Wirtschaft

Aufsichtsrat schlägt Alarm Stuttgart 21 steht vor dem Finanz-Kollaps

Reisende müssen seit Baubeginn lange Umwege im Bahnhof in Kauf nehmen.

Reisende müssen seit Baubeginn lange Umwege im Bahnhof in Kauf nehmen.

(Foto: imago/7aktuell)

Dem umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21 droht offenbar schon bald das Geld auszugehen. Die bekannt gewordenen Mehrkosten von rund 500 Millionen Euro sind nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich ist das gesamte Baubudget schon jetzt nahezu ausgeschöpft.

Es wird eine Krisensitzung werden: Am Mittwoch trifft sich der Bahn-Aufsichtsrat, um den katastrophalen Zustand des Bauprojekts Stuttgart 21 zu besprechen. Erst am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass sich die Fertigstellung des Tiefbahnhofs sehr wahrscheinlich um zwei Jahre - also bis 2023 - verzögern wird. Darüber hinaus rechne man mit Mehrkosten von gut einer halben Milliarde Euro, hieß es in Medienberichten.

Doch die Lage ist womöglich noch viel dramatischer. Vom Gesamtbudget von rund 6,5 Milliarden Euro sollen nur noch 15 Millionen Euro übrig sein - und das sieben Jahre vor Fertigstellung, berichtet die "Stuttgarter Zeitung" unter Berufung auf ein streng vertrauliches Dokument. Damit droht dem Mega-Projekt schon bald das Geld auszugehen.

Bereits im März 2013 mussten die Gesamtkosten des gigantischen Bauprojekts um zwei Milliarden Euro nach oben korrigiert werden. Um eine weitere Kostenexplosion zu vermeiden, wird der Bahn-Aufsichtsrat seitdem in jeder Sitzung über den aktuellen Stand informiert. 

Informationsfluss mangelhaft

Doch der Bahn-Vorstand hat diese Aufgabe offenbar nicht besonders ernst genommen. Bis zuletzt wurde dem Aufsichtsrat versichert, dass die Kosten und der Eröffnungstermin eingehalten werden können. In diesem Jahr war sogar noch von einem Puffer in Höhe von 120 Millionen Euro die Rede - eventuelle Risiken, die das Restbudget beeinflussen könnten, wurden ausgeschlossen.

Auch die Projektpartner sind verärgert: "Die Information des Landes durch die Bahn AG war alles andere als umfassend", beschwert sich der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Man habe keinerlei Informationen über die aktuellen Entwicklungen erhalten. Dabei ist das Land mit 930 Millionen Euro größter Mitfinanzierer des Bahnhofs. Gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" haben sowohl Bund als auch Land eine Beteiligung an weiteren Kosten abgelehnt.

Wie die Bahn weitere Milliardenkosten ohne externe Hilfe stemmen soll, ist unklar. Wegen zu hoher Kosten muss der Staatskonzern ohnehin bereits kräftig sparen. Stellen werden abgebaut, Nachtzüge abgeschafft, Instandhaltungswerke geschlossen.

Folgekosten nicht absehbar

Zudem explodieren nicht nur die Baukosten. Auch die verzögerte Fertigstellung wird finanzielle Auswirkungen für die Bahn haben. Ein Beispiel: Der Umbau des Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation soll überirdisch unter anderem Platz für etwa 6500 neue Wohnungen machen. Ein Großteil davon kann jedoch erst gebaut werden, wenn der Bahnhof fertiggestellt ist. Die Bahn muss also schon jetzt mit deftigen Verzugszinsen rechnen.

Auch die Stadt und Region Stuttgart leiden unter dem Bauverzug. Von der direkten Anbindung an den Bahnhof verspricht sich der Stuttgarter Flughafen als Mitfinanzierer ein Umsatzplus von 25 Millionen Euro pro Jahr. Geld, auf das der Betrieb jetzt zwei weitere Jahre warten muss. 

Quelle: ntv.de

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