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Umstrittener Inhaltsstoff Seife kann Bakterienansiedlung fördern

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Antimikrobielle Seifen mit dem Inhaltsstoff Triclosan begünstigen die Ansiedlung von Staphylokokken im Nasenraum.

(Foto: imago stock&people)

Zahnpasta, Seife oder Deo: Triclosan wird in vielen Produkten des Alltags als Bakterienkiller eingesetzt. Jetzt warnen Wissenschaftler vor einer erhöhten Infektionsgefahr durch den Wirkstoff, denn er begünstigt die Ansiedlung gefährlicher Mikroben im Nasenraum.

Triclosan

Triclosan ist ein hochpotenter Bakterienhemmer, der seit Jahrzehnten in etlichen Kosmetik-Produkten und Desinfektionsmitteln verwendet wird. Zunehmend wird er außerdem für schweißhemmende Kleidung sowie in Haushaltsreinigern und Waschmitteln eingesetzt. Auf die eine oder andere Weise kommt fast jeder Mensch mehrmals täglich in näheren Kontakt mit Triclosan. In der Folge sammelt sich der Stoff im Körper an. In Studien wurde die Substanz in Blut, Urin und Muttermilch nachgewiesen.

Triclosan wird auch in Deutschland in sehr vielen Produkten verwendet. In Lebensmitteln und in Materialien, die direkt mit Nahrung in Berührung kommen, darf es europaweit seit 2010 nicht mehr nicht eingesetzt werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät seit Jahren vom Einsatz des Wirkstoffs bei Waschmitteln und Textilien ab. Die Gefahr von Resistenzen gegen Triclosan und andere antimikrobiell wirkende Substanzen drohe, warnt die Behörde.

Der in vielen Deos, Seifen und Zahnpasten eingesetzte Wirkstoff Triclosan könnte einer Studie zufolge das Wachstum gefährlicher Bakterien fördern. Die Nase werde stärker von Staphylokokken (Staphylococcus aureus) besiedelt, berichten US-Wissenschaftler im Fachjournal "mBio". Für bestimmte Menschen könne in der Folge das Risiko einer Infektion größer sein - etwa bei chirurgischen Eingriffen oder geschwächtem Immunsystem.

Staphylococcus aureus kommt auf der Haut und in den oberen Atemwegen von knapp einem Drittel aller Menschen vor, verursacht aber meist keine Krankheitssymptome. Bei günstigen Bedingungen oder einem schwachen Immunsystem kann das Bakterium jedoch zu lebensbedrohlichen Entzündungen und Sepsis führen. Die Besiedlung der Nase gelte als ein Risikofaktor für solche Infektionen, erläutern die Forscher.

Bakterien werden resistent

Gefürchtet sind vor allem sogenannte MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) - Stämme des Bakteriums, die gegen viele gängige Antibiotika resistent sind. Sie lassen sich nur schwer in Schach halten und verursachen vor allem in Kliniken eine Vielzahl von Todesfällen. Der weit verbreitete Triclosan-Einsatz könnte außerdem zu neuen Resistenzen führen.

Die Wissenschaftler um Blaise Boles von der University of Michigan in Ann Arbor zeigten nun, dass Triclosan verbreitet im Nasensekret von Menschen enthalten ist: Bei 37 von 90 gesunden Erwachsenen war es in nachweisbaren Mengen vorhanden. Bei gut zwei Dritteln der Probanden mit vergleichsweise hohen Triclosan-Werten war die Nase mit Staphylokokken besiedelt, bei den Probanden ohne Triclosan im Sekret waren es nur etwa halb so viele. Die Zahl der Teilnehmer war allerdings sehr klein, eine größere Testreihe muss die Zahlen noch bestätigen.

Mehr Triclosan, mehr Staphylokokken

Die Substanz erhöhe die Fähigkeit von Staphylokokken, sich an menschliche Proteine zu binden, berichten die Forscher. Auch die Haftung an Oberflächen wie Glas und Plastik werde verstärkt. Mit Triclosan belastete Ratten seien in Versuchen empfänglicher für eine Besiedlung der Nase mit dem Bakterium gewesen.

Triclosan ist schon seit Jahren umstritten: Tierversuche zeigten, dass die Substanz die Funktion von Muskeln und das Hormonsystem beeinträchtigen kann. Eine Neubewertung der Gesundheitsrisiken der so verbreitet genutzten Substanz sei dringend erforderlich, betonen die Wissenschaftler. Sie wollen in einer weiteren Studie prüfen, ob Triclosan auch an anderen Stellen im Körper die Besiedlung mit Mikroben beeinflusst.

Quelle: ntv.de, ail/dpa

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