Nicht jedes Angebot ist seriös Richtige Hilfe für Kinder mit LRS
18.03.2011, 15:06 Uhr
Rund zehn Prozent aller Deutschen haben eine sogenannte Lese-/Rechtschreib- und/oder Rechenschwäche.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
Kinder mit Lese- oder Rechenschwäche sind meist auf außerschulische Hilfe angewiesen. Eltern behalten jedoch auf dem Fördermarkt nur schwer den Überblick, beklagt der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie.
Bei außerschulischen Hilfen für Kinder mit einer angeborenen Lese- oder Rechenschwäche herrscht nach Einschätzung des Bundesverbandes Legasthenie und Dyskalkulie Wildwuchs auf dem Markt. Das Angebot privater Dienstleister von Nachhilfe oder Therapie sei für Eltern verwirrend, die Anbieter verfügten oftmals nicht über die richtige Qualifikation, sagte Verbandsgeschäftsführerin Annette Höinghaus in einem Gespräch. "Es gibt viele Anbieter, die sich Lerntherapeut nennen, ohne dafür tatsächlich qualifiziert zu sein."
In Erfurt begann am heutigen Freitag ein Kongress zu Hilfen für Legastheniker und Menschen mit Rechenschwäche (Dyskalkulie). Dazu werden bis Sonntag 700 Teilnehmer erwartet. Unter einer Lese-/Rechtschreib- oder einer Rechenschwäche leiden nach Verbandsangaben etwa zehn Prozent der Deutschen. Jeder fünfte Betroffene kämpft mit beiden Störungen gleichzeitig. "Hinter den wohlklingenden Angeboten auf dem freien Markt verbirgt sich oft lediglich Nachhilfe, dabei benötigen betroffene Kinder gezielte und individuelle Förderung", sagte Höinghaus. Die Berufsbezeichnung "Lerntherapeut" sei nicht geschützt. "Jeder kann sich so nennen", beklagte sie.
Einzelförderung außerhalb der Schulen
Kinder mit Lese-/Rechtschreibstörung oder Rechenschwäche seien aber auf die außerschulische Förderung angewiesen, weil die Schulen ihrem Förderauftrag nicht nachkämen. "Von Dyskalkulie Betroffene brauchen individuelle Lehrpläne und Einzelförderung, Legastheniker ebenso", erläuterte die Geschäftsführerin. "Das leisten die Schulen aber meist nicht, das können sie auch nicht leisten, weil ihre Lehrpläne eben für alle Kinder gelten." Höinghaus sieht zudem fachliche Defizite bei den Pädagogen.
"Teilleistungsstörungen wie Legasthenie sind kein Bestandteil der Ausbildung von Grundschullehrern", kritisierte sie. "Nur die Förderschullehrer haben das Thema in ihrem Studium kennengelernt. Aber die betroffenen Kinder gehören nicht in eine Förderschule, sie sind ja nicht weniger begabt als andere."
Eltern betroffener Kinder riet Höinghaus, Förderangebote privater Anbieter genau unter die Lupe zu nehmen. "Manche wiederholen einfach nur den Schulstoff oder setzen die Kinder mit einem Lernspiel vor den Computer", sagte sie. "Das ist Unfug." Vorsicht sei auch bei Versprechungen von Lernerfolgen geboten. "Wenn ein Anbieter damit wirbt, dass in einem halben Jahr die Störung beseitigt sei, ist das schlicht unseriös." Auch Gruppentherapien sieht der Verband skeptisch. "Eltern sollten unbedingt auf Einzelförderung achten."
Quelle: ntv.de, dpa