HessenFeierlust versus Ruhe: Städte begrenzen Lärm bei Festen

Zu laut bis in die Nacht hinein: Bei Festen mit Musik gibt es immer wieder Beschwerden. Die Kommunen versuchen schon im Vorfeld, den Lärm so gering wie möglich zu halten. Darmstadt will prüfen lassen, inwieweit Lärmgrenzen festgelegt werden müssen.
Darmstadt/Frankfurt/Kassel (dpa/lhe) - Ausgelassen feiern auf Stadtfesten mit Bühnen und Livebands - aber bitte mit einigermaßen erträglicher Lautstärke. Beim Schlossgrabenfest unlängst in Darmstadt funkte eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes kurz vor dem Start des Festes den Veranstaltern dazwischen und ordnete Lärmobergrenzen an. Der Grund: Eine Entscheidung nach einem Eilantrag eines Anwohners. Zu manchen Zeiten sollten 55 Dezibel nicht überschritten werden. Laut Homepage des Regierungspräsidiums ist dies die Schwelle, die eine Kommunikation erschwert. Für ein solch großes Open-Air-Festival mit mehr als 60 Bands sicher eine niedrige Schwelle. Die Stadt will Klarheit und legte Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel ein.
"Es geht darum, inwieweit Lärmgrenzen festgelegt werden müssen", sagte ein Sprecher der Stadt. Für das Heinerfest ab Ende Juni seien nun erstmals Lärmgrenzen festgelegt worden. Wann mit einer Entscheidung von Hessens obersten Verwaltungsrichtern zu rechnen ist, sei unklar. "Wenn es eine Präzedenzentscheidung ist, werden sich das andere Kommunen auch anschauen." Dort gibt es bereits verschiedene Maßnahmen zum Lärmschutz, aber auch immer wieder Beschwerden, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.
In Frankfurt kommt es immer wieder zu Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern. "Um die Lärmbelästigung zu reduzieren, werden zahlreiche Möglichkeiten genutzt und im Einzelfall festgelegt", heißt es beim dortigen Ordnungsamt. So werden die Beschallungszeiten festgelegt oder sogenannte Limiter eingesetzt. Sollte es dennoch zu laut werden, kann schon mal die Stadtpolizei vorbeikommen, damit die Musik leiser gestellt wird.
Bei kommerziellen Veranstaltungen oder Festivals wird vorab eine Schallprognose erstellt, wie ein Sprecher des Amts sagte. Dabei optimieren Sachverständige die Ausrichtung der Schallrichtung oder überprüfen die Aufstellung von Lärmschutzelementen. Die Lautstärke während der Feier kann an vorab definierten Messpunkten überwacht werden. Die Einhaltung des Lärmschutzes werde stichprobenartig oder bei akuter Beschwerdelage überprüft. Bei Verstößen kann gegebenenfalls ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden.
Die Stadt Hanau versucht nach eigenen Angaben beispielsweise durch eine geschickte Positionierung von Bühnen, angepasste Zeiten der Musikbeiträge und der Wahl der Musikart schon im Vorfeld, eine eventuelle Lärmbelästigung der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Bei dem gerade erst zu Ende gegangenen Lamboyfest in der Innenstadt wurde die Musikbeschallung demnach freitags und samstags um Mitternacht und sonntags um 22.00 Uhr beendet. Beim Weinfest, das im August im Schlossgarten gefeiert wird, endet die Musik von Donnerstag bis Samstag um 23.00 Uhr und am Sonntag um 18.00 Uhr. Dabei werden die allgemeinen Vorschriften der Freizeitlärmrichtlinie beachtet.
Das Einhalten der Lärmobergrenzen liegt in der Verantwortung der Veranstalter. "Da wir bei den großen Stadtfesten selbst Veranstalter sind, überwachen wir alles selbst", sagte Magistratssprecherin Güzin Langner. Beim Ordnungsamt habe es in der Vergangenheit nur vereinzelte Lärmbeschwerden gegeben. So gab es beim jüngsten Lamboyfest zwei Lärmbeschwerden und bei dem beschaulicheren Weinfest in all den Jahren noch überhaupt keine.
Auch in Wiesbaden gibt es nach Angaben einer Sprecherin des Magistrats immer wieder mal Anwohner, die sich gestört fühlen. Die Landeshauptstadt richtet sich bei den Lärmobergrenzen nach der Freizeitlärmrichtlinie von Bund und Ländern. Um die Lärmbelästigung zu reduzieren, gebe es eine frühzeitige Planung bei den Beschallungseinrichtungen. Diese sollten möglichst zu einer den Anwohner abgewandten Seite aufgestellt werden. Während der Konzerte werde die Einhaltung der Grenzwerte durch Messungen überwacht. Bei Verstößen würden Bußgelder drohen und bei Wiederholungen auch Verbote für künftige Veranstaltungen.
In Kassel werden in den Genehmigungen für Konzerte detaillierte Vorgaben zum Schutz der Anwohner durch Lärm gemacht. Dazu gehörten auch eine klare zeitliche Begrenzung und die Vorgabe von Messungen während der Veranstaltung, teilte Sprecher Victor Deutsch mit. Die zeitlichen Begrenzungen liegen in der Regel bei 22.00 Uhr, in Ausnahmefällen bei 23.00 Uhr. Die Lärmobergrenzen für Konzerte ergeben sich auch hier aus der Freizeitlärmrichtlinie.
Nach Konzertende, in der Regel für den nächsten Tag, wird zur Kontrolle die Vorlage eines Messprotokolls verlangt. Bei Verstößen wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Von einer theoretisch möglichen Verfügung zum Abbruch eines Konzertes sieht die Stadt aus Sicherheitsgründen ab. Konflikte mit Anwohnern wegen der Feste seien eher selten, sagte Deutsch. Bei lauten Veranstaltungen, wie etwa Konzerten, komme es in seltenen Fällen zu Beschwerden. Größere Konflikte oder Klageverfahren seien der Stadt nicht bekannt.
Im südhessischen Bensheim gibt es der Stadt zufolge keine Konzerte im klassischen Sinn in der Innenstadt. Sollte es wie beim Winzerfest aber Musik geben, orientiere man sich auch hier an der Freizeitlärmrichtlinie. Mit Anwohnerbeschwerden hat die Stadt nach eigener Auskunft keine Probleme. Die gebe es nicht.