Kolumnen

Per Saldo - die Wirtschaftkolumne Lachen über Schickedanz

Madeleine Schickedanz

Madeleine Schickedanz

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Zeichentrickfilme mit Tom und Jerry sind nicht gerade für filigranen Humor berühmt. Da zünden sich Katze und Maus gerne gegenseitig an und fügen sich auf jede nur erdenkliche Art Schmerzen zu. Der Zuschauer findet das witzig. Ähnliches in Slapstickfilmen: Dort fangen die Figuren zwar eher selten Feuer, doch das Prinzip ist das gleiche. Die Protagonisten rutschen auf Bananenschalen aus, bekommen Torten ins Gesicht oder werden versehentlich nassgespritzt. Gelächter. Schenkelgeklopfe.

Schadenfreude ist offenbar tatsächlich die größte Freude, was sich gegenwärtig an Madeleine Schickedanz zeigt. Die Quelle-Erbin verliert ihr Milliardenvermögen und erntet nur Kopfschütteln. Selber schuld, die Dame. Kübelweise Hohn und Spott ergießen sich über die 65-Jährige, als sie in einem Interview über ihre Existenzängste spricht: "Wir leben von 500 bis 600 Euro im Monat. Wir kaufen auch beim Discounter. Gemüse und Kräuter haben wir im Garten." In einer Fernsehsendung wird daraufhin eine Sammelaktion gestartet und in ihrem Heimatort die Spendenbüchse geschwenkt. Ein Verdi-Funktionär aus Mittelfranken überlegt, ob er "ihr einen Antrag auf Hartz IV zuschicken und eine Beratung beim Ausfüllen des komplizierten Formulars anbieten soll. Bei bis zu 16 Seiten könnte Frau Schickedanz schon Probleme haben."  

Vermögen verpfändet

Madeleine Schickedanz wird selbst bei einer Zwangsvollstreckung wohl kein Sozialfall werden, doch die Insolvenz von Arcandor wird sie teuer zu stehen kommen. Bei einem Aus von Quelle werde sie ihr gesamtes Vermögen verlieren, betonte die Unternehmerin. "Häuser, Aktien, Beteiligungen an anderen Firmen. Ich bekäme mit meinen 65 Jahren nicht einmal Rente." Dem "Stern" zufolge haftet sie mit bis zu 215 Millionen Euro ihres Privatvermögens für Kredite beim Bankhaus Sal. Oppenheim, die sie für den Kauf von Arcandor-Aktien aufgenommen hatte. Sie habe alles verpfändet, was ihr in Deutschland gehöre.

Offenbar hat sie zumindest die repräsentative Familienvilla bei Fürth ihrem Sohn übertragen. Sie genieße dort lebenslanges Nutzungsrecht, heißt es. Klingt toll, superreicher Lebensstil sieht aber anders aus. Es ist gar nicht lange her, da zählte Schickedanz noch zu den reichsten Deutschen. Forbes schätzte ihr Vermögen im Jahre 2007 auf rund 3,87 Milliarden Euro. Doch mit dem Absturz der Arcandor-Aktien schmolzen auch die Milliarden der Großaktionärin zusammen.

Schickedanz hat ihr Milliardenerbe nicht im Kasino verloren oder durch den Kauf strukturierter Zockerpapiere versenkt. Sie hatte es in Arcandor gesteckt, um die wirtschaftliche Schieflage des Konzerns zu beheben. Das Schicksal des Unternehmens war ihr offenbar wichtiger als ein dickes Bankkonto.

"Sie ist zur Rettung ihres elterlichen Erbes voll ins Risiko gegangen und hat verloren", sagt der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung. Der Quelle-Betriebsratsvorsitzende Ernst Sindel betont: "Wenn sich Frau Schickedanz nicht im vergangenen Herbst finanziell engagiert hätte, hätte das Unternehmen den vergangenen Winter nicht überstanden."

Es sieht so aus, als hätte Frau Schickedanz, gelinde gesagt, häufig falschen Leuten vertraut, nicht immer auf richtige Leute gehört und dadurch so ziemlich alles verloren. Das muss einem nicht leid tun. Aber Häme, Spott und Schadenfreude sollten wir Tom und Jerry überlassen.

Quelle: ntv.de

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