Bloß nicht löschen "Man darf alles grillen, was schmeckt"
18.05.2013, 08:49 Uhr
Grillen ist eine Männerdomäne.
(Foto: picture alliance / dpa)
In Deutschland ist man ganz wild aufs Grillen. Es gibt Grillvereine und Grillmeisterschaften. In dieser archaischen Disziplin der Fleischzubereitung fühlen sich vor allem Männer wohl. Beim Hantieren mit rohem Fleisch und Feuer werden die Urinstinkte im Mann geweckt. Kein Wunder, dass es zahlreiche Geschichten und Regeln rund ums Grillen gibt. Welche davon ins Reich der Mythen gehören, erklärt Uwe Knop, Ernährungswissenschaftler und Autor in einem Gespräch mit n-tv.de.
n-tv.de: Ist zu dunkel geratenes Grillgut tatsächlich krebserregend?

Wenn Gegrilltes nur noch verkohlt schmeckt, sollte man es lieber nicht essen.
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Uwe Knop: Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, dass der Genuss von dunkel gegrilltem Fleisch jemals Krebs verursacht oder gefördert hat. Krebs ist eine "individuell-multifaktorielle" Erkrankung - das heißt, Krebs entsteht immer aus dem Zusammenspiel einer Vielzahl individueller Lebensstilfaktoren. Fakt ist: Auch wenn beim Grillen grundsätzlich gesundheitsschädliche Substanzen entstehen können, so heißt das noch lange nicht, dass diese Stoffe die Gesundheit auch tatsächlich schädigen - die Dosis macht das Gift, und gelegentliches Sommergrillen ist sicher nicht "giftig". Außerdem ist unser Geschmack ein guter "Gesundheitsindikator": Wenn Fleisch zu schwarz angekohlt oder verkokelt ist, dann schmeckt es einfach nicht mehr, der Körper lehnt es ab. Ansonsten ist der Bräunungs- und Krossheitsgrad natürlich Geschmackssache. Wer in der schönen Jahreszeit also gerne grillt, der sollte sich über die "Gesundheitsgefahr Grillrost" keine Gedanken machen, sondern sein gegrilltes Steak & Co. mit echtem Hunger und allen Sinnen genießen - denn das liefert gesunde Gefühle der Befriedigung.
Wie ist es beim Grillen von Kassler und anderen gepökelten Fleischsorten?
Davon wird gerne abgeraten, weil beim Grillen von Pökelfleisch Nitrosamine entstehen können, die als krebserregend gelten. Doch auch hier gilt wie allgemein bei "Ernährungswarnungen": Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Das heißt, wer sich gelegentlich ein Kassler grillen will, weil es ihm so lecker schmeckt, der muss sicher nicht gleich an "Krebs vom Grill" denken. Meines Wissens nach ist kein einziger Fall bekannt, dass eine Krebserkrankung auch nur annähernd auf den Verzehr von gegrilltem Pökelfleisch zurückzuführen war.
Stimmt es, dass Gegrilltes vom Gasgrill nur halb so aromatisch ist wie Gegrilltes vom Holzkohlegrill?
Das ist die klassische Gretchenfrage der Grillphilosophen! Es stimmt natürlich nicht - denn wie aromatisch etwas schmeckt, das ist individuelle Geschmackssache. Der eine mag den intensiven Rauchgeschmack der feurigen Grillkohleglut lieber, dem anderen schmeckt das Fleisch vom Gasgrill besser, weil die Hitzeeinwirkung exakter steuerbar ist. Und wer beides kombinieren möchte: Moderne Gasgrills haben Rauchkammern, in denen Smoking-Chips für das gewünschte Raucharoma des Grillguts sorgen.
Sollte man den Grillkohleanzünder lieber weglassen?
Stellen Sie diese Frage den "puristischen Hardcore-Grillern", so lautet die Antwort: Nie mit Grillkohleanzünder! Alle anderen können selbstverständlich auch Grillanzünder verwenden, um die Glut schneller zu entfachen. Wer es gerne natürlich-ökologisch mag, der sollte keine chemischen Anzünder einsetzen, sondern solche auf Basis von Pflanzenöl und Holz. Eine gute Alternative, schneller zur Glut zu kommen, sind Grillkamine - diese kleinen Metalleimerchen mit Luftzuglöchern benötigen keine Grillanzünder, sondern sorgen allein mit dem Kaminzugeffekt dafür, dass die Grillkohle nach etwa 20 Minuten durchgeglüht und einsatzbereit ist.
Darf man mit Bier löschen?
Das sollte man besser lassen! Welches Getränk man auch immer über das Grillgut kippt, es führt stets zum gleichen negativen Doppel-Effekt: Sowohl die Glut als auch das übergossene Fleisch kühlen ab. Hinzu kommt: die Flüssigkeit verdampft sofort in der Grillglut - das wiederum wirbelt Asche auf, die am nassen Fleisch kleben bleibt. Und das schmeckt nun wirklich niemandem.
Stimmt es, dass das Fleisch gar nicht direkt auf dem Grill liegen sollte?
Auch das ist eine Geschmacksfrage. Bei offenen Grills bekommt Fleisch eine intensivere Grillgeschmacksnote, wenn Steak & Co. direkt über der Glut grillen anstatt neben der Grillkohle. Beim indirekten Grillen in Grillkugeln hingegen ist es egal: Hier liegt die Grillkohle in Körben am Rand des Grills, das Fleisch dazwischen auf dem Rost. Durch die geschlossen Grillkugel erhalten Steak & Co. auch dabei das gewünschte Grill- und Raucharoma.
Gibt es wirklich einen Unterschied zwischen BBQ und Grillen?
Für manche ist Grillen und Barbecue das Gleiche; BBQ klingt aber weltgewandt-amerikanischer als "schnödes" Grillen. Für Fachleute sind die Definitionen unterschiedlich: Gegrillt wird über direkter, hoher Hitze und zwar eher schnell. Beim Barbecue wird das Fleisch bei niedrigerer Temperatur und indirekter Hitze, oft mit Rauch, langsam gegart.
Gibt es ein Lebensmittel, das auf gar keinen Fall gegrillt werden sollte?
Grundsätzlich gibt es keine Grillwarnung für irgendein Lebensmittel. Alles, was Ihnen schmeckt, können Sie grillen.
Darf man tiefgefrorenes Fleisch, Fisch oder Gemüse auf den Grill legen?
Das sollte man besser lassen. Denn Würstchen oder Steak können aufgrund der hohen Hitze außen schon kross gegrillt sein, aber innen sind sie noch eiskalt. Daher gilt: Auf jeden Fall das gewünschte Grillgut vorher auftauen.
Was ist gesünder: gegrilltes, gebratenes oder geschmortes Fleisch?
Das wiederum ist die Gretchenfrage der Ernährungsapostel - hier streiten sich die gesundheitsorientierten Geister je nach Ernährungsideologie. Fakt ist: Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, dass die eine Zubereitungsmethode gesünder ist als die andere. Denn es gibt noch nicht mal gesunde Lebensmittel: "Die Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel hat keinen Sinn", so das Fazit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE. Ob grillen, braten oder schmoren - das hängt vom Fleisch ab und von den Geschmacksvorlieben. Gesünder ist in jedem Fall, was einem besser schmeckt.
Mit Uwe Knop sprach Jana Zeh
Quelle: ntv.de