
Aus dem Welthandel ist der Suezkanal rund 150 Jahre nach seiner Eröffnung nicht mehr wegzudenken.
Für die Ägypter bleibt der Kanal ein Prestigeobjekt.
Der Suezkanal ist eine der am meisten befahrenen Schiffsrouten und eine wichtige Einnahmequelle für Ägyptens Wirtschaft. Nur der Tourismus bringt dem Land mehr Geld.
Auch für erfahrene Seeleute ist es kein Leichtes, einen 400 Meter langen Stahlriesen bei Strömung und Seitenwind durch eine schmale Schifffahrtsrinne zu steuern.
Der Wüstenwind kann hier mit stürmischen 40 oder 50 Knoten pro Stunde über den Kanal fegen und ein haushohes Schiff in einen "Ballon" verwandeln, wie Mohamed Roshdy sagt. Seit fast 40 Jahren arbeitet der Ägypter als Lotse am Suezkanal.
Das dürfte auch der "Ever Given" passiert sein. Das 224.000 Tonnen schwere, 400 Meter lange und 59 Meter breite Containerschiff blockiert den Kanal.
Der Hafenbehörde zufolge war der Riese im Zuge eines Sandsturms bei starkem Wind manövrierunfähig geworden, vom Kurs abgekommen und in der Nähe der Hafenstadt Suez auf Grund gelaufen. In beiden Richtungen staut sich der Wasserverkehr.
Der Verband Deutscher Reeder warnte vor den Auswirkungen einer längeren Blockade. "Das ist wie die Vollsperrung einer großen deutschen Autobahn. Je länger das dauert, desto deutlicher werden die Auswirkungen zu sehen sein", sagte ein Sprecher.
Auch wenn die Blockade des Suezkanals beendet sei, komme vermutlich auf die Häfen eine weitere Ballung zu. Dann kämen alle Frachter auf einmal zur Abfertigung.
Denn um den Suezkanal führen in der Schifffahrt nicht viele Wege herum - jedenfalls nicht für einen aus Saudi-Arabien oder dem Irak kommenden Öltanker, der unter engem Zeitplan die Niederlande, Italien oder die USA ansteuert.
Der Wasserweg ist 192 Kilometer lang und die kürzeste Schifffahrtsroute zwischen Europa und Asien, da er den Seeweg um Afrika unnötig macht. Eine Durchfahrt dauert in der Regel zwischen 11 und 16 Stunden.
Den Seeweg von Europa nach Indien verkürzt der Kanal um etwa 7000 Kilometer, der Umweg über das Kap der Guten Hoffnung könnte ein Schiff - je nach Route - bei 16 Knoten (etwa 30 km/h) bis zu zwei Wochen kosten.
Im eng getakteten Welthandel eine Ewigkeit.
Die enorme Zeitersparnis entzückt Händler, Schiffsleute und Politiker schon vor 150 Jahren, als der Bau am 17. November 1869 mit großem Pomp eröffnet wird.
5000 prominente Gäste aus aller Welt reisen an, um das damals größte Projekt des maritimen Weltverkehrs zu bestaunen.
Sie feiern bei Feuerwerk und einem Festball, denn Erbauer Ferdinand de Lesseps, ein französischer Diplomat, war im kargen Land eine technische Meisterleistung gelungen.
Nach Baubeginn im Jahr 1859 dauerte es zehn Jahre bis zur Eröffnung.
An der Suezkanal-Gesellschaft waren zunächst Frankreich und Ägypten beteiligt. 1875 übernahm Großbritannien den ägyptischen Anteil.
1882 besetzte Großbritannien Ägypten und die Kanalzone. 1888 wurde die Suezkanal-Konvention geschlossen.
Sie garantiert die Freiheit der Schifffahrt im Kanal - und gilt auch für Kriegschiffe aller Nationen.
1956 verstaatlichte Ägypten den Suezkanal. Kurz zuvor hatten die letzten britischen Truppen die Kanalzone verlassen.
Im Oktober 1956 kam es daraufhin zur Suezkrise. Britische, französische und israelische Truppen griffen Ägypten an. Wegen der Intervention der USA und der Sowjetunion kam es im Dezember zu einem Waffenstillstand.
Die Kanalzone wurde geräumt. Der Seeweg war allerdings bis zum Frühjahr 1957 durch versenkte Schiffe unpassierbar.
Der Sechstagekrieg zwischen Israel und Ägypten, Jordanien sowie Syrien im Juni 1967 sorgte für eine lange Schließung des Kanals. Israel besetzte das Ostufer, der Kanal bildete nunmehr die Grenze zwischen Israel und Ägypten.
Nach dem Jom-Kippur-Krieg 1973 geriet der Kanal wieder unter die Kontrolle Ägyptens.
Der Seeweg wurde 1975 wiedereröffnet.
Der Kanal wurde zu einer der weltweit am stärksten befahrenen Schiffsrouten. Nicht nur für den Containerverkehr zwischen Ostasien und Europa ist er von herausragender Bedeutung. Sondern vor allem für ...
... die Container-Schifffahrt ist es ein herber Schlag, wenn diese wichtige Route des Welthandels blockiert ist. 19.000 Schiffe durchfuhren den Suezkanal im Jahr 2020, im Schnitt fast 52 am Tag. Von einem "kritischen Engpass" spricht die US-Energiebehörde auch für den Handel mit Öl, Gas und Erdölprodukten.
Durch mehrfache Erweiterungen - zuletzt ein zweispuriger Ausbau auf zusätzlichen Abschnitten - soll der Kanal für Frachter und Container-Riesen attraktiv bleiben, unter anderem wegen kürzerer Wartezeiten.
Durch den Kanal fließen rund zwölf Prozent des globalen Frachtvolumens und etwa 30 Prozent des Containervolumens. (jga/dpa/rts)