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"Geschaffen wird ein Monster"Ölpreise in Schockstarre

23.10.2012, 09:45 Uhr
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Wladimir Putin (l.) bestellt Rosneft-Chef Sechin zum Loben in den Kreml. (Foto: REUTERS)

Ohne richtungsweisende Impulse von der Konjunkturfront halten sich die Preise für Rohöl aus der Nordsee und den USA auf hohem Niveau: Händler und Analysten diskutieren weiter über die Folgen des Rosneft-Aufstiegs zum weltgrößten börsennotierten Rohölkonzerns.

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Neue Lackierung fällig: Öltanks in Rjasan gut zwei Autostunden südlich von Moskau. (Foto: dpa)

Die Ölpreise haben sich im asiatischen

Handel kaum verändert. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung

im Dezember kostete 109,38 US-Dollar. Das waren 6 Cent weniger als am Vortag. Der

Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur November-Lieferung

stieg hingegen um 12 Cent auf 88,77 Dollar.

Nach den Kursverlusten in der vergangenen Woche habe bei den

Ölpreisen eine Stabilisierung eingesetzt, sagten Händler. Vorhersehbare Impulse zeichnen sich nicht ab: Im weiteren Handelsverlauf

werden keine marktbewegenden Konjunkturdaten erwartet.

Intensiv diskutiert wurde dagegen die neue Machtbalance im russischen Rohstoffmarkt. Mit dem TNK-BP-Deal baut Russland Beobachtern zufolge seinen Einfluss über den ertragreichen

Ölsektor massiv aus: Der staatlich kontrollierte Ölriese Rosneft kauft dem britischen

Mineralölkonzern BP und vier russischen Milliardären Anteile am Gemeinschaftsunternehmen an ab.

Für das Geschäft legt Rosneft eigenen Angaben zufolge mehr

als 60 Mrd. Dollar (fast 47 Mrd. Euro) auf den Tisch, wie Rosneft zu Wochenbeginn mit. Präsident äußerte sich

zufrieden. Das russische Fernsehen zeigte den Kreml-Chef beim Empfang des Rosneft-Geschäftsführers Igor Sechin.

"Faktisch verstaatlicht"

BP teilte in London mit, es verkaufe seinen 50-Prozent-Anteil

an TNK-BP für 17,1 Mrd. Dollar (13,1 Mrd. Euro) an Rosneft-Russlands

größten Ölproduzenten. TNK-BP war im russischen bislang die Nummer drei. Der britische Konzern

und die im Konsortium Alfa Access-Renova (AAR) zusammengeschlossenen vier Oligarchen

hatten sich seit Gründung des Gemeinschaftsunternehmen s 2003 zerstritten. In diesem

Sommer gabn entnervt auf und kündigte den Verkauf an.

Die vier Oligarchen sollen laut Rosneft 28 Mrd. Dollar

für ihre Anteile bekommen. Mit ihnen habe sich der Konzern bereits auf Eckpunkte

geeinigt. "Das ist faktisch eine Verstaatlichung", bewertete

Nikolai Petrow von der Carnegie-Stiftung in Moskau den Deal. "Geschaffen wird

ein Monster" in der Ölbranche - nach dem Spiegelbild des staatlichen Gaskonzerns

Gazprom.

Der Rosneft-Konzern, der sich nicht gerade mit Effizienz brüsten könne, so Petrow weiter, schlucke ein

effizientes Unternehmen und schaffe einen Monolithen, der den gesamten Ölsektor

des Landes kontrolliere. "Das ist eine schlechte Nachricht." Mit welchen konkreten Auswirkungen auf die Rohstoffversorgung aus Russland zu rechnen ist, ließ Petrow offen.

Mehr Öl als Petrochina

Nach dem Kauf wird Rosneft 45 Prozent der Ölproduktion im Land

kontrollieren - und die Politik könne das Angebot in ihrem Interesse beeinflussen,

hob dagegen Analyst Cliff Kupchan von Eurasia Group hervor.

Rosneft ist nach Abschluss des Geschäfts

der größte börsennotierte Ölkonzern der Welt. 2011 produzierten Rosneft und TNK-BP

zusammen rund 4,0 Mio. Barrel täglich.

Der chinesische Branchenführer

produziert 2,4 Mio. Barrel täglich, die US-Gruppnz 2,3 Mio. Barrel. Weit davor liegt der staatliche - aber nicht börsennotierte - saudiarabische

Konzerer mit 10 Mio. Barrel am Tag.

BP allerdings behält in Russland einen Fuß in der Tür und bekommt

einen Anteil von fast 20 Prozent an Rosneft. Zusätzlich zu den 17,1 Mrd. Dollar

für den Anteil an TNK-BP bekommt der Konzern 12,84 Prozent an Rosneft - und kauft

für 4,8 Mrd. Dollar weitere 5,66 Prozent hinzu. Zusammen mit den 1,25 Prozent,

die BP bereits besitzt, steigt der Anteil damit auf 19,75 Prozent.

BP hofft nun darauf, zwei Posten im Aufsichtsrat des Staatskonzerns

zu übernehmen - von insgesamt neun. Ilda Dawletschin von Renaissance Capital sagte,

der russische Staat brauche das Expertenwissen der ausländischen Konzerne für die

Erschließung von Ölquellen in unwegsamen Gegenden wie der .

Quelle: ntv.de