Frage & Antwort, Nr. 207 Warum lese ich Ergebnisse mehrfach?
17.01.2012, 07:17 Uhr
Je mehr Emotionen ein Fußballspiel in uns weckt, desto leichter bleibt es im Gedächtnis hängen.
(Foto: dpa)
Ich lese Kommentare zu Fußballspielen der Bundesliga am Folgetag, obwohl ich mir die Spiele vorher im Fernsehen angesehen habe. Warum mache ich das? Diese Wiederholungen bringen mir doch kein neues Wissen ... (fragt Tobias L. aus Hann. Münden)
"Menschen beschäftigen sich gern noch einmal mit dem, womit sie sich schon beschäftigt haben, damit es im Gedächtnis hängen bleibt. Diesen Vorgang nennt man schlicht und ergreifend Lernen", erklärt Prof. Manfred Spitzer, Ärztlicher Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum in Ulm.
Mit welchen Dingen wir uns mehrmals befassen, hängt von mehreren Faktoren ab. Zum Beispiel, ob wir etwas interessant finden, ob uns etwas emotional besonders bewegt hat, ob etwas zu einer liebgewonnenen Tradition geworden ist oder ob wir uns Wissen vor einer bevorstehenden Prüfung aneignen müssen.
Je emotionaler, umso leichter

Je überraschender ein Ereignis ist, umso mehr müssen wir uns damit beschäftigen, um es schließlich zu glauben.
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Je emotionaler man mit dem Thema verbunden ist, umso leichter lernt es sich, denn umso öfter beschäftigt man sich mit einem Thema. Partner, die beispielsweise in einer guten Ehe leben, sehen sich öfter Erinnerungsfotos oder -videos an als Eheleute, die ihrer Meinung nach eine schlechte Ehe führen. Auch die Beschäftigung mit Fußballergebnissen können mit bestimmten Emotionen in Verbindung gebracht werden. Bei wiederholter Auseinandersetzung damit könnten Gefühle wieder neu hervorgerufen werden, egal ob das positive oder negative sind.
Bei der mehrmaligen Beschäftigung mit einer Sache, zum Beispiel einem Fußballspiel, geht es nicht in erster Linie um das Ergebnis an sich, denn das ist ja schon bekannt, sondern um etwas anderes. Mit Hilfe der Kommentare im Fernsehen, in Zeitungen oder im Internet wird eigenes Wissen mit der Meinung der Sportjournalisten abgeglichen. Bei Überraschungsergebnissen hat die erneute Auseinandersetzung mit dem Fußballspiel - oftmals sogar aus verschiedenen Medien - den Zweck, das Unglaubliche zu verarbeiten und schließlich anzuerkennen oder aber, die eigene Meinung, zum Beispiel von Falschentscheidungen durch Schiedsrichter, bestätigt zu bekommen und damit an ihr festhalten zu können.
Wissen kann auch entspannen
"Wir suchen und finden im Allgemeinen Informationen, die zu dem passen, was wir schon wissen. Das angeeignete und abgespeicherte Wissen funktioniert wie eine Art Filter, der unser Wissen in den meisten Fällen bestätigt. Das vermittelt uns auch das Gefühl von Sicherheit und das wiederum lässt uns entspannter sein", erklärt Spitzer weiter. Durch diesen Mechanismus entsteht auch die individuelle Auswahl an Buchtiteln, Zeitungen und Zeitschriften, Fernseh- und Kinofilmen, etc. "Wir Menschen sind mit unserem Verstand sehr selektiv und deshalb sehr effektiv. Diese Effizienz kann manchmal auch auf Kosten von Objektivität gehen. So kommt es nicht selten zu dem Fall, dass wir aus objektiven Gründen nicht nachvollziehen können, warum wir uns zum achten Mal denselben Film oder dasselbe Fußballspiel ansehen", so der Experte weiter.
Übrigens: Kinder sind, vor allem in ihren ersten Lebensjahren, wahre Lernkünstler. Auch sie lernen ausschließlich durch Wiederholungen. Eltern wissen, dass sie immer wieder die gleiche Geschichte vorlesen oder erzählen müssen. Manchmal so lange, bis das Kind die Geschichte auswendig kann. Das verschafft dem Kind Erfolgserlebnisse und Sicherheit und damit eine gute Grundlage zum Weiterlernen.
Quelle: ntv.de