Dossier

Kontroverse um Sterbehilfe "Freitod respektieren"

In unserer erlebnis- und konsumorientierten Gesellschaft werden Siechtum und Tod oft verdrängt. Zwar hat der medizinische Fortschritt die Lebenserwartung der Deutschen innerhalb von 100 Jahren mehr als verdoppelt. Doch was ist, wenn die hinzugewonnenen Jahre nur eine Qual darstellen?

Einen neuen Anstoß bekam die Debatte um das Thema Sterbehilfe, als die umstrittene Schweizer Organisation "Dignitas" in Hannover ihr erstes Büro in D eröffnete. "Dignitas" wurde 1998 gegründet und hat heute 4800 Mitglieder. In 453 Fällen wurde bislang Sterbehilfe geleistet, davon reisten bei 253 Fällen Personen aus Deutschland in die Schweiz an. In so genannten "Sterbewohnungen" wird das hoch dosierte Schlafmittel Natrium- Pentobarbital zur Verfügung gestellt – nehmen muss es der Sterbewillige allerdings selber.

In der Beratungsstelle in Hannover will der Verein nach eigenen Angaben zunächst weder aktive noch passive Sterbehilfe leisten. Man werde sich auf die Beratung konzentrieren und daneben versuchen, die deutsche Debatte und Rechtssprechung zu beeinflussen, so der Generalsekretär der Organisation, Ludwig A. Minelli.

Der Hamburger Justizsenator Roger Kusch forderte in der Diskussion über Dignitas, die Freiheit eines jeden Menschen, über seinen Tod zu entscheiden, müsse respektiert werden. Das bedeute jedoch nicht, dass der Freitod gefördert werden solle. Schon zuvor hatte Kusch gefordert, die "Tötung auf Verlangen" ( 216) straffrei zu stellen – und hatte damit auf heftige Kritik gestoßen.

Thomas Rachel, Unionsvertreter in der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", sagte, die Tötung von Menschen sei ein Verstoß "gegen das christliche Menschenbild und die Menschenwürde." Die Deutsche Hospiz Stiftung äußerte sich "zutiefst entsetzt" über Kuschs Forderungen.

Dagegen stimmt die Mehrheit der Deutschen der aktiven Sterbehilfe zu. In einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des "Sterns" vertraten 74 Prozent die Ansicht, es solle Ärzten erlaubt sein, Schwerstkranken auf deren persönlichen Wunsch hin ein tödliches Mittel zu verabreichen. Lediglich 20 Prozent der 1004 Befragten lehnten die aktive Sterbehilfe ab.

Saskia Thal

Quelle: ntv.de

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