"Künstliches Blatt" Solarzelle erzeugt aus CO2 Kraftstoff
30.07.2016, 07:23 Uhr
Simuliertes Sonnenlicht speist eine Solarzelle, die Kohlendioxid aus der Atmosphäre in Syngas umwandelt.
(Foto: University of Illinois at Chicago/Jenny Fontaine)
Beim Verbrennen von Kraftstoffen entsteht das klimaschädliche CO2. Nun finden Forscher einen Weg, aus dem Treibhausgas mit Hilfe von Sonnenlicht Kraftstoffe herzustellen. Das Verfahren, bei dem der Atmosphäre CO2 entzogen wird, eignet sich auch für große Anlagen.
Ein elektrochemisches Verfahren verspricht eine klimafreundliche Produktion von Kraftstoffen: Aus Kohlendioxid und Wasser haben Forscher Kohlenmonoxid und Wasserstoff erzeugt, die zusammen ein energiereiches Synthesegas (Syngas) bilden. Dieses kann entweder direkt verbrannt oder mit etablierten Verfahren in gasförmige und flüssige Kraftstoffe umgewandelt werden. Die Energie für die chemische Reaktion liefern Solarzellen, wie die Forscher um Amin Salehi-Khojin von der University of Illinois in Chicago im Fachmagazin "Science" berichten. Das Verfahren, bei dem der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen wird, eigne sich auch für große Anlagen, betonen sie.
"Anstatt Energie in einer nicht nachhaltigen Einbahnstraße zu gewinnen, die von fossilen Brennstoffen zu Treibstoffgasen führt, können wir nun den Prozess umkehren und Kohlenstoff aus der Atmosphäre für die Produktion von Kraftstoff wiederverwenden", wird Salehi-Khojin in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Weil auch Pflanzen bei der Photosynthese aus Kohlendioxid mit Hilfe von Sonnenlicht Energie gewinnen, nennen die Forscher ihre Vorrichtung "künstliches Blatt". Mit einer Anlage von vielen solchen "künstlichen Blättern" könne man der Atmosphäre größere Mengen Kohlenstoff entziehen.
Viel schneller und günstiger als bekannte Verfahren

Amin Salehi-Khojin (l.) und der Post-Doktorand Mohammad Asadi mit der von ihnen entwickelten speziellen Solarzelle.
(Foto: University of Illinois at Chicago/Jenny Fontaine)
Zwar seien bereits vorher ähnliche Verfahren entwickelt worden, diese seien aber wenig effizient und wegen der Verwendung von Edelmetallen wie Silber teuer gewesen, berichten die Forscher. Mit einem neuen Katalysator seien die Reaktionen 1000 Mal schneller als mit Edelmetall-Katalysatoren und zudem 20 Mal günstiger, sagt Erstautor Mohammad Asadi.
Salehi-Khojin und Kollegen untersuchten eine Stoffklasse, die eine Kombination aus Übergangsmetallen wie Wolfram und Molybdän sowie Elementen aus der Sauerstoffgruppe wie Schwefel und Selen darstellt. Wolframdiselenid (WSe2) erwies sich als am besten geeignet für den gewünschten Zweck. Allerdings würde diese Verbindung im Reaktionsgefäß nicht lange bestehen, weil die chemische Reaktion zur Umwandlung des Kohlendioxids sie angreift.
Der zweite wichtige Schritt war deshalb, eine Reaktionsflüssigkeit zu finden, die den Katalysator schützt. Die Forscher fanden diese in der Verbindung EMIM-BF4 (1-Ethyl-3-Methylimidazolium-Tetrafluoroborat), die sie mit Wasser mischten. Diese Mischung füllt eine von zwei Kammern im "künstlichen Blatt". Die andere Kammer enthält eine Kaliumphosphat-Lösung und eine Elektrode aus Kobalt auf Indiumzinnoxid. Beide Kammern sind durch eine Membran miteinander verbunden, die für Protonen (Wasserstoff-Ionen) durchlässig ist.
Für große und kleine Anlagen geeignet
Die Energie, um die Reaktion zu starten und in Gang zu halten, liefern zwei Silizium-Solarzellen. Hier gibt es allerdings noch Forschungsbedarf, denn nach etwa fünf Stunden ist die Indiumzinnoxid-Schicht durch Korrosion unbrauchbar, so dass die Solarzellen ausgetauscht werden müssen. Doch wenn sie regelmäßig erneuert werden, läuft der Prozess den Forschern zufolge problemlos 100 Stunden am Stück.
Nach Auffassung der Wissenschaftler, die ein Patent beantragt haben, sind die "künstlichen Blätter" sowohl als Großanlage wie auch in kleinerem Rahmen denkbar. Salehi-Khojin spricht davon, dass sie etwa auf dem Mars nützlich sein könnten, dessen Atmosphäre hauptsächlich aus Kohlendioxid besteht. Allerdings bräuchte man auf dem Planeten auch entsprechende Mengen Wasser.
Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa