Mehr dran, als man sieht Wie gut ist das iPhone 7 wirklich?
20.09.2016, 18:34 Uhr
Das iPhone 7 und das iPhone 7 Plus.
(Foto: kwe)
Auch wenn man das iPhone-7-Duo kaum von den Vorgängern unterscheiden kann, sind die Geräte keine langweiligen Weiterentwicklungen. n-tv.de zeigt, was neu ist, was fehlt und für wen sich eine Anschaffung lohnt.
Nachdem n-tv.de in San Francisco einen ersten Eindruck des iPhone 7 und des iPhone 7 Plus gewinnen konnte, war jetzt Gelegenheit, die neuen Geräte ausführlich zu testen. Große Überraschungen gab es dabei nicht, aber ein paar ausgesprochene Aha-Erlebnisse.
Beide Modelle sehen bis auf die neu verlegten Antennen-Aussparungen, die auffälligen Kameras, die fehlende Klinkenbuchse und zusätzliche Lautsprecherbohrungen exakt wie ihre Vorgänger aus. Entsprechend hat man auch das Gefühl, nichts wirklich Neues in der Hand zu halten. Es sei denn, man hat ein Gerät in "Diamantschwarz". Denn dann ist das iPhone 7 bis zum Display komplett in glänzenden, glatten Klavierlack gehüllt - selbst die Antennenaussparungen sind lackiert.
Empfindliches Diamantschwarz
Das sieht edel aus und fühlt sich auch toll an. Allerdings sieht die Oberfläche nicht nur schnell schmierig aus, man sieht auf ihr auch jeden feinen Kratzer. Und die kommen schnell. Schon nach einem Testtag zeigten sich auf dem iPhone 7 in Diamantschwarz erste feine Gebrauchsspuren. Apple selbst rät daher, das Gerät in eine Schutzhülle zu stecken. Robuster und schlierenfreier ist da die mattschwarze Version.

Auch bei vorsichtiger Behandlung zeigen sich bei Modellen in Diamantschwarz schnell sehr feine Kratzer.
(Foto: kwe)
Was man dem Duo nicht ansieht: Es ist nach IP67 wasser- und staubgeschützt. Das bedeutet nicht, dass man damit Unterwasseraufnahmen machen sollte, aber fällt ein iPhone 7 in den Sand oder ins Wasser, muss man sich keine Sorgen machen. Im Test blickten die Geräte tief in ein Wasserglas und wurden durch den Dreck gezogen, ohne dass Probleme aufgetreten wären. Allerdings war es ziemlich mühsam, kleine Sandkörner aus den Lautsprecherbohrungen und dem Lightning-Anschluss zu spülen.
Kabel nur noch Notlösung
Apropos Lautsprecher: Die gibt's beim iPhone 7 erstmals als Stereo-Paar, was vor allem beim Plus deutlich zu hören ist. Der Sound ist aber auch beim kleinen Gerät satter und lauter als beim 6s. Im Normalfall nutzt man aber für Videos, Musik und Spiele Kopfhörer, weil's schöner klingt und die Mitmenschen nicht nervt. Dafür hat Apple EarPods mit Lightningkabel in die Verpackung gelegt, die wie die klassischen Vorgänger mehr schlecht als recht in den Ohren hängen und ganz okay klingen.
Möchte man eigene Kopfhörer mit Klinkenstecker anschließen, gibt's im Lieferumfang einen kostenlosen Adapter. n-tv.de konnte keine Unterschiede heraushören, Labortests haben aber gezeigt, dass das Zwischenstück Verluste bei der Klangqualität bedeutet. Außerdem kann man bei Kabelverbindungen nicht gleichzeitig Musik hören und den Akku aufladen. Das ist vor allem bitter für Käufer, die sehr hochwertige Kopfhörer besitzen. Die bessere Wahl beim iPhone 7 ist Bluetooth. Apple selbst verkauft ab Oktober seine AirPods für 180 Euro, die einen ersten guten Eindruck hinterließen, aber noch ausführlich getestet werden müssen.
Eine Taste weniger
Weniger problematisch als die fehlende Klinkenbuchse ist der neue Home-Button. Er wird nicht mehr mechanisch gedrückt, sondern simuliert eine echte Taste durch Vibrationsmotoren. Das ist nur die ersten Minuten etwas seltsam, dann hat man sich schnell daran gewöhnt und freut sich, dass nicht jedes Knacken eine teure Reparatur bedeuten kann. In den Einstellungen kann man in drei Stufen die Stärke des haptischen Feedbacks einstellen. Passt. Die neue Taptic Engine können übrigens auch Entwickler nutzen, um Touch-Aktionen durch differenziertes haptisches Feedback zu ergänzen. So fühlen sich beispielsweise in Shootern Schüsse aus verschiedenen Waffen unterschiedlich an.
Die Displays der iPhone-7-Modelle können heller leuchten und ein breiteres Farbspektrum abbilden als die der 6s-Geräte. Das klingt nicht besonders spektakulär, ist es aber. Schon mit bloßem Auge betrachtet sehen die Bildschirme prächtig aus. Sie wirken im direkten Vergleich mit ihren Vorgängern kontrastreicher und zeigen leuchtendere und natürlichere Farben. Auffallend ist ein grundsätzlich wärmerer Ton. Der starke Eindruck des iPhone-7-Bildschirms wird durch Labortests bestätigt. Die anerkannten Experten von "Displaymate" sind von dem Bildschirm begeistert, sie hätten bisher noch kein besseres LCD getestet, schreiben sie. Lediglich das Display des Galaxy Note 7 überstrahlt noch die Pracht des iPhone-7-Bildschirms. Weil die OLED-Technik des Samsung-Smartphones sparsamere, platzsparendere und gebogene Displays ermöglicht, ist zu erwarten, dass Apple sich beim kommenden Jubiläums-iPhone vom LCD verabschiedet.
Stärker als die Konkurrenz
Beim Display muss sich das iPhone 7 dem Testsieger Note 7 knapp geschlagen geben, dafür deklassiert Apple seinen Herausforderer bei der Leistung. Der Chip A10 Fusion stampft nicht nur in Benchmark-Tests die Konkurrenz in Grund und Boden. Auch in einem direkten Vergleich lässt das iPhone 7 das Note 7 weit hinter sich, erledigt einen Aufgaben-Parcours wesentlich schneller. Noch stärker dürfte hier das Plus-Modell abschneiden, das mit 3 Gigabyte Arbeitsspeicher noch mehr Reserven als das 7er mit 2 Gigabyte hat. Dabei arbeitet der 4-Kern-Prozessor recht sparsam. Im Test zeigten beide Modelle etwa die gleichen Laufzeiten wie die Vorgänger. Ob die Geräte sogar eine beziehungsweise zwei Stunden länger durchhalten, wie von Apple angegeben, lässt sich wahrscheinlich nur im Labor nachvollziehen.
Die im wahrsten Sinne herausragendste Veränderung sind die neuen Kameras des iPhone-7-Duos. Beide Geräte besitzen die gleiche 12-Megapixel-Hauptkamera mit lichtstarker Blende f/1.8 und einem für Smartphones üblichen Weitwinkel-Objektiv. Das Plus hat zusätzlich eine zweite 12-Megapixel-Knipse mit doppelter Brennweite. So hat man durch einen Kamerawechsel einen zweifachen optischen Zoom, was Objekte wesentlich näher ins Bild holt. Außerdem kann man jetzt endlich mit einer Brennweite wie bei einem Standard-Objektiv fotografieren, was etwa der natürlichen Sichtweite der Augen entspricht.
Das zahlt sich vor allem bei Porträtaufnahmen aus, denn Köpfe lassen sich so ohne Verzerrungen bildschirmfüllend fotografieren. Man kann entweder einfach zwischen den Kameras hin- und herschalten oder der Wechsel erfolgt beim Zoomen automatisch. Das klappt auch bei Videos, man sieht dann aber durch einen kurzen Ruck und eine veränderte Helligkeit deutlich, wenn das Smartphone die Kamera wechselt.
Kameras werden noch besser
Die Qualität der Fotos ist sehr gut. Die Sensoren der Kameras können auch ohne HDR-Modus Farben und Helligkeitsunterschiede besser darstellen und bei schwachem Licht aufgenommene Fotos zeigen in den dunkleren Bereichen mehr Details als die iPhone-6s-Kamera. Prima: Auch beim kleinen Gerät gibt's jetzt einen optischen Bildstabilisator. So kommen auch bei längeren Belichtungszeiten seltener Verwackler vor und Videos sehen deutlich ruhiger aus. Wirklich gewaltig sind die Unterschiede zur iPhone-6s-Kamera aber nicht und die Software neigt bei wenig Licht etwas zu sehr zum Weichzeichnen.
Da lohnt sich vielleicht der Einsatz von Drittanbieter-Apps. Denn sie erhalten von der Kamara Fotos im unbearbeiteten RAW-Format, wodurch Nutzer nicht auf die JPGs der Standard-App angewiesen sind. Möglicherweise bessert Apple aber auch noch die eigene Software nach, wenn im Laufe des Herbstes die Bokeh-Funktion nachgeliefert wird. Mit ihr können Nutzer nachträglich Personen oder Objekte hervorheben, indem sie den Hintergrund unschärfer stellen. Seltsam, dass Apple die App zum Marktstart nicht fertig hatte, Fragen nach den Gründen blieben bisher aber unbeantwortet. Die 7-Megapixel-Kamera an der Front liefert helle Selfies mit ebenfalls sehr natürlichen Farben.
Hervorragend, aber kein Muss
Unterm Strich ist das iPhone 7 ein hervorragendes Smartphone, das einige wichtige Verbesserungen aufweist. Vor allem die neuen Kameras, der optische Bildstabilisator im kleinen Gerät und der Wasserschutz sind hier zu nennen. Die fehlende Klinkenbuchse ist grundsätzlich wahrscheinlich ein Schritt in die richtige Richtung, für Besitzer hochwertiger Kabel-Kopfhörer aber eine bittere Pille. Insgesamt sind die Unterschiede zu den 6s-Modellen nicht so groß, dass sich für deren Besitzer ein Kauf wirklich lohnt. Auch wer ein iPhone 6 hat, kann ruhig noch ein Jahr warten. Eigentümer eines älteren Geräts können zugreifen, ein besseres Smartphone werden sie zurzeit kaum finden.
Wenn man nicht auf iPhones fixiert ist, sind Samsungs Galaxy S7 oder Galaxy Note 7 durchaus Alternativen. Allerdings darf man dann nicht so lange und so schnell mit Firmware-Updates rechnen wie bei iPhones. Bei Googles neuen Pixel-Modellen, die im Oktober herauskommen, wäre dies zwar der Fall, deren Qualität ist aber noch nicht bekannt. Wer einen starken Android-Puristen sucht, ist hier sicher mit dem Huawei Nexus 6P gut bedient, das mit 32 Gigabyte bereits ab 425 Euro zu haben ist.
Quelle: ntv.de