Im Wahlkampf-Rampenlicht Querulanten und bunte Vögel
31.07.2009, 13:32 Uhr
Gabriele Pauli hat sorgte mal wieder für Schlagzeilen, als sie ...
(Foto: dpa)
Piraten, Pauli, Pogo - die drei P-Parteien haben in einem bisher eher langweiligen Wahlkampf auf unterschiedliche Weise für Wirbel gesorgt. Falls sie überhaupt teilnehmen, dürften die Exoten am Abend des 27. September wegen der Fünf-Prozent-Hürde das gleiche Schicksal teilen: Anonym werden sie in den Hochrechnungen unter "Sonstige" zusammengefasst und vergessen. Erst vor der nächsten Wahl ist das Medieninteresse dann wieder groß. Dabei sind es nicht nur die "politischen" Forderungen nach "Pogo-Anarchie" oder einem "Wahlrecht ab Geburt", die Aufmerksamkeit garantieren. Immer wieder gelingt es auch einigen Mitgliedern, die Politbühne zu betreten.
Jüngstes Beispiel dieser Exoten im Scheinwerferlicht ist Ex-"Penthouse"-Girl Kader Loth. Als sich die einstige Pro7-Almkönigin vor einigen Wochen praktisch über Nacht dazu berufen fühlte, in die Partei von Ex-CSU-Rebellin Gabriele Pauli einzutreten, dachten viele zunächst an eine Zeitungsente. Als Loth kurz darauf sogar zur Frauenbeauftragten von Paulis Freier Union erkoren wurde, hatte die Bundestagswahl 2009 eine "bunte" Top-Story - Blitzlichtgewitter, TV-Reportagen, lange Artikel vor allem in den Boulevardblättern und eine exklusive Vermarktung ihrer Fernsehbilder inklusive.
Nacktmodell - hochgeschlossen und volksnah

... die ehemalige "Miss Penthouse" Kader Loth zur Frauenbeauftragten ihrer Partei ernannte.
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"Ich wollte mich schon immer für die Frauen in Deutschland einsetzen", sagte Loth bei einer Unterschriftensammlung für die Freie Union in Berlin. Die Motivation für ihr politisches Ehrenamt ziehe sie aus der Tatsache, dass die Menschen nicht mehr an Politik glaubten. Jetzt steht das ehemalige Nacktmodell vor Einkaufszentren und versteht sich - hochgeschlossen gekleidet - volksnah als neues Bindeglied im Kampf gegen Politikverdrossenheit.
Für Parteienforscher Wichard Woyke von der Universität Münster ist das Engagement einer Kader Loth weder außergewöhnlich noch dramatisch. "Bunte Vögel gab es in der Politik schon immer. Es ist nichts Neues, dass ausgerechnet Prominente in die Politik streben. Sie suchen Bestätigung und wollen Macht ausüben." Problematischer sieht Woyke da die Strahlkraft des Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss, der nach seinem Austritt aus der SPD zur Piratenpartei wechselte: "Bis die Ermittlungen gegen ihn in der Kinderporno-Affäre abgeschlossen sind, ist er für seine Partei ein Risiko."
Riskante Personalien

Der in die Piratenpartei eingetretenen ehemaligen SPD-Abgeordneten Tauss steht unter Kinderporno-Verdacht.
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Beispiele für riskante Personalien in Splitterparteien gibt es viele. Erst Anfang Juli machten etwa die Piraten unfreiwillig Schlagzeilen, als sie mit Bodo Thiesen ein als antisemitisch und rechtsradikal verdächtigtes Parteimitglied aus ihren Reihen entfernen wollten. Interne Querelen sorgten auch in der Pauli-Partei bereits mehrfach für Unruhe. Zuletzt kam es auf einem Sonderparteitag in Celle zu Tumulten, weil sich die Vorsitzende Pauli nur vier Wochen nach der Parteigründung von ihren beiden Stellvertretern Sabrina Olsson und Michael Meier getrennt hatte. Wenige Tage zuvor hatte die Freie Union in Bayern festgestellt, dass ihr Schatzmeister Bodo Sobik ein Jahr zuvor bereits auf einer Tarnliste der rechtsextremen NPD für den Münchner Stadtrat kandidiert hatte.
Entscheidend für den langfristigen Erfolg einer Partei ist aus der Sicht des Politologen Woyke die persönliche Grundhaltung der Akteure: "Politik ist nicht nur Zeitunglesen, sondern harte Arbeit." Deshalb ist es aus seiner Sicht auch kein Zufall, dass sich Prominente und Quereinsteiger häufig nicht lange halten können. "In großen Volksparteien wie CDU und SPD muss man sich über viele Jahre hocharbeiten." Diesen Weg würden die Neulinge im Rampenlicht nicht kennen oder - wie bei Polit-Rebellen erkennbar - nicht gehen wollen.
Gewagte Parteineugründungen
Daher sei die Parteineugründung von Gabriele Pauli auch nichts wirklich Neues. "Ihr Fall erinnert mich an die Gründung der Hamburger Statt-Partei durch Markus Wegner im Juni 1993", sagt Woyke. Genau wie Pauli in der CSU habe auch Wegner in der CDU keine Chance mehr gesehen, auf der Karriereleiter weiter nach oben zu kommen. Hamburg war zeitweise ein gutes Pflaster für ehrgeizige oder exzentrische Parteigründer. Gut in Erinnerung ist noch der Fall des umstrittenen Juristen Ronald Schill, dessen konservativ-populistische Partei Rechtsstaatlicher Offensive sogar zeitweise in der Regierung des Stadtstaates saß.
Warum sich "Querulanten und bunte Vögel" am liebsten Splitterparteien für ihr Engagement aussuchen, ist für Woyke offensichtlich: "Die kleinen Parteien sind doch zunächst einmal froh, dass sie Zulauf erhalten." Deshalb sei es für Außenstehende besonders einfach, in die Partei hineinzukommen. Flache Hierarchien sowie fehlende Kontrollen und Parteistrukturen erleichterten zudem einen schnellen Aufstieg. "Die kleinen Parteien überprüfen ihre Mitglieder erst, wenn sie unbequem werden. Dann ist das Kind aber oft schon in den Brunnen gefallen", sagt der Politikwissenschaftler.
Quelle: ntv.de, Marco Hadem, dpa