

Butscha. Mariupol (Bild). Bachmut.
Diese und viele andere ukrainische Orte sind vor einem Jahr den meisten Menschen in Westeuropa kaum bekannt. Ein verheerender Krieg ändert dies.
Am frühen Morgen des 24. Februar 2022 startet Russland seinen großangelegten Überfall auf die Ukraine.
Der Konflikt, der mit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch ominöse "grüne Männchen" und …
… der russischen Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine bereits seit 2014 militärisch geführt wird, …
… weitet sich zu einem brutalen Angriffskrieg aus, der nach einer vorsichtigen Schätzung im ersten Jahr mehr als Hunderttausend Menschen das Leben kostet.
Die Folgen sind weltweit zu spüren, vor allem aber in Europa: Die Sicherheitsarchitektur des Kontinents, die seit dem Fall des Eisernen Vorhangs mehr oder weniger gehalten hat, zerbricht.
Millionen Menschen müssen vor der Gewalt fliehen - es ist die größte Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg.
Der Westen wird mit einer militärischen Bedrohung konfrontiert - und beantwortet die russische Aggression mit der finanziellen, humanitären und militärischen Unterstützung der Ukraine. (Hier der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei US-Präsident Joe Biden im Dezember 2022.)
Gegen Russland gerichtete Sanktionen einerseits, zum Beispiel ein Überflugverbot für Airlines, und russische Strafmaßnahmen gegen die europäische Unterstützung für die Ukraine andererseits belasten die Weltwirtschaft, lassen die Preise steigen, …
… stören oder unterbrechen die Versorgung mit Rohstoffen wie Öl und Erdgas vor allem in Europa sowie …
… den Export von Getreide vor allem in ärmere Länder. Hier drohen Hungersnöte.
Der Angriffskrieg kommt nicht überraschend. Anzeichen gibt es bereits seit Jahren: in Reden, Drohgebärden und einem Artikel von Russlands Machthaber Wladimir Putin, in dem er der Ukraine ihre Souveränität abspricht.
Monate und Wochen vor dem Überfall verdichten sich die Hinweise auf eine militärische Eskalation: Russland zieht - angeblich nur für Manöver - Truppen an der Grenze zum Nachbarland sowie in Belarus zusammen.
Am 17. Dezember 2021 veröffentlicht Russland zwei an die NATO gerichtete Vertragsentwürfe. Moskau fordert darin einen Rückzug der NATO-Strukturen auf den Stand von 1997 und einen Ausschluss einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine sowie Finnlands und Schwedens - die beide nach Kriegsbeginn eben diese beantragen.
Am 21. Februar erkennt Russlands Machthaber Wladimir Putin in einem völkerrechtswidrigen Schritt die Separatistengebiete im Donbass als selbstständig an und …
… verbindet dies mit einer hasserfüllten, geschichtsfälschenden Rede, in der er der Ukraine jede Staatlichkeit abspricht.
Es ist eine Absage an alle bisherigen Friedensbemühungen. (Treffen Putins mit Scholz am 15. Februar.)
Drei Tage später beginnt das, was in Russland bis heute in einer zynischen Verharmlosung nur als "militärische Spezialoperation" bezeichnet werden darf.
Das erklärte Ziel: die Entmilitarisierung und "Entnazifizierung" der Ukraine. Schnell nimmt der Angriff Züge eines Vernichtungskriegs an. (Gräber ukrainischer Zivilisten und Soldaten in Isjum.)
Begleitet von massiven Bombenangriffen auf ukrainische Städte (hier Kiew) sowie militärische Einrichtungen und Anlagen …
… dringen russische Truppen von Norden, Osten sowie von der annektierten Krim im Süden aus in das Nachbarland vor.
Beteiligt an der Invasion sind auch tschetschenische Soldaten unter Ramsan Achmatowitsch Kadyrow, dessen Aufenthalt in der Ukraine aber nicht belegt ist, …
… sowie Söldner der russischen Gruppe Wagner, die später auch Häftlinge für den Krieg anwerben wird.
Die Ukraine, die seit 2014 auch mit westlicher Hilfe ihre Armee modernisiert hat, leistet von Beginn an erbitterten Widerstand.
Politisch löst der Angriff schärfste Kritik aus, nicht nur bei westlichen Staaten. Die EU und viele NATO-Staaten sowie Verbündete wie Japan, Australien und Südkorea verhängen umfangreiche Sanktionen gegen Russland, dessen Staatsführung und Oligarchen.
Die Europäische Union genehmigt zudem die militärische Unterstützung der Ukraine, auch die USA sagen sowohl Waffen - als auch milliardenschwere finanzielle Hilfen zu.
Im UN-Sicherheitsrat scheitert am 25. Februar 2022 eine Resolution gegen den Überfall auf die Ukraine am Veto Russlands - China, Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate enthalten sich.
In der Generalversammlung der Vereinten Nationen wird der Angriff am 2. März von einer großen Mehrheit verurteilt: 141 Staaten stimmen für eine entsprechende Resolution, 35 enthalten sich, 5 stimmen dagegen: Russland, Belarus, Syrien, Eritrea und Nordkorea. 12 Länder nehmen nicht an der Abstimmung teil.
Militärisch gelingen derweil den zahlenmäßig klar überlegenden Kreml-Truppen in den ersten Tagen schnelle Vorstöße: sie rücken gegen Kiew vor, nehmen Gebiete am Asowschen Meer und das südukrainische Cherson ein - in der Stadt kommt es daraufhin zu Protesten der Bevölkerung gegen die Besatzung.
Weiterhin werden viele ukrainische Städte massiv bombardiert, darunter Kiew und Charkiw im Norden des Landes.
Viele Menschen müssen Schutz in Bunkern oder umfunktionierten U-Bahn-Stationen suchen. Bis heute werden diese bei den häufigen Luftalarmen aufgesucht.
Doch es gibt schnell auch Rückschläge: Eine Luftlandeoperation auf den Flughafen Kiew-Hostomel scheitert - dort wird das größte Flugzeug der Welt, die Antonow An-225 "Mrija", zerstört. Der weitere Vormarsch von Cherson Richtung Odessa wird aufgehalten. Auch eine geplante Großoffensive bei Isjum im Norden kommt nicht voran.
Die offenbar geplante schnelle Invasion der Ukraine bleibt stecken - ein herber Rückschlag für den Kreml.
Offenbar unterschätzen Putin und seine Generäle völlig den Widerstandswillen der Ukrainerinnen und Ukrainer, die sich Russland nicht ergeben wollen.
Präsident Wolodymyr Selenskyj - seit Mai 2019 im Amt - flieht weder in den Westen des Landes noch ins Ausland, bleibt stattdessen in Kiew und bekräftigt in Videos seinen Willen, den Aggressor aus dem Land zu vertreiben. Zudem verkündet er eine Generalmobilmachung.
Fortan tritt der Präsident in Militärkleidung auf. Medienberichten zufolge sollen russische Spezialeinheiten den Auftrag haben, ihn zu töten, sie werden jedoch ausgeschaltet.
Neben dem militärischen entsteht auch ein bürgerlicher Widerstand: Zivilisten bauen Molotow-Cocktails oder funktionieren zivile Drohnen um, um damit Sprengsätze abzuwerfen. Auch viele Frauen greifen zu den Waffen.
Überall im Land bilden sich Bürgerwehren und Partisanengruppen (hier Freiwillige bei einer Übung), die Anschläge auf russische Munitionslager und Nachschubwege wie Eisenbahngleise verüben. Vereinzelt kommt es auch zu Angriffen in den Grenzregionen in Russland und Belarus.
Belarus unter Diktator Alexander Lukaschenko ist zwar Aufmarschgebiet russischer Truppen, von dort werden Raketen abgeschossen. Doch nach eigener Darstellung tritt das Land nicht selbst in den Krieg ein. Kriegsgegner verüben hier Sabotageakte auf die von Russland genutzte Infrastruktur.
Am 28. Februar beantragt Selenskyj den EU-Beitritt seines Landes. In zahlreichen per Video übertragenen Reden vor westlichen Parlamenten (hier im Bundestag) bittet er um humanitäre und militärische Unterstützung.
Eine Flugverbotszone - wie etwa vom damaligen ukrainischen Botschafter Andreij Melnyk (stehend) gefordert - schließen westliche Staaten aber genauso aus wie die Entsendung von Truppen: Die NATO will keinesfalls als Kriegspartei in die Kämpfe gezogen werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz spricht am 27. Februar in einer Sondersitzung des Bundestags von einer Zeitenwende. Mit 100 Milliarden Euro soll die Bundeswehr aus- und aufgerüstet werden.
Doch Waffenlieferungen sind in Deutschland umstritten und kommen nur langsam in Gang - zunächst geht es etwa um Panzerfäuste und Militärausrüstung wie Helme oder Medikamente (hier Verteidigungsministerin Christine Lambrecht).
Von den USA und Großbritannien erhält die Ukraine aber Geheimdienstinformationen und Ausbildungshilfe für die Truppen.
Zudem erfährt die Ukraine eine Welle der Solidarität in der Bevölkerung westlicher Staaten: Hunderttausende Menschen protestieren gegen den russischen Überfall.
Die ukrainischen Farben blau und gelb sowie Sonnenblumen werden zu Symbolen der Unterstützung des angegriffenen Landes und werden vielerorts gezeigt.
Millionen Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder, werden aufgenommen - in Polen, aber auch in Deutschland und anderen Staaten.
Männer im wehrfähigen Alter dürfen die Ukraine dagegen nicht verlassen.
Auch in Russland gibt es vereinzelt Proteste gegen den Krieg, die jedoch brutal niedergeschlagen werden.
Parallel zum Kriegsgeschehen in der Ukraine läuft ein Informationskrieg: In Russland etabliert sich das auf Militärfahrzeuge gemalte "Z" als Symbol von Befürwortern des Angriffs auf die Ukraine und findet vielfache propagandistische Verwendung.
Selenskyj dagegen wird auch dank seiner geschickten Nutzung von modernen Medien und sozialen Netzwerken zum Symbol des Kampfes der Ukraine. Seine Videos werden millionenfach geteilt, …
… genau wie Karikaturen oder Memes gegen Putin.
Auch Bilder vom Kriegsverlauf gehen um die Welt, vor allem vom Leid der Zivilbevölkerung.
Bekannt werden Bilder von Menschen, die versuchen, aus Kiew zu fliehen und sich dafür unter einer Brücke verstecken.
Militärisch gelingen der Ukraine im ersten Monat nach dem Überfall erste Erfolge: ...
... Der Angriff auf Kiew kann gestoppt werden. Bildlich stehen dafür Bilder langer russischer Militärkonvois, die sich kaum bewegen.
Liegengebliebene russische Militärfahrzeuge oder Panzer, die von ukrainischen Bauern abgeschleppt werden, zeugen von Problemen der russischen Logistik.
Nach gut einem Monat Krieg muss Russland die geplante Einnahme der Hauptstadt aufgeben. Stattdessen konzentrieren sich die Truppen nun auf die Kämpfe im Osten und Süden der Ukraine.
Zurück lassen die Kreml-Soldaten nicht nur massive Zerstörungen - die Luftangriffe gehen seitdem ununterbrochen weiter.
Für Schrecken sorgen vor allem Bilder, als nach dem Abzug Anfang April in Kiewer Vororten wie Butscha oder Irpin …
… auf Straßen, in Kellern und Massengräbern Hunderte Tote entdeckt werden, die offenbar wahllos ermordet wurden.
Einige der Toten weisen Folterspuren auf.
Die Entdeckungen stoßen weltweite Proteste und eine Debatte über russische Kriegsverbrechen an, die als gezielte Maßnahme zur Einschüchterung der Zivilbevölkerung gesehen werden.
Dazu zählen etwa auch die Zwangsdeportation von Ukrainerinnen und Ukrainern nach Russland oder die Zwangsadoption Zehntausender ukrainischer Kinder durch russische Familien. Der Ruf nach einer juristischen Aufarbeitung wird laut.
Die Aufdeckung der Massaker erhöht allerdings auch den Widerstandswillen der Ukraine - und verhindert Gespräche. Erste Verhandlungen, die bereits im Februar in Belarus (Bild) und später in der Türkei stattfinden, bleiben trotz ukrainischer Zugeständnisse ergebnislos.
Ab April gibt es keine direkten Gespräche zwischen Russland und der Ukraine mehr. Zu den Ausnahmen zählen der regelmäßige Austausch von Gefangenen sowie …
… im Juli ein unter türkischer Vermittlung entstandenes Abkommen, das der Ukraine den Export von Getreide ermöglicht und Hungerkrisen in Afrika und Asien verhindern soll.
Der Krieg geht trotz des russischen Rückzugs im Norden unvermindert weiter. Immer wieder werden Orte in der gesamten Ukraine bombardiert - auch das westukrainische Lwiw nahe der Grenze zu Polen.
Bewusst werden zivile Ziele anvisiert. Am 8. April sterben etwa bei einem Luftangriff auf den überfüllten Bahnhof von Kramatorsk 57 Menschen - vorwiegend Frauen und Kinder. Es gibt Hunderte Verletzte.
Am 27. Juni werden bei einem Raketenangriff auf ein Einkaufszentrum in Krementschuk mindestens 20 Menschen getötet und Dutzende verwundet. Es wird vermutet, dass einer der ungenauen Marschflugkörper sein Ziel verfehlt hat.
Es sind nur wenige Beispiele für zahllose Angriffe auf zivile Ziele.
Heftig umkämpft ist die Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer, die völlig ausgebombt wird.
Auch dabei gibt es Kriegsverbrechen, etwa die Bombardierung einer Geburtsklinik am 9. März. Bilder davon gehen um die Welt.
Die gezeigte Frau wird verletzt, einen Tag später bringt sie ein Mädchen zur Welt.
Nach langen Verhandlungen und internationalem Druck können Zivilisten die eingekesselte Stadt verlassen.
Die ukrainischen Truppen leisten jedoch weiter erbitterten Widerstand. Um der eigenen Armee Zeit für eine Umgruppierung zu verschaffen, verschanzen sie sich fast einen Monat lang in der befestigten Industrieanlage Asowstal.
Erst im Mai werden sie von Kiew aufgefordert, sich zu ergeben.
Insgesamt werden laut ukrainischen Angaben 20.000 Menschen in Mariupol getötet, 90 Prozent des Ortes Stadt zerstört.
Putin feiert in diesen Tagen den Tag des Sieges im Zweiten Weltkrieg. Die blutig erkämpfte Einnahme von Mariupol kann er als Erfolg verbuchen - Moskau kann so eine durchgehende Landverbindung zwischen den besetzten Gebieten im Donbass und der Krim herstellen.
Aber auch der Ukraine gelingen in dieser Zeit Erfolge: Mitte April wird das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, die Moskwa, versenkt - ein militärischer wie symbolischer Triumph, der eine russische Invasion vom Meer her unwahrscheinlich macht.
Zum symbolischen Sieg wird auch der Kampf um die strategisch wichtige Schlangeninsel vor Odessa: Ukrainische Soldaten verweigern zu Kriegsbeginn deren Aufgabe.
Einer von ihnen soll per Funk "Russisches Kriegsschiff, fick dich!" gesagt haben - eine Szene, die auf einer Briefmarke gefeiert wird.
Russland nimmt die Insel danach zwar ein, zieht sich jedoch im Juni wieder zurück - vermutlich, weil der Vormarsch auf Odessa misslingt. Moskau spricht dagegen von einer "Geste des guten Willens".
Im Frühjahr und Frühsommer gelingen den russischen Truppen Geländegewinne im Nordosten und Osten. So werden die Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk eingenommen. Die Armee steht kurz vor Charkiw, das fortwährend bombardiert wird. Im Sommer erlahmt die Offensive jedoch.
Berichte über Mängel am russischen Kriegsgerät und unzureichend ausgerüstete Truppen häufen sich. Sie werfen ein Schlaglicht auf die veraltete Armee, aber auch die überholte Kriegsführung des Kreml.
Im Süden dringen Moskaus Truppen derweil bis an den Dnipro vor. Zwar kann Saporischschja von der Ukraine gehalten werden, doch das gleichnamige Atomkraftwerk, das größte Europas, wird bereits im März eingenommen.
Das weckt die Befürchtung eines atomaren Unfalls durch Beschuss - den sich Kiew und Moskau immer wieder gegenseitig vorwerfen. Experten der Internationalen Atomenergiebehörde sollen die Lage kontrollieren.
Im Südwesten kann Russland nicht weiter vordringen. Im Gegenteil: Ab Ende August gehen die ukrainischen Streitkräfte bei Cherson vermehrt in die Offensive.
Ein Grund dafür sind die Waffenlieferungen aus dem Westen, die auch immer mehr schwere Waffen umfassen (hier eine M777 Haubitze). Als effektiv erweist sich vor allem das HIMARS-Artilleriesystem, das Angriffe auf russische Munitionsdepots und Kommandostände im Hinterland ermöglicht.
Im September schließlich beginnt im Nordosten eine überraschende Gegenoffensive, während der die Ukraine innerhalb kurzer Zeit Hunderte Städte und Dörfer befreien kann - darunter Isjum (Bild) und Lyman.
Die russischen Truppen, die teils panisch fliehen und ihr Militärgerät zurücklassen müssen, werden aus der Oblast Charkiw vertrieben, im Oktober gelingt zudem ein Vorstoß in die Oblast Luhansk.
Wie schon beim Rückzug um Kiew werden auch hier in den befreiten Gebieten schreckliche Kriegsverbrechen der russischen Truppen aufgedeckt, etwa Massengräber bei Isjum.
Angesichts des stockenden Vormarschs und der erfolgreichen ukrainischen Gegenoffensive verkündet Putin Mitte September eine russische Teilmobilisierung, bei der 300.000 Menschen eingezogen werden sollen.
Das führt zu Protesten in Russland sowie der Flucht zahlreicher Wehrpflichtiger ins Ausland - hier junge Russen auf dem Weg nach Georgien. Das Land verliert seit Kriegsbeginn Hunderttausende teils hochgebildete Fachkräfte.
Daneben verkündet Putin im September aber auch die Annexion von vier ukrainischen Regionen: den zu Kriegsbeginn anerkannten selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk sowie der Oblaste Cherson und Saporischschja. Keines der Gebiete wird vollständig von Russland kontrolliert.
Am 30. September werden die Gebiete - nach inszenierten Referenden - zu russischen Gebieten erklärt. Am 12. Oktober verurteilt die UN-Generalversammlung die Annexion mit 143 von 193 Stimmen. Belarus, Nicaragua, Nordkorea und Syrien stimmen wie Russland dagegen, China, Indien und 33 weitere Staaten enthalten sich.
Für Aufsehen sorgt am 8. Oktober die teilweise Zerstörung der Krim-Brücke, einer wichtigen russischen Nachschubroute, durch eine Explosion.
Bilder von Urlaubern, die panisch versuchen, die Krim zu verlassen, gehen um die Welt.
Zwar kann die Brücke weiterhin provisorisch genutzt werden, doch sie muss aufwändig repariert werden.
Angesichts der jüngsten Misserfolge ändert Russland Ende Oktober seine Taktik - auch um Zeit für die Ausbildung der neuen Rekruten zu gewinnen.
Der Kreml versucht nun, den Konflikt einzufrieren, indem massiv ukrainische Infrastruktur mit Raketen und iranischen Einweg-Drohnen angegriffen wird.
Um die ukrainische Luftverteidigung zu überlasten, werden dabei Wellen von jeweils hundert Raketen abgefeuert. Zahlreiche Gebäude (hier in Dnipro) werden zerstört, viele Zivilisten sterben.
Laut Kiew kommt zudem ein großer Teil der ukrainischen Stromanlagen zu Schaden, zeitweise sind im beginnenden Winter mehrere Millionen Menschen vom Stromnetz getrennt.
Doch der Ukraine gelingt noch im November ein Erfolg: Angesichts des Vormarschs auf Cherson geben die russischen Truppen die Stadt auf und ziehen sich von Gebieten westlich des Dnipro zurück. Präsident Selenskyj besucht die befreite Stadt am 14. November.
Danach erschweren Wetter und aufgeweichter Boden weitere große Geländegewinne auf beiden Seiten.
Allerdings wird heftig um die Stadt Bachmut gekämpft, es ist die bisher längste Schlacht des Krieges. Auf dieser Hauswand steht: Bachmut liebt die Ukraine.
Die russische Armee wird hier von Söldnern der Gruppe Wagner unterstützt. Deren Chef Jewgeni Prigoschin will sich über die militärischen Erfolge offenbar politischen Einfluss sichern.
Die Schlacht fordert auf beiden Seiten hohe Verluste. Bilder, die zu dieser Zeit entstehen, zeigen eine verwüstete Landschaft, …
… von Bomben aufgewühlten Boden und verdreckte Soldaten.
Die Fotos erinnern an die blutigen Grabenkämpfe und Abnutzungsschlachten des Ersten Weltkriegs.
Große Geländegewinne gibt es zu dieser Jahreszeit auf keiner Seite. Angesichts einer erwarteten russischen Frühjahrsoffensive bittet Selenskyj um weitere westliche Waffenlieferungen.
Anfang Januar 2023 sagen die USA und Deutschland die Lieferung von Patriot-Flugabwehrraketen zu. Auch Bradley-Schützenpanzer der USA und deutsche Marder-Schützenpanzer (Bild) sollen geliefert werden.
Ende Januar kündigt Deutschland schließlich nach langer Debatte und Druck von Verbündeten ...
... auch an, Leopard-Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern und anderen Staaten dasselbe zu erlauben. Die USA und Großbritannien wollen eigene Kampfpanzer liefern. Allerdings wird damit gerechnet, dass dies Monate dauern wird - zu spät für die russische Frühjahrsoffensive, die Mitte Februar beginnt.
Ob und wie die Ukraine den erneuten Angriffen Stand halten kann, ist unklar. Befürchtet wird vor allem, das nach einem Fall Bachmuts Russland weiter ins Landesinnere vorrücken könnte.
Zudem gibt es erneut Gerüchte, dass auch Belarus aktiv in die Kämpfe eingreifen könnte. Das Land hat 2022 seine militärische Verflechtung mit Russland verstärkt.
Fest steht: Der vom Kreml erhoffte schnelle Sieg über die Ukraine ist gescheitert. Das hat auch zu Verwerfungen innerhalb der russischen Führung geführt.
Der Westen dagegen steht seit einem Jahr geschlossen hinter der Ukraine. Dafür steht Joe Bidens überraschender Besuch in Kiew am 20. Februar, kurz vor dem Jahrestag.
Nicht nur der Überfall auf die Ukraine an sich, ...
... auch brutale Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung und …
… das Leid der Zivilbevölkerung führen weltweit zu einem Aufschrei - auch wenn viele Länder eine direkte Verurteilung Russlands vermeiden.
Ein Jahr nach Beginn des Angriffs tobt ein Abnutzungskrieg auf ukrainischem Boden, mit hohen Verlusten an Mensch und Material.
Zwar gibt es Forderungen nach Verhandlungen - doch beide Seiten setzen darauf, auf dem Schlachtfeld noch Vorteile erzielen zu können.
Die Debatten um Waffenlieferungen, aber auch um Kriegsziele gehen ein Jahr nach dem Überfall weiter. Kein Experte vermag zu sagen, wie dieser Krieg endet.