Unfairer Kampf um Marktanteile China nimmt deutsche Industrie in die Zange
23.08.2021, 15:07 UhrDeutschland und China waren lange eher Partner als Konkurrenten auf dem Weltmarkt. Doch einer Studie zufolge erobern chinesische Firmen zunehmend Marktanteile in Ländern und Branchen, die für Deutschland wichtig sind. Mit Innovation und Qualität allein kann die deutsche Industrie nicht dagegenhalten.
Die deutsche Industrie konnte Chinas atemberaubenden Aufstieg zur führenden Exportnation lange Zeit gelassen mit ansehen. Deutschlands wichtigste Industrieprodukte, Autos etwa und moderne Maschinen, waren von der Konkurrenz kaum betroffen. Während Länder wie die USA, Italien und Japan erheblich an Weltmarktanteilen einbüßten, konnten deutsche Unternehmen ihre Position halten. Sie profitierten sogar von Chinas kräftigem Exportwachstum, da sie hochwertige Anlagen und Vorprodukte für die chinesischen Ausfuhren lieferten.
Doch diese Win-win-Situation hat sich verändert. "Wir machen uns Sorgen, dass uns das Schicksal dieser anderen Staaten, etwa der USA, Italiens oder Japans droht", sagt Jürgen Matthes ntv. Der Ökonom vom Institut der Deutschen Wirtschaft hat in einer Studie die Entwicklung der deutschen und chinesischen Exporte untersucht und festgestellt: "China wird auf unserem Heimatmarkt immer präsenter und macht uns immer stärker Konkurrenz auch in den Branchen, in denen die deutsche Wirtschaft eigentlich stark ist."
So hat sich der Anteil Chinas an den Wareneinfuhren in EU-Ländern von 2,7 Prozent im Jahr 2000 auf 7,6 Prozent im Jahr 2019 fast verdreifacht. Deutschlands Anteil stieg zunächst von 14 Prozent im Jahr 2000 auf 15 Prozent 2005 und sank dann auf 13,8 Prozent im Jahr 2019 ab. Dabei fand eine deutliche Verschiebung von Chinas Exporten hin zu anspruchsvollen Industriewaren statt, also Warengruppen, die für Deutschlands Industrie besonders wichtig sind. Das heißt, deutsche Firmen bekommen auf ihrem europäischen Heimatmarkt immer mehr Druck durch chinesische Konkurrenten.
Konkurrenz von der eigenen Technologie
"Der Wettbewerb wird definitiv immer härter", so Matthes. Das liege auch, aber nicht nur daran, dass die chinesischen Industrieunternehmen besser geworden seien. Sondern auch daran, dass China den Wettbewerb mit unfairen Mitteln verzerre. So träten etwa Staatsunternehmen in Konkurrenz zu privaten deutschen Exporteuren. Aber auch chinesische Privatunternehmen würden oft vom Staat in einer Weise gefördert, die den Regeln der Welthandelsorganisation widerspreche. Teilweise nutzten chinesische Firmen zudem einen forcierten Technologietransfer, erklärt Matthes. "Also dass deutsche Unternehmen in China gezwungen werden, Technologie abzugeben, und dass chinesische Unternehmen dann mit dem Wissen, das wir abgeben mussten, auf unseren Märkten aktiv werden."
Deutschland und die EU müssten tätig werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie zu sichern, fordert Matthes. "Zum einen müssen die Unternehmen selbst sehen, dass sie bei der Innovation vorne bleiben." Der Staat müsse dies durch gute Bildung und Forschungsförderung unterstützen. Diese "Hausaufgaben" zu erledigen, reiche jedoch nicht aus, so Matthes. "Wir brauchen auch bessere Elemente auf der europäischen Ebene in der Handelspolitik, um faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen."
Quelle: ntv.de, mbo