Millionär greift Millennials an "Sie kaufen lieber Avocados als Häuser"
16.05.2017, 17:33 Uhr
Der Avocado-Konsum in Australien steigt seit Jahren - und damit auch der Preis.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ein australischer Millionär provoziert mit dem Vorwurf, seine Generation sei genusssüchtig. Die 18- bis 37-Jährigen zögen teure "Avocado-Toasts" einem Hauskauf vor. Ist da was dran?
Was haben Avocados mit Vermögensaufbau zu tun? Sehr viel, sagt ein 35-jähriger Immobilien-Tycoon aus Melbourne. Für ihn ist die genauso trendige wie teure Frucht mit schuld daran, dass junge Leute sich den Traum vom Eigenheim nicht mehr leisten können. Die 18- bis 37-Jährigen lebten auf viel zu großem Fuße, stellte Tim Gurner in der australischen Variante des US-Nachrichtenmagazins "60 minutes" fest.
"Als ich versucht habe, mein erstes Haus zu kaufen, habe ich keine gematschten Avocados für 19 Dollar und vier Kaffees für jeweils vier Dollar gekauft", beschrieb Gurner den Unterschied zwischen sich und den anderen Millennials. Die Erwartungen der jüngeren Menschen seien sehr hoch, provozierte der Millionär weiter.
"Sie wollen jeden Tag auswärts essen und jedes Jahr nach Europa reisen." Der Traum von der eigenen Immobilie könnte für jeden von ihnen wahr werden, würden sie nicht diesem Lebensstil frönen, meint Gurner. Er hat leicht reden. Schließlich ist er ist der jüngste Neuzugang in der Reichenliste von "Business Review Weekly". Sein Vermögen wird auf 460 Millionen Dollar geschätzt.
Dass ihm die Avocados ausgehen, ist nicht zu befürchten. Anderen Millennials vielleicht schon. Die Trendfrucht steht in Australien hoch im Kurs. Fast jedes Frühstück in den unzähligen trendigen Cafés in Sydney ist damit zu haben. Auch bei anderen Mahlzeiten sind sie gern gesehen - selbst auf Pizza. Die Nachfrage steigt seit Jahren - und damit auch der Preis.
Was stimmt da nicht?
Gurners Rat zur Hauptsendezeit kam dennoch nicht gut an. Es gebe keinen Grund, mit den Fingern auf diese Generation zu zeigen, sagte Autor und Anwalt, Jo Lennan, bei "60 minutes". "Wenn du ein ziemlich gewöhnliches Haus in einem australischen Vorort für 1,5 Millionen Dollar siehst, dann stimmt wirklich etwas nicht mit diesem Immoblienmarkt."
Wellen der Empörung gab es auch in den USA. Nicht ihr ausschweifender Lebensstil, sondern der Mangel an Geld würde sie davon abhalten, Häuser zu kaufen, beklagte sich eine Frau aus Washington im Internet. In einem anderen Kommentar schrieb ein wütender New Yorker: "120 Dollar für Transportmittel, 500 Dollar für Essen, 200 Dollar für Kleidung und 35.000 Dollar für Avocado-Toast." Ob ihm jemand bei diesem Budget-Rätsel helfen könnte, fragte er spöttisch.
Auch US-Medien sprangen auf den Avocado-Zug: Gurners Erfolgsformel greife zu kurz, kommentierte CNN Money. Überteuerte Toasts seien nicht die einzige Hürde auf dem Weg zum Immobilienbesitzer. Die Millennials träten inzwischen gegen Käufer an, die nicht das erste Mal eine Immobilien kauften und daher mehr Geld hätten, zitierte der Sender auf seiner Website eine Analystin von einer Softwarefirma, die Hypothekendaten analysiert.
Außerdem seien Häuser für Erstlingskäufer Mangelware, das treibe die Preise in die Höhe. Laut Sender gab es im Februar drei Prozent weniger Häuser auf dem Markt als noch vor einem Jahr. Gleichzeitig stiegen die Häuserpreise um sieben Prozent.
Als Hürde wird auch die angespannte finanzielle Situation der Universitätsabsolventen angesehen. Sieben von zehn haben laut einer Studie im Jahr 2015 im Schnitt 30.100 Dollar Kredit für ihr Studium aufgenommen, vier Prozent mehr als im Jahr zuvor. Offenbar hängt die Latte für Millennials in Australien sogar noch höher als in den USA. Laut einer Studie der HSBC Bank gehört dort immerhin 35 Prozent der Millennials inzwischen ein Haus, während es in Australien lediglich 28 Prozent sind.
Andere Prioritäten
Andere Medien fanden Gurners Argumentation indes gar nicht so abwegig. "Money" zum Beispiel zitierte eine Studie von Goldman Sachs, die belegt, dass sich die Prioritäten bei jüngeren Menschen tatsächlich geändert haben.
Demnach legen Millennials mehr Wert auf Bequemlichkeit und Erlebnisse als Autos und Häuser. Außerdem ergab eine Analyse eines Ernährungsinstituts im Auftrag des US-Landwirtschaftsministeriums bereits 2014, dass Millennials 44 Prozent ihres Geldes für Ernährung in Restaurants tragen. Erschwerend hinzu kommt, dass die Avocadopreise in den vergangenen Jahren tatsächlich extrem gestiegen sind. Laut "Fortune" wird das angesichts der hohen Nachfrage auch so bleiben.
Kritik musste sich Gurner im Netz auch dafür gefallen lassen, dass er als 19-Jähriger keinem Bankkredit hinterherlaufen musste. Stattdessen gab ihm sein Großvater ein 34.000-Dollar-Darlehen für sein erstes Immobilien-Geschäft. Eine Userin machte sich Luft: "Vielleicht könnten wir ja alle ein kleines Darlehen von 34.000 Dollar bekommen. Dann könnten wir uns Avocado-Toast und Immobilien leisten."
Quelle: ntv.de