Regionalnachrichten

Berlin & BrandenburgFeuerwehr: Klimaschützer behinderten 119 Rettungseinsätze

12.06.2023, 10:19 Uhr
Ein-Aktivist-der-Klimaschutz-Initiative-Letzte-Generation-ist-mit-der-Hand-auf-die-Strasse-geklebt
(Foto: Matthias Balk/dpa/Symbolbild)

Seit knapp 18 Monaten sind die Straßenblockierer im Namen der Klimarettung aktiv, die Zahl der Anzeigen und Gerichtsakten wird immer größer. Aber obwohl auch Krankenwagen im Stau steckenbleiben, bewerten Gerichte die Aktionen sehr unterschiedlich.

Berlin (dpa/bb) - Krankenwagenfahrten und Rettungseinsätze der Berliner Feuerwehr sind bislang in 119 Fällen durch Straßenblockaden von Klimaschutz-Demonstranten behindert worden. Die Blockaden hätten "erhebliche Auswirkung" auf die Zeiten, in denen die Einsatzfahrzeuge nicht verfügbar seien, sagte Feuerwehrchef Karsten Homrighausen am Montag im Innenausschuss. Wegen der ohnehin immer weiter gestiegenen Einsatzzahlen tue jede weitere Minute im Stau "ganz besonders weh".

Unterdessen stellte das Landgericht Berlin fest, dass die Blockaden der Klima-Demonstranten juristisch nicht automatisch als Nötigung zu bewerten sind. Für eine Blockadeaktion der Initiative Letzte Generation auf der Stadtautobahn A100 verneinte das Gericht das, wie aus einem Beschluss von Mai 2023 hervorgeht. Es begründete dies unter anderem mit "üblichen Stauzeiten" in Berlin und der Möglichkeit, bei angekündigten Blockaden vorausschauend auf S-Bahn oder U-Bahn auszuweichen. Letztlich komme es aber bei der juristischen Bewertung auf die konkreten Folgen und das Ausmaß der jeweiligen Blockade an.

Auch am Montag blockierten Demonstranten der Letzten Generation wieder Straßen, diesmal an der Siegessäule in Berlin. Etwa zwölf Menschen seien an der Aktion beteiligt, einige davon an der Straße festgeklebt gewesen, sagte eine Polizeisprecherin. Polizisten machten die Straßen wieder frei. Mit ihren Aktionen will die Letzte Generation den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, stärker gegen die Klimakrise vorzugehen.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte im Innenausschuss, bislang habe es durch die Blockaden seit 2022 insgesamt 20 Stunden Verzögerung bei Fahrten der Feuerwehr gegeben. 579 Blockaden und 63 sonstige Vorkommnisse habe die Polizei bis jetzt gezählt. Etwa 450.000 Einsatzstunden der Polizei seien nur zu diesem Thema angefallen.

Die Polizei habe in 900 Fällen Verfahren für Gebührenbescheide gegen Blockierer erlassen, in 669 Fällen seien Kostenbescheide für den Polizeieinsatz erlassen worden. Meist beträgt die Höhe 241 Euro. Spranger sagte außerdem, Bund, Land und Bezirke wollten sich auch die Schäden an Straßen von den Blockierern bezahlen lassen. Ein Loch auf der Autobahn zu reparieren, koste 3000 Euro.

Polizeipräsidentin Barbara Slowik betonte, die Auflösung der Blockaden und die Strafverfolgung bedeuteten eine "extrem hohe zusätzliche Arbeitsbelastung für die Polizei". Auch für die Bußgeldstelle gehe es um eine "maximale Überlastung".

Zu der juristischen Frage der Nötigung sagte die Sprecherin der Berliner Strafgerichte, Lisa Jani: "Es gibt bei uns bislang keine Grundsatzentscheidung."

Das Landgericht hatte über eine konkrete Blockade vom 30. Juni 2022 entschieden und festgestellt, Nötigung treffe nicht zu. Mit einer Dauer von gut einer halben Stunde sei die Blockade "hinsichtlich der üblichen Stauzeiten" in Berlin "moderat" gewesen. Da die Letzte Generation zuvor bekannt gemacht habe, dass es an dem Tag Aktionen im Stadtgebiet gebe, sei ein "Umsteigen auf den öffentlichen Nahverkehr oder das Einplanen von mehr Zeit" (...) generell möglich" gewesen. Den Vorwurf des Widerstands bestätigte das Landgericht.

Zuvor hatte das Amtsgericht Tiergarten einen von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl nicht erlassen. Der Richter bewertete die Demonstrationsfreiheit als höheres Gut als den Vorwurf der Nötigung. Das Festkleben der Hand auf der Fahrbahn sah er nicht als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Das Amtsgericht erließ inzwischen Hunderte Strafbefehle gegen Blockierer, die von der Staatsanwaltschaft beantragt wurden. In der Regel geht es um Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Meist akzeptieren die Klima-Aktivisten den Strafbefehl und damit eine Verurteilung nicht, so dass es doch einen Prozess gibt. Mehrere solcher Verhandlungen gibt es inzwischen jede Woche beim Amtsgericht. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat nach eigenen Angaben knapp 1800 (Stand: 10. Mai) Verfahren zu Blockaden der Letzten Generation auf den Tisch bekommen.

Quelle: dpa

Regionales