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Rückkehr "ein schwerer Fehler" Naturschützer kämpft gegen Wölfe

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Steinbeck hat ein Bündnis gegen die Rückkehr des Wolfes gegründet.

(Foto: dpa)

Der Wolf wurde in Deutschland lange gejagt und schließlich ausgerottet. Seit 20 Jahren leben die streng geschützten Raubtiere in Sachsen und Brandenburg wieder und breiten sich zügig aus. Dem stellt sich ein Naturschützer mit seinem "Bündnis gegen den Wolf" entgegen.

Der ist wieder mehrheitsfähig: In Umfragen sprechen sich die meisten dafür aus, dass das Raubtier in Deutschland heimisch werden kann. Gerd Steinberg gehört nicht dazu. Der Rentner lebt unmittelbar am Müritz-Nationalpark im Süden von Mecklenburg-Vorpommern und ist einer der wenigen, die sich offen gegen die engagieren. "Erst in wenigen Jahren - wenn bestimmte Tierhaltungen nicht mehr möglich sind - werden einige verstehen, dass wir recht hatten", sagt Steinberg, der ein länderübergreifendes "Bündnis gegen den Wolf" gegründet hat. Der 72-Jährige ist kein Laie: Steinberg arbeitete jahrzehntelang in Berlin-Marzahn ehren- und hauptamtlich für den Naturschutz und hat mehrere Auszeichnungen für sein Engagement erhalten.

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Wenn der Wolf zum Nachbarn wird: Der 72-Jährige sorgt sich um die Sicherheit seiner Tiere.

(Foto: dpa)

"Der Wolf wird von vielen Deutschen mit dem Hund gleichgesetzt und erhält seinen Ehrenstatus, das ist ein schwerer Fehler", meint Steinberg. In der Nähe von Boek, unweit der Landesgrenze zu Brandenburg, wo der Wolfsgegner seit zwölf Jahren lebt, wurden mehrfach Wölfe gesichtet. In den letzten zwei Jahren wurden in der Region, zu der auch die Kyritz-Ruppiner Heide in Brandenburg gehört, fast 100 Schafe, Damhirsche und sogar Rentiere gerissen, obwohl bisher nur einzelne Wolfsmännchen nachgewiesen und gesichtet wurden. "Wir erwarten aber in Kürze die Ansiedlung eines ersten Rudels", kündigte Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) kürzlich an.

Das ist keine gute Nachricht, meint Steinberg. Seine Familie stammt aus dem früheren Hinterpommern, wo es damals auch Wölfe gab. Der Rentner ist in Mecklenburg aufgewachsen, war in der DDR im Fischgroßhandel und kennt alle Gewässerecken in Ostdeutschland. Früher half er in Berlin-Marzahn Amphibien, indem er Kleingewässer anlegte. Jetzt unterstützt er vor allem wilde Enten und Gänse. Mehr als 100 Tiere hält Steinberg auf seinem Fünf-Hektar-Hof in Boek, der mit einem Wildzaun gesichert ist. Auch der regional fast ausgestorbene Spatz ist dort dank Steinberg wieder vertreten, was ihm Naturschützer hoch anrechnen.

Miteinander nicht machbar

"Die Enten und Gänse ziehen bei mir ihre Jungen auf, die dann wegfliegen, wenn sie können", erzählt Steinberg. Dabei muss er vor allem Füchsen das Handwerk legen und Waschbären verscheuchen, die immer wieder Gelege ausrauben. Wölfe möchte er deshalb, wie andere Tierhalter in der Region, nicht unbedingt auch noch als "Nachbarn". Auch wenn Politiker immer wieder Hilfen beim Bau von Elektrozäunen zusichern, ein Miteinander sei in der Landwirtschaft nicht machbar, glaubt Steinberg.

Noch bestehe sicher keine Gefahr für Menschen, räumt der Wolfsgegner ein, denn Isegrim könne von einem guten Wildbestand zehren. Doch wenn Wölfe an Dörfern vorbeizögen, nähmen sie auch Hunde und Katzen. Und wenn der Wildbestand erstmal dezimiert sei, würden auch Rinder und Pferde nicht mehr sicher sein, was Wolfsbefürworter bestreiten. Das werde zuerst die ökologische Tierhaltung merken, erwartet Steinberg. "Wir verlangen, dass Wölfe wieder gejagt werden, wie in anderen Ländern auch, sonst verlieren sie die Scheu", heißt die Forderung der Wolfsgegner.

Steinberg hat bei allem, was er anpackt, einen langen Atem und eine gute Kondition. Er war jahrelang Marathonläufer. In dem kleinen Ferienort engagiert er sich auch bei Dorffesten. Mit grünem Försterhemd und dem Transparent "Leben ohne Wolf" haben Steinberg und Unterstützer mehrfach bei Versammlungen auf Bedenken aufmerksam gemacht, fühlen sich aber ignoriert. Inzwischen gibt es eigene Treffen bei Wittstock (Brandenburg).

Bei einigen Wolfsfreunden vermutet Steinberg ein gesundes Eigeninteresse. "Biologen bekommen nicht so einfach gut bezahlte Stellen heute, da kommt manchem so ein Wolfsprojekt sicher zugute", vermutet der Rentner - und geht wieder zu seinen Schafen, Gänsen und Enten.

Quelle: ntv.de, Winfried Wagner, dpa

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