Frage & Antwort

Frage & Antwort, Nr. 215 Pullis drinnen besser ausziehen?

Das war 1998 laut Guinnessbuch der Rekorde der größte Wollpullover der Welt, so groß wie 34 normale.

Das war 1998 laut Guinnessbuch der Rekorde der größte Wollpullover der Welt, so groß wie 34 normale.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Warum kann man im Winter bei einer Raumtemperatur (zum Beispiel 21 Grad Celsius) mit einem Wollpullover bekleidet herumlaufen, ohne zu schwitzen und im Sommer bei gleicher Raumtemperatur mit einem Kurzarm-T-Shirt, ohne zu frieren? (fragt Christa W. aus Obertshausen)

In Großraumbüro muss laut Arbeitsstättenverordnung eine Temperatur zwischen 20 und 26 Grad Celsius herrschen.

In Großraumbüro muss laut Arbeitsstättenverordnung eine Temperatur zwischen 20 und 26 Grad Celsius herrschen.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Der geschilderte Sachverhalt, der für viele Menschen durchaus zu beobachten ist, kann bisher wissenschaftlich nicht belegt werden und trifft nicht auf jeden zu. Dennoch wagt sich Martin Harnisch, Textilforscher des Hohenstein Institute, an eine Erklärung heran.

An erster Stelle ist das individuell verschiedene Temperaturempfinden von Menschen eine plausible Erklärung. "Wenn einige eine noch komfortable Wärme empfinden, frieren andere schon", so der Experte. Im Winter ist es für viele wohltuend, wenn man sich in einem Raum aufwärmen kann, so dass Temperaturen von über 20 Grad Celsius als angenehm empfunden werden. Im Sommer dagegen, bei Außentemperaturen um die 30 Grad Celsius, empfindet man Raumtemperaturen um die 20 Grad als willkommene Abkühlung.

Das Zentrum für die Wärmeregulation im menschlichen Körper liegt im Hypothalamus, genau dort, wo unbewusste Körperfunktionen gesteuert werden. Kälte wird beispielsweise über die Haut aufgenommen und als Reiz zum Hypothalamus gesendet. Dieser wiederum veranlasst die vermehrte Ausschüttung von Hormonen und sendet Signale an die Muskulatur, so dass der Stoffwechsel angekurbelt wird und die Muskeln zur Arbeit angeregt werden. So kann im menschlichen Körper mehr Wärme erzeugt werden. Wie gut diese Art der Wärmeregulation funktioniert, ist jedoch von Mensch zu Mensch verschieden.

Wohlfühltemperatur ist nicht einheitlich

Zu warm oder zu kalt: Oftmals kommt es zu Uneinigkeiten beim Heizen.

Zu warm oder zu kalt: Oftmals kommt es zu Uneinigkeiten beim Heizen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Bei welcher Temperatur sich jemand wohlfühlt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So frieren beispielsweise Frauen schneller als Männer und ältere Menschen schneller als junge. Auch der Anteil an Körperfett sowie die Lebensgewohnheiten spielen eine Rolle für das Temperaturempfinden. Fehlt es dem Körper beispielsweise an Nährstoffen, friert man schneller, als wenn man sich ausgewogen ernährt. Der Aufbau von Muskeln durch regelmäßiges Sporttreiben führt genauso wie der regelmäßige Besuch der Sauna zu einer effizienteren Wärmeregulation.

Doch das individuelle Wärmeempfinden ist nicht nur von den Außentemperaturen und vom Lebensstil abhängig. Auch die Tagesform eines Menschen, Aufregung und Stress können sich darauf auswirken. Zu wenig Schlaf beispielsweise oder anhaltender Stress können zu einem Wärmeverlangen führen. Aufregung und Lampenfieber dagegen können zu Schweißausbrüchen führen. Manche haben in solchen Situationen sogar kalte Hände, obwohl ihnen sehr warm ist.

Anpassungen möglich

Der menschliche Körper kann sich an die unterschiedlichen Temperaturen der Jahreszeiten anpassen. Allerdings nur, wenn Temperaturan- bzw. -abstieg allmählich verlaufen, also über mehrere Tage hinweg.

War man beispielsweise im Winter drei Wochen in sehr warmen Gebieten unterwegs und kehrt schließlich mit dem Flugzeug zurück in die Heimat, friert man in den nächsten Tagen mehr als sonst. Der Grund dafür liegt in den hohen Temperaturunterschieden und dem schnellen Wechsel der Temperaturen. "So rasch kann sich der Mensch nicht umstellen", erklärt Harnisch den Effekt.

Zudem besitzt der menschliche Körper die Fähigkeit, seinen Temperaturhaushalt mit der optimalen Betriebstemperatur von 37 Grad Celsius nicht nur an das vorherrschende Klima, sondern auch an die Bekleidung anzupassen. Alle diese Anpassungen bezeichnet man als Thermoregulation des Körpers. Frieren und Schwitzen gehören als wesentliche Schutzmaßnahmen dazu. Durch die Abgabe von Schweiß über die Haut kommt es zu einem kühlenden Effekt. Durch das Zittern der Muskeln beim Frieren entsteht Wärme.

Zwiebeltechnik hat sich bewährt

Wer im Winter schnell friert, aber viele Stunden in überheizten Räumen arbeiten muss, der sollte sich nach der altbewährten Zwiebeltechnik kleiden, also mehrere Lagen Kleidung übereinandertragen und dann bei Bedarf so viel ausziehen oder anziehen, bis er für ein angenehmes Wärmegefühl braucht. Auch Bewegung kann helfen. Gezielte Übungen für Zehen und Finger können diese ohne viel Aufwand erwärmen. Hände und Füße kühlen als erstes ab. Damit versucht der Körper die Idealtemperatur von knapp 37 Grad Celsius im Körperkern sicherzustellen, denn dort befinden sich die überlebensnotwendigen Organe. Wer das Gefühl hat, über einen langen Zeitraum nur mit mehr als vier Schichten in einem normal beheizten Raum nicht zu frieren, der sollte einen Arzt aufsuchen.

Übrigens: Das Temperaturempfinden beeinflusst auch die Gefühle und das Verhalten von Menschen. In einer Untersuchung haben Forscher aus den USA festgestellt, dass Personen andere Menschen deutlich positiver beurteilten und sich großzügiger ihnen gegenüber zeigten, wenn sie zuvor eine heiße Tasse Kaffee in den Händen hielten.

Quelle: ntv.de

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