Dubiose Aktiendeals Fiskus durchleuchtet Banken und Fonds
05.04.2014, 17:45 Uhr
Es wird intensiv ermittelt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Dutzende Kreditinstitute und Fonds sollen den deutschen Staat mit dubiosen Aktiendeals geprellt haben. Allein in Hessen - dort befindet sich der Finanzplatz Frankfurt - laufen 30 Verfahren wegen Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe.
Der deutschen Finanzbehörden ermitteln gegen Dutzende Banken und Geldanlagefonds, die den Staat mit dubiosen Aktiendeals um einen Milliardenbetrag betrogen haben sollen. Einer Umfrage der "Süddeutschen Zeitung" zufolge gibt es mehr als 50 Verfahren. In mehr als zehn Fällen seien wegen des Verdachts auf besonders schwerwiegende Steuerhinterziehung bereits Staatsanwälte eingeschaltet worden. Das Blatt erkundigte sich bei den Finanzministerien mehrerer Bundesländer. Diese nannten wegen des Steuergeheimnisses keine Details.
Bekannt ist, dass Geldinstitute wie die Hypo-Vereinsbank (HVB) und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) betroffen sind. Die HSH Nordbank, die ebenso wie die LBBW dem Staat gehört, hat bereits 127 Millionen Euro an den Fiskus zurückgezahlt. "Wir sind die Sache pro-aktiv angegangen und haben im Dezember 2012 eine unabhängige Prüfung angestoßen", sagte ein Sprecher der HSH Nordbank.
Die Behörden untersuchen schon seit geraumer Zeit Börsengeschäfte, bei denen es bis 2012 aufgrund einer Gesetzeslücke möglich war, den Fiskus auszunehmen. Beim Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividendenanspruch ließen sich Banken und deren Geschäftspartner eine nur einmal gezahlte Kapitalertragssteuer von den Finanzämtern mehrmals erstatten.
Hessen besonders betroffen
Der Fiskus durchschaute diese Deals spät, begann dann aber, intensiv zu ermitteln. Die Behörden glauben, es sei illegal gewesen, die Gesetzeslücke auszunutzen. In Hessen laufen momentan 30 Verfahren, bei denen es um 979 Millionen Euro geht. Hessen ist wegen der Banken-Metropole Frankfurt besonders betroffen. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt inzwischen in vier von diesen Fällen. In Bayern untersuchen die Finanzbehörden acht Fälle mit einem Betrugsvolumen von 372 Millionen Euro. In Nordrhein-Westfalen sind es fünf Verfahren und 50 Millionen Euro.
Aktuelle Fallzahlen nannten auch Hamburg (13) und Baden-Württemberg (2), sie machten aber keine Angaben zum finanziellen Umfang. Der Fiskus in Baden-Württemberg hat bereits mehr als 100 Aktiendeals "unter Cum/Ex-Gesichtspunkten einer Prüfung unterzogen". Ergebnisse teilt das Finanzministerium nicht mit. Die Staatsanwaltschaft in Stuttgart geht dem Verdacht nach, dass die LBBW das Land, ihren Miteigentümer, betrogen hat. Ermittelt wird offenbar gegen frühere Manager.
Bundesbank wurde getäuscht
Bei der LBBW soll es um mehr als 100 Millionen Euro gehen. Die Landesbank in Stuttgart war wie die HSH Nordbank in der Finanzkrise mit staatlichen Mitteln in Milliardenhöhe vor der Pleite bewahrt worden. Die LBBW erklärte zu den Untersuchungen, aus ihrer Sicht seien "alle Handlungen, die dem Geist der Steuer-Gesetzgebung widersprechen, nicht akzeptabel".
Am weitesten gediehen sind die Ermittlungen bei der HVB, die zusammen mit Geschäftspartnern den Staat offenbar um 200 Millionen Euro geschädigt hat. HVB-Dokumenten zufolge hatte die Bundesbank dort bereits 2006 argwöhnisch nach dem Sinn und Zweck bestimmter Aktiendeals gefragt, war dann aber wohl getäuscht worden. In einer internen Mail notierte ein HVB-Verantwortlicher bereits im Juli 2009, "diese Art von Steuerbetrug scheint in der Tat weit verbreitet zu sein".
HVB prüft intern seit 2011
Die HypoVereinsbank erklärte, "der Vorstand der HypoVereinsbank hat bereits nach ersten Hinweisen auf möglichen Klärungsbedarf im Jahr 2011 selbst eine eingehende interne Prüfung eingeleitet. Die Bank hat hierüber auch pro-aktiv und umfassend die Finanzbehörden informiert." Die interne Untersuchung seien vom Vorstand und Aufsichtsrat sowohl hinsichtlich des Kundengeschäfts als auch in Bezug auf Eigenhandelsgeschäfte entschlossen vorangetrieben - und zwar für die primär im Fokus stehenden Jahre 2005 bis 2008 und vorsorglich auch für die jüngere Vergangenheit sowie für ausländische Aktien.
"Selbst nachdem 2012 Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, haben Vorstand und Aufsichtsrat ihren pro-aktiven Ansatz beibehalten und die interne Untersuchung fortgeführt", hieß es weiter von der Bank. Die interne Untersuchung und die Ermittlungsverfahren dauern an und das Geldinstitut erwartet Ergebnisse im ersten Halbjahr 2014.
Quelle: ntv.de, wne