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Psychotherapie statt Psychopharmaka Die vergessenen Alten

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Wenn die Seele krank ist kann eine Psychotherapie helfen - auch im Alter.

(Foto: dpa)

"Alte kann man nicht ändern" oder "Wer altet, der kaltet": Vorurteile, die in der heutigen Gesellschaft neu zu überdenken sind. Fast jeder zehnte Erwachsene über 60 Jahren leidet unter einer Depression - den Weg in eine Psychotherapie finden die allerwenigsten.

Mit der steigendem Lebenserwartung steigt auch der Anteil psychisch kranker älterer Menschen an. Depressive Störungen gehören neben demenziellen Erkrankungen zu den häufigsten psychischen Störungen im Alter. Experten gehen davon aus, dass fast jeder zehnte Erwachsene über 60 Jahren unter einer Depression lediet. Der Anteil älterer Menschen, die psychotherapeutisch behandelt werden, ist jedoch noch verschwindend gering.

Nach Ansicht des Hamburger Psychiaters Reinhard Lindner kommen alte Menschen viel zu selten in psychotherapeutische Behandlung - etwa wegen Depressionen oder einer Angststörung. "Gerade Hochbetagte über 75 Jahre bleiben häufig unbehandelt", sagte Lindner am Rande einer Tagung in Hamburg. "Viele können sich gar nicht vorstellen, dass Psychotherapie auch im hohen Alter hilft - aber es ist so."

Traumata aus der Kindheit

Zu psychischen Beeinträchtigungen könne etwa führen, nicht mehr mobil oder auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Häufig kämen auch Traumata aus der Kindheit oder Jugend im Zweiten Weltkrieg wieder hoch. "Die um die 80-Jährigen haben eine Kindheit im Faschismus hinter sich, eine Kriegskindheit, zum Teil auch die Erfahrung von Vergewaltigungen. Die aktuellen Probleme haben immer auch mit der Lebensgeschichte zu tun."

Viele Hochbetagte hätten traditionelle Vorstellungen vom Alter als "etwas Erstarrendem", erklärte der Psychiater: "Da ist erst mal nicht die Idee da, in eine Psychotherapie-Praxis zu kommen." Manche hätten Angst, beim Besuch eines Therapeuten für verrückt erklärt zu werden. Auch die Bedingungen könnten ein Hemmnis sein: "Wie kriege ich einen Psychotherapeuten in ein Pflegeheim? Oder umgekehrt einen alten Menschen in eine Praxis im vierten Stock?" Bei diesen Patienten könne es sinnvoll sein, wenn der Therapeut zu ihnen nach Hause kommt.

Quelle: ntv.de, dsi/dpa

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