Dossier

Brennende Autos Silvester-Ritual in Frankreich

Es sind Leuchtkörper der besonderen Art, die in der Silvesternacht in Frankreich den Jahreswechsel markieren: Die Polizei rechnet mit mehreren Hundert brennenden Autos.

Feuerwehrleute versuchen in der Nacht zum 01.01.2009 ein von Randalierern angezündetes Auto in La Corneuve bei Paris zu löschen.

Feuerwehrleute versuchen in der Nacht zum 01.01.2009 ein von Randalierern angezündetes Auto in La Corneuve bei Paris zu löschen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Protest gegen die Regierung, Unmut über Arbeitslosigkeit, Lust an der Randale - die Gründe mögen vielfältig sein. Seit Ende der 90er Jahre ist das Abfackeln von Autos zum Jahresende in Frankreich zum Ritual geworden. Der Polizei ist dies so peinlich, dass sie sich jedes Jahr bemüht, das wahre Ausmaß zu verschleiern. Aber sie schafft es auch nicht, die Jugendlichen davon abzuhalten.

In Frankreich werden jedes Jahr im Schnitt 40.000 Autos in Brand gesetzt - ein Rekord in Europa. Neben Silvester hat sich auch der Nationalfeiertag am 14. Juli als Tag der abgefackelten Fahrzeuge etabliert. Wogegen der Protest sich richtet, hängt vom Tagesgeschehen ab. 1997 hatten erstmals Dutzende Autos in der Silvesternacht gebrannt. In Toulouse war der Tod eines Jugendlichen bei einem Unfall mit einem gestohlenen Auto ein Auslöser gewesen, in Straßburg wollten sich rivalisierende Banden gegenseitig überbieten.

Versicherungen zahlen

Nicht nur in Paris werden Autos abgefackelt: Dieses Auto brannte in der Nacht zum 01.01.2004 in Strasbourg.

Nicht nur in Paris werden Autos abgefackelt: Dieses Auto brannte in der Nacht zum 01.01.2004 in Strasbourg.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Im vergangenen Jahr war die Zahl der abgebrannten Autos im Vergleich zum Vorjahr von etwa 880 auf 1150 gestiegen - etwa so viele wie in den schlimmsten Nächten der Vorstadtunruhen von 2005. Aus fast 60 Départements wurden Fälle gemeldet, selbst aus Gegenden, in denen es sonst selten Unruhen gab. Die Polizei vermutete in mehreren Fällen versuchten Versicherungsbetrug.

Seit 2008 gibt es nämlich auch eine Entschädigung, wenn der Besitzer nur ein geringes Einkommen hat und das Auto nicht eigens gegen Brandstiftung versichert hat. Diese Regelung sollte sozialschwachen Opfern helfen, von denen viele ohne Auto ihren Arbeitsplatz nicht erreichen können. Wer weniger als 2000 Euro verdient, sollte bis zu 4000 Euro aus einem Garantiefonds bekommen, wenn sein Auto in Brand gesteckt wird.

Zahlen werden vertuscht

Präsident Nicolas Sarkozy kündigte im vergangenen Jahr hartes Vorgehen gegen die Täter an. Unter anderem sollten zündelnde Jugendliche ihren Führerschein erst machen dürfen, wenn sie ihre Opfer entschädigt hätten. Eine Idee, die dann aber nicht umgesetzt wurde.

Der sozialistischer Abgeordnete Jean-Jacques Urvoas wirft der Regierung vor, die wahre Zahl der brennenden Autos aus Imagegründen bewusst nicht zu veröffentlichen. Am vergangenen Nationalfeiertag im Juli hatte das Innenministerium die Polizei in der Tat angewiesen, Journalistenfragen nach der Zahl der abgebrannten Autos nicht zu beantworten. Die veröffentlichten Zahlen erwiesen sich nach Medienrecherchen später als deutlich zu niedrig.

"Man will die Zahlen verbergen, weil sie der Regierung nur peinlich sein können", meinte er. Wann und in welcher Form die Bilanz des anstehenden Jahreswechsels zu erwarten ist, ist noch offen.

Quelle: ntv.de, Ulrike Koltermann, dpa

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