Chaos um Biobenzin E10 "... und Röttgen trottet hinterher"
04.03.2011, 20:28 UhrDas Chaos um die Einführung des Biobenzins E10 ist groß. Aber niemand will verantwortlich sein. Für die Politik allerdings könnte die ganze Angelegenheit noch heikel werden, immerhin stehen 2011 einige Wahlen an, meint n-tv.de. Andere Medien lassen ihrer Empörung freien Lauf und fordern, dass man Kanzlerin Angela Merkel ihre Energiepolitik "um die Ohren hauen" sollte. Auch ein anderes Regierungsmitglied muss Kritik einstecken: Umweltminister Norbert Röttgen.

Geben in der E10-Debatte keine gute Figur ab: Norbert Röttgen und Angela Merkel.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Keiner ist es mal wieder gewesen." Die Beteiligten am E10-Desaster seien mit Schuldzuweisungen schnell zur Hand. Ihre eigenen Interessen aber verschweigen sie, so die Märkische Oderzeitung: "Die Bauern als E10-Fans, dass der lukrative Anbau von Roggen und Raps für Bio-Kraftstoffe die Lebensmittelpreise steigen lässt. Und die Regierung, die die Konzerne attackiert, unterschlägt, dass man eine EU-Vorgabe sehr schnell und sehr schlicht umsetzen wollte: 2020 müssen zehn Prozent der Verkehrsenergie aus erneuerbaren Quellen stammen."
"In ihrem Eifer zur Rettung des Weltklimas lässt sich die Kanzlerin von niemandem übertreffen, koste es, was es wolle", stellt der Münchner Merkur fest und erinnert: "Vielen Stromkunden fiel zu Jahresbeginn schier die neue Rechnung aus der Hand, weil außer Kontrolle geratene Ökostrom-Subventionen auf den Strompreis umgelegt wurden." Jetzt schocke der Blick auf die Tankstellenanzeigen: "Super-plus-Kraftstoff hat (…) die 1,60-Euro-Marke geknackt. Und das liegt nicht nur an den Unruhen in Libyen. Hausgemachte Gründe beschleunigen den Benzinpreis-Anstieg. Die von der Bundesregierung erzwungene, aber miserabel vorbereitete Einführung des angeblich umweltfreundlichen Kraftstoffs E10 sorgt an den Zapfsäulen für ein beispielloses Chaos und treibt die Preise für Super-Benzin. Man sollte Merkel ihre unausgegorene Energiepolitik um die Ohren hauen."
Die Berliner Zeitung analysiert die Rolle des Umweltministers: "Röttgen geht beschädigt aus dieser Angelegenheit hervor, egal wie er auch versuchen mag, die Schuld bei anderen abzuladen. Der Benzin-Gipfel ist für ihn ein Tiefschlag. Über zwei Monate nach der Markteinführung von E10 bringt die Bundesregierung die Spitzen von Automobilwirtschaft, Minderölbranche, Verbraucherverbänden und Politik an einen Tisch." Das Blatt fragt sich allerdings, warum das erst jetzt geschehe und warum es Wirtschaftsminister Brüderle sei, der zu einem Gespräch lade und nicht der eigentlich zuständige Umweltminister. "Ein bizarres Bild: Brüderle schreitet voran, Röttgen trottet hinterher, am Dienstag als Gast des Benzin-Gipfels im Wirtschaftsministerium."
Für den Trierische Volksfreund hapert es eindeutig an der Aufklärung der Bürger, denn das Blatt stellt klar: "Es kann nicht darum gehen, das E10-Projekt zu stoppen, wie es einige politische Heißsporne schon wieder in die Welt setzen. Woher sonst sollte der substanzielle Beitrag des Verkehrs zur Senkung des Treibhausgasausstoßes kommen, zu dem sich Deutschland international verpflichtet hat?"
Der Berliner Tagesspiegel sieht das anders: "Dass Agrartreibstoffe überhaupt als Klimaschutzinstrument für den Verkehr gelten, hat viel mit der Fantasielosigkeit der Politik zu tun. Tempolimits oder Anreize, weniger zu fahren, kommen bei den deutschen Wählern schlecht an, also fordert das niemand ernsthaft. Dieses Defizit soll Biosprit beheben - und kann es nicht. Es ist nicht besonders effizient, Biomasse im Autoverkehr einzusetzen. Erheblich mehr Kohlendioxid ließe sich vermeiden, wenn man Biomasse in Kohlekraftwerken statt Kohle verfeuert und daraus Strom und Wärme erzeugt werden."
Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Katja Sembritzki