Staatsoberhaupt mit geringer Macht Der Einfluss des Bundespräsidenten
30.06.2010, 12:13 UhrDer Bundespräsident bekleidet das höchste Amt im Staat, doch seine Macht ist eingeschränkt: Sein Einfluss hängt stark von der Persönlichkeit des Amtsinhabers ab.

Die Standarte des Bundespräsidenten auf dem Dach des Schlosses Bellevue.
(Foto: picture alliance / dpa)
Traditionell gilt das Staatsoberhaupt in Deutschland vor allem als moralische Autorität: Das Wort des Bundespräsidenten hatte in der Vergangenheit stets Gewicht. In Reden und mit anderen öffentlichen Äußerungen versuchten die Präsidenten, Einfluss auf Politik und Gesellschaft zu nehmen.
Die geringe politische Macht des Staatsoberhaupts ist eine Lehre aus der Weimarer Republik, in der der Reichspräsident weitgehende Kompetenzen besaß. Der letzte Reichspräsident Paul von Hindenburg hatte vor der Machtergreifung Adolf Hitlers ein "Präsidialregime" eingeführt. Er ernannte schließlich 1933 Hitler zum Reichskanzler. Aus dieser Erfahrung heraus begrenzten die Mütter und Väter des Grundgesetzes bewusst die Rechte des Bundespräsidenten.
Dem Staatsoberhaupt fällt heute vor allem die Aufgabe zu, Deutschland im In- und Ausland zu repräsentieren. Der Bundespräsident macht formell aber auch den Vorschlag für die Wahl des Bundeskanzlers, ernennt und entlässt den Kanzler und die Bundesminister sowie Bundesbeamte und Bundesrichter. Zudem übt er das Begnadigungsrecht aus und zeichnet Gesetze gegen, damit sie in Kraft treten können.
Kehrseite der Macht

Am 30. Juni wählt die Bundesversammlung einen neuen Bundespräsidenten.
(Foto: picture alliance / dpa)
Dass all diese Aufgaben durchaus politischen Sprengstoff bergen können, erlebte der vor einem Monat zurückgetretene Bundespräsident Horst Köhler. Ihm oblag es, nach der von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) herbeigeführten Niederlage bei der Vertrauensfrage im Bundestag 2005 seine Zustimmung zur Auflösung des Parlaments zu geben und Neuwahlen anzusetzen. Mit dieser Entscheidung stand Köhler ebenso im Kreuzfeuer wie mit seiner mit Verfassungsbedenken begründeten Weigerung, bestimmte Gesetze auszufertigen oder mit seinem Nein zum Gnadengesuch des ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar.
Auch die Kehrseite der Macht des Wortes bekam Köhler zu spüren: Für ein Interview zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr erntete er harsche Kritik - und begründete damit schließlich seinen Rückzug vom Amt des Bundespräsidenten.
Quelle: ntv.de