HessenRhein wirbt für späten Start des Landtagswahlkampfes

Ministerpräsident Rhein sieht die schwarz-grüne Koalition rund ein Jahr vor der Landtagswahl gut aufgestellt. Der CDU-Chef lobt im dpa-Gespräch auch die Zusammenarbeit mit der Opposition von SPD und FDP beim Hilfspaket.
Wiesbaden (dpa/lhe) - Angesichts der aktuellen Krisen hat Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) dafür plädiert, 2023 nicht zu früh in den Landtagswahlkampf zu starten. Die Bürgerinnen und Bürger hätten derzeit andere Sorgen, sagte er in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden. "Ich bin sehr dafür, dass wir so lange wie möglich ein ganz reguläres Regierungs- und Verwaltungshandeln hier in Hessen haben."
Die Probleme etwa mit den steigenden Energiepreisen seien derzeit so groß, dass die Parteien nicht anfangen sollten, sich mit sich selbst zu beschäftigen, sagte der Ministerpräsident. Die nächste Landtagswahl in Hessen ist voraussichtlich im Herbst 2023.
Die schwarz-grüne Koalition arbeite partnerschaftlich und konstruktiv zusammen, sagte Rhein. Beim Thema Vorratsdatenspeicherung habe es keinen Streit gegeben, sondern "lediglich die sehr klare Positionierung, dass wir da unterschiedlicher Auffassung sind". Der Regierungschef betonte, dass es bei zwei Parteien naturgemäß unterschiedliche Ansichten gebe, die hin und wieder ausgesprochen werden müssten.
Die öffentliche Forderung der CDU-Minister Peter Beuth (Innen) und Roman Poseck (Justiz) nach einer Speicherung von IP-Adressen hatte Ende November beim grünen Koalitionspartner nach eigenem Bekunden Befremden ausgelöst. Der Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Mathias Wagner, hatte in einer Pressemitteilung erklärt, die CDU-Minister gäben "nicht die Meinung der Koalition, sondern ihre eigene Meinung von sich".
"Man kann in einer Koalition sein, ohne so zu tun, als wäre man sich in allen Fragen einig", sagte Rhein. "Insbesondere bei Fragen, die man gar nicht in seiner eigenen Regierung entscheiden kann, sondern die in Berlin zu entscheiden sind." Wichtig sei, dass sich Schwarz-Grün bei den Fragen, die in Hessen entschieden werden können, keinen öffentlichen Streit leiste. "Und das wollen wir auch nicht tun." Man werde in Hessen nicht erleben, "dass aus Koalitionsrunden heraus geplaudert wird".
Zu den großen Themen der Hessen-CDU zählen nach Rheins Worten die Innere Sicherheit, Polizei und Katastrophenschutz sowie Wirtschafts- und Industriepolitik. Handwerk und Mittelstand prägten das Bundesland ebenso stark wie die Automobil- und die Pharmaindustrie, ergänzte der CDU-Landesvorsitzende.
Zudem stehe für ihn das Thema Zusammenhalt ganz oben auf der Tagesordnung. Als Beispiel nannte der Ministerpräsident das hessische Hilfspaket, das die Folgen der Energiekrise für Menschen und Unternehmen abfedern soll. Dies sei in einem überparteilichen und überfraktionellen Prozess gemeinsam mit den Oppositionsfraktionen von FDP und SPD zustande gekommen.
Das Amt des Ministerpräsidenten, das er Ende Mai 2022 von Volker Bouffier übernommen hatte, mache ihm viel Freude, sagte Rhein. "Mein Verständnis von diesem Amt ist, der Ministerpräsident aller Hessinnen und Hessen zu sein." Er genieße sehr die Zusammenarbeit mit den anderen Länderchefs, nicht nur von der Union, sondern über die Parteigrenzen hinweg.
Die Hessen-CDU arbeite sehr eng mit der Bundespartei zusammen, betonte Rhein. Unter anderem gebe es einen regelmäßigen persönlichen Austausch mit dem Bundesvorsitzenden Friedrich Merz. "Ich schätze Friedrich Merz wirklich über die Maßen", sagte Rhein. Er habe die Führung und die Mitglieder der CDU miteinander versöhnt. "Und das ist eine enorme Leistung."
Seine politischen Aufgaben sieht Rhein zuerst in Hessen. "Ich empfinde mich in erster Linie als Landespolitiker, der sich um Hessen kümmert, als dass ich eine Rolle auf Bundesebene spielen wollte. Das hat für mich derzeit keine Priorität."