
Ob TV Kulesi, ...
... Tелебашня ...
... oder Television Tower: Kaum eine große Stadt, die etwas auf sich hält oder als modern gelten will, ...
... kommt ohne einen Fernsehturm aus. Seit den 1950er-Jahren überragen sie dort Kirch-, Rathaus- und andere Türme, ...
... so auch in Berlin. Der Bau von Fernsehtürmen war häufig nicht nur reine Notwendigkeit, sondern auch mit einer politischen Bedeutung aufgeladen. (Bauarbeiter in der Antenne des Berliner Fernsehturms auf 345 Metern Höhe)
Das gilt besonders für den Berliner Fernsehturm im Osten der Stadt, der am 3. Oktober 1969 eingeweiht wurde. (Bild: Fackelumzug anlässlich des 20. Jahrestages der DDR am 7. Oktober 1969)
Er sollte nicht nur jeden Fernsehturm in Westdeutschland in den Schatten stellen, … (im Vordergrund: der Berliner Funkturm)
… sondern er stand auch im Mittelpunkt der Umgestaltung der historischen Mitte der Hauptstadt der DDR. (Entwurfs-Modell von 1964, Fernsehturm noch ohne Kugel, rechts Marienkirche, links Rotes Rathaus)
Für seine Errichtung wurde dann auch ...
... die Mitte der 1960er-Jahre dort noch vorhandene Bebauung (im Hintergrund der Bahnhof Alexanderplatz; Bild von etwa 1966) ...
... abgerissen und der noch aus dem Mittelalter stammende Straßengrundriss aufgegeben. (Sprengung neben der Marienkirche)
Nur die Marienkirche und das Rote Rathaus (links im Bild, rechts der Turm im Bau) blieben verschont.
Der "Neptunbrunnen" von Reinhold Begas aus dem Jahr 1891 hatte seinen ursprünglichen Standort vor dem Berliner Schloss ...
... und wurde erst 1969 im Rahmen der Umgestaltung des Platzes vor dem Fernsehturm aufgestellt. (Bild von 1978, hinten der inzwischen abgerissene "Palast der Republik")
So erinnert seitdem an dieser Stelle kaum noch etwas daran, dass sich hier eigentlich der historische Stadtkern Berlins befindet. Mit dem Nikolaiviertel ganz in der Nähe (um die Nikolaikirche herum, Bildmitte) ...
... wurde Mitte der 1980er-Jahre allerdings versucht, etwas historisches Flair wiederherzustellen.
Der Fernsehturm wurde vor allem auf Betreiben von Staats- und SED-Chef Walter Ulbricht (Mitte, 1958) im Stadtzentrum gebaut.
Zuvor gab es noch Alternativstandorte, wie die Müggelberge oder den Volkspark Friedrichshain - diese wurden aus verschiedenen Gründen aber wieder verworfen. (bei der Montage der Kugel, rechts unten: Haus des Lehrers und Kongresshalle)
Der Fernsehturm sollte den zuvor mangelhaften, weil schwachen Empfang des staatlichen Rund- und Fernsehfunks verbessern, der schlechter war als der der "westlichen Hetzsender". (Blick von oben auf die Turmkugel)
Zudem sollte der Turm den technischen Fortschritt und die Errungenschaften des Sozialismus versinnbildlichen.
Seine Gestalt mit dem langen, nach oben schmaler werdenden Schaft und der metallischen Kugel nimmt Bezug zur Raumfahrt: Sie erinnert an eine startende Rakete ... (Bild von April 1968)
... oder an den 1957 gestarteten sowjetischen Sputnik-Satelliten, ...
... aber auch an den Stuttgarter Fernsehturm. (Dieser wurde bereits 1956 eingeweiht und ist der weltweit erste Fernsehturm.)
Nicht zuletzt wollte man mit dem modernen Bauwerk und Prestigeobjekt den Westen beeindrucken ... (Im Vordergrund: der Tiergarten; Brandenburger Tor in der Mitte, im Juli 2019 beim CSD)
... und ein auch in Westberlin weithin sichtbares Wahrzeichen setzen. (Blick über das Badeschiff und die Oberbaumbrücke im Grenzbereich der Stadtteile Treptow, Kreuzberg und Friedrichshain)
Baubeginn des Berliner Fernsehturms war im August 1965. (teil der Kugelhülle am Kran)
Der Turmschaft wurde in Kletterbauweise betoniert. Innen kletterte ein Stahlgerüst mit in die Höhe.
Das Stahlskelett der Kugel wurde bereits am Boden probeweise zusammengebaut und danach wieder in Einzelteile zerlegt.
Ein Montagekran auf der Schaftspitze holte dann die einzelnen Stahlsegmente der Kugel herauf.
Der Kran befindet sich (zusammengeklappt) noch heute dort.
Die Antenne wurde aus einzelnen etwa vier Meter großen Teilen zusammengesetzt. (Blick von oben auf die Kugel)
Dies geschah mithilfe eines kleinen mitwachsenden Krans an der Seite der Antenne. (Antennenkopf mit Arbeitsbühne)
Der Fernsehturm wurde schließlich nach vier Jahren Bauzeit ... (Ausbau des "Telecafes")
... am 3. Oktober 1969 eingeweiht und in Betrieb genommen. Die Pavillons am Fuße des Turms wurden erst 1972 fertig. (Hostessen bei der Eröffnung)
Die Baukosten wurden mit etwa 200 Millionen DDR-Mark um ein Vielfaches höher als ursprünglich veranschlagt.
Hauptgrund: Viele Materialien mussten aus dem westlichen Ausland importiert werden ...
... - die Thermofenster kamen aus Belgien, die Fahrstühle und Klimaanlagen aus Schweden, die Edelstahlhülle aus Westdeutschland. Das trieb die Kosten in die Höhe.
Die Höhe des Turms, an der Antennenspitze gemessen, betrug ursprünglich 365 Meter, seit dem Antennenumbau 1997 sind es 368,03 Meter.
Er liegt damit momentan auf der Weltrangliste der höchsten Fernsehtürme der Welt auf Platz 16, ...
... knapp hinter dem Fernsehturm von Riga (368,5 Meter) und vor dem Stratosphere Tower in Las Vegas (350 Meter, im Bild).
Der noch im Bau befindliche Fernsehturm von Istanbul, Kucuk Camlica, soll noch 2019 fertig werden und dann 365,5 Meter hoch sein; der Stratosphere Tower rutscht dann einen Platz nach hinten.
Im europäischen Vergleich ist der Berliner Fernsehturm der vierthöchste.
Er ist zugleich das höchste Bauwerk Deutschlands.
Im Turm arbeiten fünf Rundfunk-Techniker. Diverse Programme laufen über seine Antenne, ... (Ingenieur bei der Überprüfung der Ummantelungen der Kabelstränge für die Antennenanlagen)
... am Antennenträger sind 150 verschiedene Antennen für die Fernseh- und Radioübertragung montiert - für digitales Radio und TV sowie UKW-Radiosender.
Fernsehturm-Besitzer ist die Betreibergesellschaft Deutsche Funkturm GmbH, eine Tochter der Telekom.
Das besondere und herausragende Merkmal des Berliner Fernsehturms ist natürlich seine Kugel.
Sie beherbergt zwei für Besucher zugängliche Etagen: Die Aussichtsebene und das "Telecafe". (Bild von 1970)
Zwei Fahrstühle bringen die Besucher ...
... hoch in die Kugel, zur Aussichtsetage mit dem 360-Grad-Blick auf Berlin. Sie befindet sich auf einer Höhe von knapp 204 Metern. (Hostessen in der Aussichtsetage bei der Eröffnung)
Darüber, auf 207,5 Metern Höhe, ist das rotierende Turmcafe. (Bild von der "Generalprobe" mit geladenen Gästen und Presse am 1. Oktober 1969)
Es dreht sich zweimal in der Stunde komplett herum - man fährt also in 30 Minuten am Tisch sitzend einmal an der ganzen Stadt vorbei. (Serviererinnen im Turmcafe bei der Eröffnung)
An manchen besonders trüben Tagen sieht man von da oben zwar gar nichts, ...
... aber bei klarem Himmel kann man von hier bis zum Wannsee schauen; ... (Blick Richtung Westen, auf Schlossneubau, Dom, Unter den Linden und Tiergarten)
... die Sicht beträgt an manchen Tagen bis zu 40 Kilometer. (Blick nach Norden, Richtung Prenzlauer Berg/Pankow, in der Mitte: Wasserturm nahe Kollwitzplatz)
Auch wegen des unverstellten Blicks in den Westen ... (Bild von 1988, unten rechts sieht man ein Stück der Mauer)
... gehörten "Telecafe" und Aussichtsetage zu den beliebtesten Ausflugszielen für DDR-Bürger in ihrer Hauptstadt. (Bild von 1970)
Dennoch blieb der Turm von Spott nicht verschont: Ost- und Westberliner machten sich über den kreuzförmigen Lichtreflex auf der Kugel lustig und prägten den Spitznamen "Sankt Walter", in Bezug auf Walter Ulbricht. (Bild von 1970)
Auf die atheistische Staatsführung und die Diskriminierung der Kirche in der DDR anspielend, hieß es auch, das Kreuz sei "die Rache Gottes" oder "die Rache des Papstes". (Bild von 1981)
Der Berliner Fernsehturm gehört seit seiner Einweihung zu den bekanntesten und beliebtesten Sehenswürdigkeiten Berlins. Er hat um die 1,2 Millionen Besucher pro Jahr, insgesamt kamen bisher etwa 60 Millionen.
Und er dient natürlich auch oft als Fotomotiv.
Kugel und Schaft werden ab und an auch für andere Zwecke genutzt: So wurde die Kugel anlässlich der Fußball-WM 2006 in Deutschland zu einem Fußball umgestaltet, ...
... der Schaft diente als "Litfasssäule" für ein Plakat mit dem Maskottchen "Berlino" der Leichtathletik-WM im Sommer 2009.
Anfang 2012 wurde der Fernsehturm umfassend renoviert. Die Verjüngungskur kostete etwa 1,5 Millionen Euro.
Dabei wurde auch der Eingangsbereich umgestaltet.
Eine stärkere Klimaanlage verbessert seitdem die Luft vor den Aufzügen.
Aussichtsetage und Restaurant haben hellere Farben ...
... und neue Möbel bekommen. Auch ...
... zum 50. Geburtstag wird natürlich einiges veranstaltet: ...
Die am 3. Oktober 2019, dem 50. Jahrestag der Eröffnung, ...
... verkauften Sondertickets sind im Stil der Eintrittskarten von 1969 gestaltet.
Alle Ticketinhaber können damit ...
... an einer Tombola teilnehmen, bei der nach Angabe der Veranstalter jedes Los gewinnt.
Zudem soll sich Maskottchen "Turmi" (hier auf der ITB 2015) um die kleinen Besucher kümmern.
Eine Ausstellung zeigt Fernsehturm-Bilder des Fotografen Thomas Billhardt.
Ab 16 Uhr feiert dann eine "geschlossene Gesellschaft mit geladenen Gästen aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft" den 50. Geburtstag des Fernsehturms. (Text: Andrea Beu)