Hamburg & Schleswig-HolsteinGrüne beschließen Leitfaden zur schnelleren Klimaneutralität

Hamburg hat entschieden: Die Stadt soll bis 2040 klimaneutral werden. Wie das gehen soll, ohne Bürger und Wirtschaft zu überfordern, ist in der Bürgerschaft umstritten. Die Grünen haben einen Plan.
Hamburg (dpa/lno) - Als erste in der Bürgerschaft vertretene Partei haben die Hamburger Grünen nach dem Volksentscheid zur Verschärfung der Klimaziele einen Maßnahmenplan beschlossen. Der als kleiner Parteitag bezeichnete Landesausschuss stimmte am Abend einem Leitantrag des Vorstands einstimmig zu. Unter dem Titel "Hamburg gemeinsam auf Kurs Zukunft: Klima und Stadtnatur schützen" werden darin verschiedene Maßnahmen aufgezeigt.
Unter anderem sollen die Wärmewende und die energetische Sanierung des Gebäudebestandes beschleunigt werden. Neben dem weiteren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs soll die Elektromobilität stärker gefördert werden. Energieintensiven Unternehmen soll durch CCS-Technik zur Kohlenstoffabscheidung und Lagerung die Dekarbonisierung erleichtert werden.
Finanziert werden sollen die zusätzlichen Maßnahmen den Plänen zufolge aus dem Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaneutralität" des Bundes.
Die Hamburgerinnen und Hamburger hatten sich am 12. Oktober beim sogenannten Zukunftsentscheid mit 53,2 Prozent für das Vorziehen der Klimaneutralität um fünf Jahre auf 2040 ausgesprochen. Damit hätten sie ein Zeichen gesetzt in einer Zeit, in der Klimaschutz vielfach infrage gestellt werde und es einen Rollback gebe, sagte der Co-Vorsitzende Leon Alam.
Fegebank: Bezahlbarkeit und Wirtschaftlichkeit im Blick behalten
Die Entscheidung der Bürger habe etwas mit Erfahrung zu tun. "Die Erfahrung, dass Klimaschutz in Hamburg nicht eine Politik des Verzichts oder gar der sozialen Härten ist, sondern dass sie das Leben auch besser, auch lebenswerter macht, wenn zum Beispiel mehr Busse fahren, wenn mehr Bahnen fahren, wenn die Fahrradwege immer besser werden, wenn die Stadt trotz Wachstum grün bleibt."
Um die Klimaneutralität fünf Jahre früher als bislang geplant zu erreichen, müsse man die Menschen in der Stadt mitnehmen, sagte die Co-Vorsitzende Selina Storm. "Wir wollen Lust machen auf eine grüne, sozial gerechte Zukunft."
Auch sie sei "total zuversichtlich", dass die Klimaneutralität bis 2040 erreicht werden könne, sagte Umweltsenatorin Katharina Fegebank. "Aber wir müssen die Sozialverträglichkeit, die Bezahlbarkeit, die Wirtschaftlichkeit im Blick behalten."
Wärmepumpen-Leasing und 10.000 E-Ladesäulen
Nach den Plänen der Grünen soll die Wärme schnell klimaneutral produziert und die Gebäude so saniert werden, dass weniger Energie zum Heizen benötigt wird. "Wo Fernwärme nicht geht, da schlagen wir ein Wärmepumpen-Leasing eines städtischen Versorgers vor", sagte Alam. Es müsse gelingen, "Warmmietensteigerungen auf ein Minimum zu reduzieren und im Idealfall Warmmietenneutralität zu realisieren", heißt es in dem Papier.
Im Bereich Verkehr sollen neben dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zur Förderung der Elektromobilität bis 2030 mindestens 10.000 E-Ladesäulen in der Stadt öffentlich zugänglich sein. Zudem sollen dort, wo es möglich ist, Tempo-30-Zonen und Schulstraßen eingerichtet werden.
Um die Öffentlichkeit möglichst breit zu beteiligen, schlagen die Grünen einen Bürgerrat vor, der alle vier Jahre eingerichtet wird, um die gesetzlich vorgeschriebene Fortschreibung des Klimaplans zu begleiten.
Finanziert werden sollen die zusätzlichen Maßnahmen nach den Plänen der Grünen aus dem Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaneutralität" des Bundes, aus dem Hamburg in den kommenden zwölf Jahren jedes Jahr zusätzlich 226 Millionen Euro zur Verfügung gestellt würden.
Grüne kritisieren CDU-Pläne, den Volksentscheid zu kippen
Heftige Kritik äußerten alle Redner an den Plänen der CDU, den Volksentscheid durch ein Änderungsgesetz in der Bürgerschaft wieder zu kippen. "Es ist ein massiver Affront und ein merkwürdiges Demokratieverständnis", sagte Grünen-Fraktionschef Michael Gwosdz. Es zeige, was die CDU "von den Menschen in Hamburg hält, nämlich nichts".
Gwosdz forderte den CDU-Fraktionsvorsitzenden Dennis Thering auf, den Antrag zurückzuziehen und sich bei den Hamburgerinnen und Hamburgern zu entschuldigen.
Thering wies die Kritik zurück. Es gehe nicht um ihn selbst oder die CDU. "Es geht um das Wohl unserer Stadt." Vielmehr seien es die Grünen, die "sich mit ihren unausgereiften, unrealistischen und teuren Vorschlägen für die Umsetzung des Klimaentscheids gegen die Menschen in Hamburg" stellten, sagte er.