen SOPA und IPA wirkten

Kritiker sehen daher ACTA in einer Reihe mit Bestrebungen in einzelnen Staaten, das Urheberrecht zu verschärfen. In der vergangenen Woche stießen entsprechende Gesetzesvorhaben in den USA mit den Bezeichnungen SOPA (Stop Online Piracy Act) und PIPA (Protect IP Act) auf derart massive Proteste, dass im Kongress geplante Abstimmungen auf unbestimmte Zeit verschoben wurden.

CDU begrüßt "Meilenstein"

Die CDU befürwortet ACTA. Ihr Europa-Abgeordneter Daniel Caspary bezeichnete das Abkommen als einen "Meilenstein im Kampf gegen Marken- und Produktpiraterie". Hingegen erklärte die Abgeordnete Ska Keller von den Grünen, ACTA habe drastische Auswirkungen auf die Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet und müsse abgelehnt werden.

"Ahnungslos oder durchgeknallt"

Der Netzaktivist Alvar Freude kommentierte Casparys Äußerungen gegenüber n-tv.de: "Wer gegen das Kopieren von Musik härtere Sanktionen als bei der Verbreitung von Kinderpornografie als 'Meilenstein' bejubelt, hat entweder keine Ahnung oder ist vollkommen durchgeknallt."

Weiter sagte Freude, der auch der Internet-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages angehört: "Schon die weitgehend im Geheimen stattgefundene Aushandlung des Abkommens ist demokratischen Staaten unwürdig. Die nationalen Parlamente wurden weitgehend außen vor gelassen. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung bei dem Spiel nicht weiter mitmacht."

Der Verein "Digitale Gesellschaft" rief dazu auf, "EU-Abgeordnete an ihre Verantwortung zu erinnern, sich für unsere Bürgerrechte und den europäischen Binnenmarkt einzusetzen und bei der Ratifizierung mit “Nein” zu stimmen".

Kritik kommt auch von anderen europäischen Organisationen. Die französische Gruppe "la quadrature du net" weist in einem eindringlichen Video darauf hin, dass Patente auf Organismen und medizinische Wirkstoffe gravierende Auswirkungen auf die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten haben konnen - vor allem in den ärmsten Regionen der Welt.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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