

Seit 1517 herrschen die Osmanen über Palästina. Das Land ist nur spärlich besiedelt, hauptsächlich von Arabern. Eine Verwaltungseinheit "Palästina" gibt es nicht; der Landstrich gehört zur Provinz Syrien.
Die jüdische Einwanderung nach Palästina - die "Alija" - beginnt 1882 mit der Ankunft russischer Juden. Bis 1903 kommen 20.000 bis 30.000 Juden nach Palästina. Während der zweiten "Alija" von 1904 bis 1914 sind es bereits 35.000 bis 40.000 Einwanderer.
Die Einwanderung nach Palästina läuft also bereits, als Theodor Herzl 1896 das Buch "Der Judenstaat" veröffentlicht. "In Russland werden Judendörfer gebrandschatzt, in Rumänien erschlägt man ein paar Menschen, in Deutschland prügelt man sie gelegentlich durch, ...
... in Österreich terrorisieren die Antisemiten das ganze öffentliche Leben, in Algerien treten Wanderhetzprediger auf, in Paris knöpft sich die sogenannte bessere Gesellschaft zu, die Cercles schließen sich gegen die Juden ab. Die Nuancen sind zahllos."
Er hat recht: Der Antisemitismus wird immer aggressiver. Zwar haben die Juden seit 1871 in allen deutschen Ländern das vollständige Bürgerrecht. Doch an ihrer sozialen Lage ändert das nur wenig.
"Der Judenstaat" ist naturgemäß stark vom Nationalismus des 19. Jahrhunderts beeinflusst. Dennoch ist der nun entstehende Zionismus nicht einfach ein "jüdischer Nationalismus", sondern vor allem eine Reaktion auf den Antisemitismus in Europa.
Die Einwanderungswellen nach Palästina korrespondieren mit der Situation der Juden in Russland. Im Mai 1882 verbietet Zar Alexander III. den Juden die freie Berufswahl. Nach der Pogromwelle des Jahres 1881 sind diese "Knebelgesetze" der Auslöser der ersten "Alija".
1897 beruft Theodor Herzl den ersten Zionistenkongress ein. Der seither regelmäßig tagende Kongress fungiert als Dachorganisation der zionistischen Bewegung. Im Bild spricht Herzl auf dem sechsten Treffen in Basel.
Als Sprache des Judenstaates schwebt Herzl keineswegs das Hebräische vor: "Wir werden auch drüben bleiben, was wir jetzt sind, so wie wir nie aufhören werden, unsere Vaterländer, aus denen wir verdrängt wurden, mit Wehmut zu lieben."
Herzl legt sich zunächst auch nicht auf ein Gebiet fest, in dem der Judenstaat gegründet werden soll. Er denkt sowohl an Palästina als auch an Argentinien (im Bild: Buenos Aires). Nach der zweiten großen Pogromwelle in Russland 1903 schlägt Herzl vor, ...
... die Juden sollten sich bis zur Schaffung eines jüdischen Staates im britischen Ostafrika ansiedeln. Das "Uganda-Programm" geht auf den britischen Kolonialsekretär Joseph Chamberlain zurück.
Beim Zionistischen Kongress gibt es für das Vorhaben jedoch keine Mehrheit. Nur wenige Juden gehen nach Afrika (im Bild der Viktoria-Nil). 1905 wird der Plan offiziell fallen gelassen.
Unterdessen geht die Einwanderung nach Palästina weiter. Am 11. April 1909 wird der Grundstein für die Stadt Tel Aviv gelegt (Bild), der ersten modernen jüdischen Stadt. Heute leben knapp eine halbe Million Menschen in Tel Aviv.
Im Ersten Weltkrieg erobern die Briten Palästina. Die weitaus meisten Einwohner - sowohl die Angehörigen der arabischen Mehrheit als auch die meisten Juden - empfangen die Briten unter General Edmund Allenby als Befreier von der osmanischen Herrschaft.
Für die Zionisten bringt das Ende der osmanischen Herrschaft eine Wende: In der Balfour-Deklaration vom 2. November 1917 akzeptieren die Briten das Recht des jüdischen Volkes, in Palästina eine "nationale Heimstätte" zu gründen. (Im Bild Außenminister Arthur James Balfour)
Allerdings hatten die Briten nur wenige Jahre zuvor auch den Arabern die Unabhängigkeit versprochen. Entsprechend - wenn auch vage - hatte sich 1915 der britische Hochkommissar in Ägypten in einem Schreiben an Hussein Ibn Ali, den Scherif von Mekka, geäußert.
Die arabische Nationalbewegung ist nicht so gut organisiert wie die Zionisten. Eine Symbolfigur des arabischen Nationalismus ist Prinz Faisal (2. von rechts), Husseins Sohn. Faisal und Zionistenführer Chaim Weizmann treffen sich 1918 in Akaba am Roten Meer.
Weizmann steht an der Spitze der zionistischen Bewegung. Es gelingt ihm, die Engländer davon zu überzeugen, ein Bündnis mit den Zionisten könne den Ausgang des Ersten Weltkriegs beeinflussen.
"Premierminister Lloyd George und Außenminister Balfour hielten Weizmann für den Kopf einer geheimnisvollen, weltumspannenden Macht, die im Hintergrund die Fäden zog", schreibt der israelische Historiker Tom Segev in seinem sehr lesenswerten Buch "Es war einmal ein Palästina".
In Paris unterzeichnen Weizmann (l.) und Faisal (2. v. l.) ein Abkommen, in dem Faisal sein Einverständnis zur Schaffung einer jüdischen Mehrheit in Palästina erklärt - sofern er ein arabisches Königreich erhält. Faisal wird erst König von Syrien, dann des Irak.
Weizmann, später der erste Präsident Israels, reist als Chef der Zionistischen Kommission nach Palästina. Die Kommission versucht, das jüdische Leben in Palästina zu organisieren. Die Briten gestehen ihr diverse Rechte zu, darunter die Kontrolle der jüdischen Schulen. Dort findet der Unterricht nun auf Hebräisch statt.
Von den Arabern werden die jüdischen Einwanderer zunehmend feindlich empfangen. 1920 kommt es zu ersten Übergriffen von Arabern auf Juden in Jerusalem. Fünf Juden und vier Araber werden getötet, viele Menschen verletzt.
Als Reaktion auf die Unruhen wird eine jüdische Verteidigungsorganisation gegründet, die Haganah (Bild). Noch immer tun die Briten so, als könne es einen Ausgleich zwischen Juden und Arabern geben. Realistisch ist das nicht.
"Jeder erkennt das Problem in den Beziehungen zwischen den Juden und den Arabern. Aber nicht jeder erkennt, dass dieses Problem keine Lösung hat. Es gibt keine Lösung!", hatte David Ben Gurion, später der erste Premierminister Israels, bereits 1919 erklärt.
1922 überträgt der Völkerbund den Briten das Mandat für Palästina und beauftragt sie, in Palästina einen jüdischen Staat zu errichten. Die Briten teilen das Land in zwei Verwaltungseinheiten: Juden dürfen sich nur noch westlich des Jordan ansiedeln.
Im östlichen Teil - "Transjordanien", dem späteren Jordanien - installieren die Briten die Haschemiten-Dynastie, die das Land bis heute regiert.
In den 1920er Jahren kommen knapp 100.000 Juden ins Land. Damit verdoppelt sich die jüdische Gemeinschaft in Palästina. Die Machtergreifung der Nazis beschleunigt diesen Prozess noch einmal.
Die Gewaltausbrüche verschlechtern das Verhältnis zwischen Juden und Engländern. Die Zionisten werfen der Mandatsmacht vor, "Pogrome" zu dulden. Die Araber ihrerseits sehen die Briten als Feinde, da diese die Einwanderung von Juden fördern statt unterbinden.
Beide Seiten richten ihre Gewalt nicht mehr nur gegeneinander, sondern zunehmend auch gegen die Briten. Im April 1936 beginnt in Jaffa ein arabischer Aufstand, der sich rasch ausbreitet und bis 1939 andauert.
Zwischen 1929 und 1939 werden mehr als 10.000 Anschläge registriert, bei denen mehr als 1.000 Araber, 400 Juden und 150 Briten ums Leben kommen. Spätestens der arabische Aufstand zeigt den Briten, dass ein arabisch-jüdischer Staat undenkbar ist.
Die Mandatsregierung bekämpft den Aufstand mit drakonischen Maßnahmen: Absperrungen, Razzien, Folter und Hinrichtungen.
Angesichts des drohenden Kriegs in Europa vollziehen die Briten in ihrem Verhältnis zu den Arabern einen Kurswechsel. Um diese von einem Bündnis mit Nazideutschland abzuhalten, will das Empire ihnen Entgegenkommen demonstrieren.
Im Mai 1939 verkündet Großbritannien in einem "Weißbuch", dass in Palästina innerhalb der nächsten zehn Jahre ein unabhängiger binationaler Staat entstehen soll. Zugleich wird der Verkauf von arabischem Grundbesitz an Juden beschränkt.
Das "Weißbuch" beschränkt auch die jüdische Einwanderung nach Palästina. Bis Kriegsende kommen dennoch 20.000 Juden illegal ins Land; 40.000 können auf legalem Weg einreisen (im Bild die Klagemauer in Jerusalem). Viele Flüchtlinge werden abgefangen und auf Zypern interniert.
Die Zionisten setzen darauf, dass das Weißbuch keinen Bestand hat. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erklärt David Ben Gurion, die Zionisten müssten das Weißbuch bekämpfen, als gäbe es keinen Krieg, und die britische Armee unterstützen, als gäbe es kein Weißbuch.
In Palästina melden sich im Laufe des Kriegs rund 30.000 Juden freiwillig zur britischen Armee und dienen in einer eigenen Brigade. Die jüdischen Untergrundkämpfer stellen ihre Anschläge gegen die Briten weitgehend ein.
Teile der arabischen Nationalbewegung sehen die Deutschen als Verbündete. Der Mufti von Jerusalem reist 1941 nach Berlin, wo er von Hitler empfangen wird. Später ist Hadsch Amin al-Hussaini am Aufbau einer muslimischen SS-Division auf dem Balkan beteiligt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verschärft sich der jüdisch-britische Gegensatz in Palästina. Die Briten fordern die Entwaffnung der jüdischen Milizen.
Daraufhin beginnt ein Aufstand der jüdischen Kampfgruppen Haganah, Irgun und Lechi. Ab September 1945 greifen jüdische Milizen militärische Ziele der Briten an.
Die britische Armee, die in Palästina rund 100.000 Soldaten stationiert hat, reagiert mit Militärschlägen gegen die Untergrundbewegungen. Das Bild zeigt den King George Square in Jerusalem im Juni 1946, nachdem eine Ausgangssperre verhängt wurde.
Vor allem die Haganah forciert parallel zum Kampf die Einwanderung nach Israel. Dieses Bild vom 5. Juni 1945 zeigt Juden aus dem Konzentrationslager Buchenwald auf dem Weimarer Bahnhof. Sie sind auf dem Weg nach Palästina.
Die Briten versuchen, die Einwanderung zu bremsen. Immer wieder schicken sie Flüchtlinge in Auffanglager nach Zypern. Das Bild zeigt Juden im Hafen von Famagusta (Zypern). Sie hatten Palästina bereits erreicht.
Gegen die restriktive Einwanderungspolitik der Briten gibt es immer wieder Proteste.
Am 14. April legt die "Theodor Herzl" als 30. Flüchtlingsschiff in Haifa an. Auf dem Plakat steht auf Englisch: "Die Deutschen haben unsere Familien und unser Zuhause zerstört - Zerstört nicht unsere Hoffnungen".
Spektakulär ist der Fall des Flüchtlingsschiffs "Exodus". Mit mehr als 4000 Passagieren an Bord wird das Schiff im Juli 1947 von der britischen Marine vor Haifa aufgebracht.
Auf drei Gefangenenschiffen werden die Flüchtlinge zurück nach Frankreich geschickt. Da die weitaus meisten Juden nicht von Bord gehen wollen, lässt die britische Regierung sie - ausgerechnet! - nach Deutschland bringen.
Am 8. September kommen die drei Schiffe in Hamburg an. Die Passagiere werden mit Gewalt an Land gebracht und in den Lagern Pöppendorf und Am Stau nahe Lübeck interniert.
Doch die britische Regierung kann diesen Kurs nicht durchhalten. Die Flüchtlinge werden freigelassen.
Als Reaktion auf die Verhaftung von rund 3000 Juden zündet der Irgun des späteren Premiers Menachem Begin im Juni 1946 eine Bombe im King David Hotel in Jerusalem, einem Hauptquartier der Mandatsregierung. 90 Menschen kommen ums Leben.
Die Briten sitzen in Palästina zwischen zwei Stühlen. Am liebsten würden sie ihr Völkerbundsmandat zurückgeben oder an die USA weiterreichen.
"Die Menschen haben die ganze Angelegenheit satt", sagt der britische Hochkommissar in Jerusalem.
Bereits 1937 hatten die Briten einen Plan veröffentlicht, demzufolge Galiläa und ein Küstenstreifen jüdisch werden sollten. Das übrige Gebiet sollte Arabern vorbehalten bleiben. (Das Bild von 1941 zeigt den Aufbau des Kibbuz Negba. Außerhalb des Zauns stehen Araber.)
Mit dem Plan der Peel-Kommission sollte ein "nicht beizulegender Konflikt zwischen zwei nationalen Gemeinschaften innerhalb der engen Grenzen eines kleinen Landes" gelöst werden. Der Plan scheitert an der Ablehnung der Araber.
Zehn Jahre später beschließt die Regierung in London, das Mandat den Vereinten Nationen zu übergeben. Am 29. November 1947 stimmt die UN-Generalversammlung mit Zweidrittelmehrheit für den Teilungsplan. Großbritannien selbst enthält sich.
Die Probleme liegen auf der Hand: Innerhalb des jüdischen Territoriums leben mehr als eine halbe Million Araber, zehntausende Juden leben auf Territorium, das den Arabern zugedacht war.
Die jüdische Bevölkerung - hier in Tel Aviv - feiert den Beschluss, ...
... die Araber lehnen ihn ab.
Jerusalem soll nach den Plänen der UN unter internationale Verwaltung gestellt werden.
Bereits wenige Wochen nach dem UN-Beschluss 1947 brechen blutige Kämpfe zwischen Juden und Arabern aus.
Die Briten ziehen dennoch ab, sie überlassen das Land seinem Schicksal.
Am 14. Mai 1948 verkündet David Ben Gurion unter einem Porträt von Theodor Herzl im Stadtmuseum von Tel Aviv die Gründung des Staates Israel.
Doch auf die Geburtsstunde Israels folgt ein Krieg.
Denn kurz nach der Proklamation, um Mitternacht, läuft das britische Mandat für Palästina aus.
Die Angriffe der arabischen Nachbarn lassen nicht auf sich warten: Ägypten, Syrien, Jordanien, Libanon und Irak wollen einen Staat Israel nicht akzeptieren und attackieren jüdische Stellungen.
"Bevor wir langsam unsere mühsam erkämpfte Freiheit wieder verlieren und in 20 Jahren vielleicht als Sklaven jüdischer Herren enden, ...
... ziehen wir lieber jetzt in den Krieg und versuchen, die Entwicklung dieses Staates unmöglich zu machen", sagt der ägyptische Außenminister Khachaba Pascha damals.
Es wird ihnen nicht gelingen.
Der erste israelisch-arabische Krieg dauert 15 Monate ...
... und endet mit einer Niederlage der arabischen Allianz.
Den Palästinensern gilt die Gründung Israels als Nakba, als Katastrophe.
Schätzungsweise 750.000 Menschen aus Palästina werden aus ihren Dörfern vertrieben und leben fortan als Flüchtlinge.
Ein Problem, das bis heute nicht gelöst ist.
Die UN zählen derzeit rund 5,7 Millionen registrierte palästinensische Flüchtlinge.
Mit dem Unabhängigkeitskrieg kann Israel im Vergleich zum UN-Teilungsplan sein Staatsgebiet um rund ein Drittel erweitern.
Das Westjordanland und der Ostteil von Jerusalem werden Jordanien zugeschlagen.
Der Gazastreifen kommt unter ägyptische Herrschaft. Jerusalem wird zur Hauptstadt Israels erklärt. "Jerusalem war, ist und bleibt Israels Hauptstadt", beschließen die Abgeordneten des Parlaments (Knesset), das 1953 dorthin umzieht.
Trotz Waffenstillstandserklärungen bleibt das Verhältnis zwischen Israel und den umliegenden arabischen Staaten angespannt, viele Beobachter sehen die Zukunft des Landes düster. Der britische Außenminister Ernest Bevin etwa sagt 1948, dass sich der jüdische Staat nicht halten könne und der zionistische Traum ausgeträumt sei. Ein österreichischer Diplomat spricht von einer "Früh- und vielleicht Fehlgeburt".
Israel selbst hat indes viel damit zu tun, seinen jungen Staat zu etablieren und aufzubauen.
Mit dem Rückkehrgesetz von 1950 erhalten Juden aus aller Welt das Recht, nach Israel einzuwandern.
Allein zwischen 1947 bis 1950 immigrieren rund 250.000 Überlebende des Holocausts.
Bis 1958 wächst die Bevölkerung von 800.000 auf zwei Millionen.
Wirtschaftlich steht das Land vor einer enormen Herausforderung. Unterstützung bekommt es von westlichen Ländern wie den USA und der Bundesrepublik. Allerdings ist die Hilfe ausgerechnet aus Deutschland, dem Land der Mörder, in Israel umstritten.
Außenpolitisch ist der Druck ebenfalls groß, immer wieder kommt es zu Kriegen mit den Nachbarstaaten.
Im Zuge der Suez-Krise blockiert Ägyptens Präsident Gamal Abdel Nasser die Straße von Tiran, Israels Zugang zum Roten Meer, für israelische Schiffe.
Die Folge: Die israelische Hafenstadt Eilat ist über das Rote Meer nicht mehr erreichbar.
Ende Oktober 1956 erobern israelische Bodentruppen den Gazastreifen und weite Gebiete der Sinai-Halbinsel.
Doch die UN-Vollversammlung fordert ein Ende der Kämpfe. 1957 gibt Israel die eroberten Gebiete wieder auf.
UN-Sicherheitstruppen sorgen fortan für die Sicherheit an den Grenzen zwischen Israel, Ägypten und dem Gazastreifen. Ein Zustand, den Nasser auf Dauer nicht hinnehmen will.
Innenpolitisch unter Druck, beginnt er 1967 ein Pokerspiel, bei dem er Israel bis zum Äußersten reizt.
Im Frühjahr 1967 lässt er Truppen auf der Sinai-Halbinsel aufziehen, die unter UN-Aufsicht steht. Die Vereinten Nationen ziehen ab.
Dann maximiert er die Provokation: Nasser lässt die Straße von Tiran erneut schließen. Der strategisch wichtige Hafen von Eilat ist damit isoliert.
Offen spricht Nasser von einem bevorstehenden Krieg und erklärt am 26. Mai 1967: "Das wird eine große Schlacht und unser Hauptziel wird sein, Israel zu zerstören." Nassers Kalkül ist aber nicht unbedingt, einen Krieg heraufzubeschwören.
Er hofft offenbar, durch eine Demonstration der Stärke einen diplomatischen Erfolg zu erzielen. Ziel ist nach Ansicht vieler Historiker, seinen arabischen Führungsanspruch zu stärken.
Doch Nasser verspekuliert sich.
Am 5. Juni 1967 startet Israel einen Überraschungsangriff auf ägyptische Stellungen auf dem Sinai. 180 Jets benötigen nicht mehr als 90 Minuten, um große Teile der ägyptischen Luftwaffe zu zerstören.
Nassers Streitkräfte sind paralysiert.
In nur wenigen Tagen gelingt Israel die Besetzung der Halbinsel.
Am 8. Juni stimmt Kairo - besiegt und gedemütigt - einem Waffenstillstand zu.
Ähnlich ergeht es Syrien und Jordanien, die an der Seite Ägyptens in den Krieg eintreten: Auch die Luftstreitkräfte der beiden Nachbarn Israels sind binnen weniger Tage praktisch nicht mehr existent.
Israel fallen der Gazastreifen, das Westjordanland, die Golanhöhen, der Ostteil Jerusalems sowie die komplette Sinai-Halbinsel zu.
Das Staatsgebiet vergrößert sich innerhalb kürzester Zeit auf mehr als das Doppelte.
Am 10. Juni endet der Krieg, als die letzten syrischen Truppen von den Golanhöhen fliehen. Ein Tag später wird der letzte Waffenstillstand unterzeichnet.
Für Israel ist der Sieg ein großer Triumph, der die Region bis heute beeinflusst. Viele hoffen, dass sich das Land damit auch auf lange Sicht militärische Sicherheit geschaffen hat.
1967 werden etwa weitere 250.000 Palästinenser aus den besetzten Gebieten vertrieben. Wer bleibt, muss seither mit Wartezeiten an Checkpoints und Versorgungsengpässen leben.
Israel beginnt noch im Kriegsjahr damit, Siedlungen in den besetzten Gebieten zu bauen. Viele Israelis träumen von einem "Groß-Israel".
Bis heute kontrolliert Israel das Westjordanland, die Golanhöhen und Ost-Jerusalem.
Nur wenige Tage nach Kriegsende treffen sich die besiegten arabischen Staaten in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. In einer Resolution beschließen sie: kein Frieden mit Israel, keine Verhandlungen mit Israel, keine Anerkennung Israels.
Die Stunde der Vergeltung sehen die zutiefst gedemütigten Araber am 6. Oktober 1973 gekommen.
An Jom Kippur, dem höchsten israelischen Feiertag, attackieren ägyptische Soldaten Israels Armee auf der Sinai-Halbinsel.
In die Golan-Höhen marschieren gleichzeitig syrische Einheiten ein. Der Angriff kommt völlig überraschend, der Mossad und der militärische Geheimdienst hatten nichts geahnt.
"Wir haben einfach nicht geglaubt, dass die Araber das konnten", sagt der spätere Direktor des Auslandsgeheimdienstes Mossad, Zvi Zamir. "Wir haben sie verachtet."
Die Lage ist kritisch, Ministerpräsidentin Golda Meir befiehlt sogar, 13 Raketen mit Atombomben zu bestücken. Erst nach einigen Tagen schafft Israel die Wende.
Innerhalb von zwei Wochen verdrängt die israelische Armee die Syrer aus den Golanhöhen und steht nur 30 Kilometer vor Damaskus.
Im Sinai ist die Lage für Israel katastrophal. Es verliert fast 50 Flugzeuge und 400 Panzer, Hunderte Soldaten sterben.
Einen "Albtraum" nennt General Ariel Scharon die Kämpfe, und US-Außenminister Kissinger wundert sich: "Wie konnten 400 Panzer an die Ägypter verloren gehen?"
Die USA unterstützen Israel daraufhin massiv und schicken ihnen in Großraumflugzeugen täglich tausend Tonnen Kriegsmaterial. Diese Luftbrücke habe "zweifellos dazu beigetragen, dass unser Sieg möglich wurde", sagt Golda Meir später.
Doch Ägypten kämpft entschlossen, zwischenzeitlich stehen 1000 ägyptische Panzer 750 israelischen gegenüber: Es wird die größte Panzerschlacht seit dem Zweiten Weltkrieg - die die Ägypter verlieren.
Der Krieg versetzt auch die USA und die Sowjetunion in Aufregung. Nach Druck der USA fordert der UN-Sicherheitsrat am 22. Oktober alle Parteien auf, das Feuer wieder einzustellen.
Der Krieg traumatisiert die israelische Öffentlichkeit. Ihre Armee hat große Verluste erlitten, das Sicherheitsgefühl ist dahin.
Ägyptens Präsident Anwar as-Sadat schafft es, den Krieg trotz der militärisch zweifelhaften Bilanz als Erfolg darzustellen. Die arabische Welt hat ihre Ehre wieder hergestellt, so scheint es, und gewinnt an Selbstbewusstsein. Die Grundlage für einen Austausch auf Augenhöhe ist geschaffen. Zur Überraschung der Weltöffentlichkeit sagt Sadat am 10. November 1977 vor dem ägyptischen Parlament:
"Ich erkläre hier mit vollem Ernst, dass ich bereit bin, ans Ende der Welt zu gehen - und die Israelis werden überrascht sein, dies zu hören - sogar in ihr Haus, in die Knesset selbst, um mit ihnen zu diskutieren, wenn ich damit den Tod eines einzigen ägyptischen Soldaten verhindern kann."
Nur 10 Tage später ist es so weit. Sadat redet in der Knesset und beginnt eine neue Phase der israelisch-arabischen Beziehungen: "Ich bin nicht gekommen, um eine separate Vereinbarung mit Israel zu unterschreiben. Das ist nicht meine Politik. Es geht nicht nur um unsere beiden Länder. Dieser Friede wird nur dann gerecht sein und Bestand haben, wenn er für alle gilt, für alle Nachbarn Israels und für das palästinensische Volk."
Kein Jahr später schütteln sich in Camp David Sadat und der israelische Ministerpräsident Menachem Begin erneut die Hände. Im März 1979 unterzeichnen sie einen Friedensvertrag. Dieser sieht die Rückgabe der Sinai-Halbinsel vor - einen dauerhaften Frieden bringt er Israel allerdings nicht. Sadat selbst wird später bei einer Militärparade von Islamisten ermordet.
1982 beginnt der Libanonkrieg - zwischen Israel und verbündeten Milizen auf der einen Seite und Kämpfern der PLO und syrischen Truppen auf der anderen Seite.
Es ist der erste größere Krieg, den Israel führt, ohne dass seine Existenz direkt bedroht ist. In den Augen vieler Israelis ist es ein Angriffskrieg. Wenige Jahre später muss Israel mit einer Front an anderer Seite kämpfen.
Im Dezember 1987 bricht die erste Intifada aus, der "Krieg der Steine". Die Palästinenser begehren gegen Israel auf.
Es ist ein Aufstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzung, besonders in den Flüchtlingslagern im Westjordanland entlädt sich der lange angestaute Zorn.
Kaum ein Palästinenser glaubt mehr, wieder in die Dörfer zurückkehren zu können, aus denen sie, ihre Eltern oder Großeltern im Unabhängigkeitskrieg vertrieben wurden.
Ein Ende der Auseinandersetzungen und wieder Hoffnung auf Frieden markieren die Oslo-Verträge von 1993. In Oslo hatten sich zuvor israelische Regierungsmitarbeiter heimlich mit Vertretern der PLO getroffen und einen Kompromiss ausgearbeitet:
Israel soll demnach etappenweise die besetzten Gebiete räumen, die dann eine Palästinensische Autonomiebehörde verwalten würde. Viele wichtige Fragen bleiben allerdings ausgeklammert, und bei radikalen Israelis wie Palästinensern ist das Abkommen umstritten.
Extremistische Palästinensergruppen wehren sich weiter gegen einen Staat Israel. Auf israelischer Seite protestieren vor allem Siedler und rechte Politiker gegen das Abkommen. Sie wollen den Palästinensern keinen eigenen Staat zugestehen.
Auf einer Friedensdemonstration am 4. November 1994 erklärt der Friedensnobelpreisträger Jitzchak Rabin, der das Abkommen unterzeichnet hatte und für einen weiteren Ausgleich mit der PLO warb, noch einmal seinen Weg: "Der Weg des Friedens ist dem Weg des Krieges vorzuziehen. Ich sage euch dies als jemand, der 27 Jahre lang ein Mann des Militärs war."
Kurz nach der Rede, auf dem Weg zu seinem Auto, ermordet ihn ein ultra-rechter jüdischer Student. Für ihn ist Rabin ein Verräter.
Der Anschlag auf Rabin bedeutet das Ende des Friedensprozesses, der erstmals seit Langem eine Chance gehabt zu haben schien. Sieben Monate später kommt Benjamin Netanjahu an die Macht, seitdem eskaliert die Gewalt.
Im September 2000 bricht die zweite Intifada aus. Im Gegensatz zur ersten Intifada verläuft dieser Aufstand deutlich blutiger, es wird die Stunde der radikalislamischen Hamas.
Bei zahlreichen Anschlägen, Raketenangriffen und Militäreinsätzen sterben rund 3000 Palästinenser und 1000 Israelis.
Anlass für die zweite Intifada ist eine Provokation des israelischen Oppositionsführers Ariel Scharon. Dieser besucht den arabisch verwalteten Tempelberg in Jerusalem und untermauert damit den israelischen Anspruch auf die ganze Stadt.
Die Aktion lohnt sich zumindest für Scharon: Wenig später wird er vor allem wegen seiner kompromisslosen Haltung gegenüber den Palästinensern zum Ministerpräsidenten gewählt: "Ich werde Jerusalem behalten, ich werde das Jordantal behalten und ich werde keine palästinensischen Flüchtlinge nach Israel lassen. Ich werde auch den Golan und den Negev behalten."
Dann ist es aber doch Scharon, der sich mit dem Präsidenten der Palästinensichen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, in Scharm El-Scheich einigt und im Februar 2005 die Intifada beendet.
Danach beginnt Israel, sich aus dem Gazastreifen und anderen Palästinensergebieten zurückzuziehen.
Scharon geht dabei davon aus, dass es kein Friedensabkommen geben werde - weshalb der Abzug einseitig sein müsse.
Allerdings erhöht sich die Sicherheit Israels dadurch nicht. Immer wieder wird Israel aus dem Gazastreifen mit Raketen beschossen.
Es reagiert seinerseits mit Bombardements auf den Gazastreifen: mit den Operationen "Gegossenes Blei" 2008 und 2009 sowie der "Schutzlinie" im Sommer 2014.
Die Kriege fordern Hunderte Tote, viele der Opfer sind palästinensische Zivilisten.
Im Juni 2006 sorgt überdies die Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit durch die Hamas für Aufsehen. Israelische Truppen dringen daraufhin in den Gazastreifen ein, doch können den zu diesem Zeitpunkt 19-Jährigen nicht befreien.
Schalits Schicksal erfährt in der israelischen Gesellschaft große Anteilnahme. Es kommt zu Kundgebungen, die sich auch gegen Netanjahu und seine Regierung richten.
2011, fünf Jahre nach der Entführung, einigen sich die israelische Regierung und die Hamas auf einen Gefangenenaustausch. Im Gegenzug lässt Israel 1027 palästinensische Häftlinge frei.
Auch mit seinen Nachbarn im Libanon gibt es keinen Frieden. Im Libanonkrieg im Juli und August 2006 bombardiert Israel die Hisbollah und setzt seine Soldaten im Süden des Landes ein.
Die Hoffnungen auf einen dauerhaften Frieden sinken immer weiter. Die USA, die sich lange um eine Vermittlerrolle im Nahen Osten bemühten, verspielen diese unter Präsident Donald Trump.
Mit der Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem heizt Trump noch einmal den Konflikt an. Für die Palästinenser ist dies eine "Provokation"; mit Demonstrationen und Flaggenverbrennungen machen sie ihrem Zorn Luft.
Auch Trumps Schwiegersohn, Jared Kushner, der mit einem Nahostplan das Unmögliche möglich machen soll, scheitert. Was wohl wenig verwunderlich ist, ist die Familie des Immobilienunternehmers doch mit Netanjahu befreundet.
Zum 70. Jahrestag der Gründung Israels kommt es 2018 zu Massenprotesten an der Gaza-Grenze.
Die israelischen Militärs reagieren harsch, bei den Gewaltausbrüchen sterben Dutzende Palästinenser.
Auch fünf Jahre später, kurz vor dem 75. Jahrestag der Staatsgründung, ist das Land von Unruhen erschüttert.
Zwar haben die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain als erste Golfstaaten noch in der Trump-Ära ein Annäherungsabkommen unterzeichnet.
Auch Marokko und der Sudan kündigen eine Normalisierung ihrer Beziehungen zu Israel an. Dies gilt als großer außenpolitischer Erfolg der damaligen Regierung Netanjahu.
Doch Netanjahu, inzwischen Chef einer rechts-religiösen Regierung, spielt nun wieder mit dem Feuer.
Dramatisch vertieft er die vorhandenen Risse in der Gesellschaft.
Wochenlang protestieren Zehntausende Israelis gegen die von ihm geplante Justizreform. Diese würde den Einfluss des Höchsten Gerichts beschneiden und die Machtposition der Regierung ausbauen.
Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer Staatskrise, sollte die Reform so umgesetzt werden.
Auch die Spannungen mit den Palästinensern nehmen wieder zu. Kurz vor dem 75. Jahrestag der Staatsgründung im Mai 2023 kommt es aus dem Gazastreifen zu massivem Raketenbeschuss.
Hunderte Raketen werden nach Angaben des israelischen Militärs Richtung Israel abgefeuert.
Israel reagiert seinerseits mit Angriffen auf den Gazastreifen. Allerdings sind derartige Kampfhandlungen für Israel nichts Neues.
Doch dann, fast auf den Tag genau 50 Jahre nach dem Jom-Kippur-Krieg, der Schock: Die Hamas überrascht Israel mit einer groß angelegten Terroraktion.
Der Angriff aus der Luft und vom Boden trifft Israel bis ins Mark.
Auf einem Festival verüben Hamas-Terroristen ein Massaker. 260 Menschen werden ermordet, weitere werden in den Gazastreifen verschleppt. Auch in Kibbuzim nahe des Gazastreifens ermordet die Hamas Hunderte Menschen - insgesamt weit über 1000.
Der israelische Ministerpräsident Netanjahu erklärt: "Bürger Israels, wir sind im Krieg".
Israel antwortet seither mit heftigen Bombardements im Gazastreifen. Dort sind nach palästinensischen Angaben bislang mehr als 2500 Menschen getötet worden.
Auch 75 Jahre nach der Staatsgründung kommt Israel nicht zur Ruhe. (ghö/hvo/mdi)