Mecklenburg-VorpommernJüdische Gemeinde: Wir fühlen uns nicht alleine gelassen

Das Gedenken an die NS-Pogromnacht gegen die Juden vor 85 Jahren fällt in eine Zeit, in der Israel Krieg gegen die Terrororganisation Hamas führt. Eine doppelte Belastung auch für Juden in Deutschland.
Rostock (dpa/mv) - Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Rostock, Juri Rosov, hat die Solidaritätswelle in Deutschland seit dem Angriff der Hamas auf Israel vor rund einem Monat hervorgehoben. Es gebe viele Hilfs- und Unterstützungsangebote aus der Politik, von der Polizei und der Gesellschaft. "Die Welle ist ziemlich groß und spürbar für uns. Für uns ist das wichtig. Wir fühlen uns nicht alleine gelassen", sagte Rosov der Deutschen Presse-Agentur.
Das Gedenken an die Pogromnacht sei aber in diesem Jahr anders und die Stimmung in der Jüdischen Gemeinde nicht gut. "Ich sehe das jeden Tag und spüre auch, dass viele Gemeindemitglieder sich Sorgen machen und Angst haben." So wollten einige Eltern nicht, dass ihre Kinder öffentlich über ihre Zugehörigkeit zum Judentum sprächen. "Sie haben wirklich Angst um ihre Kinder. Wie begründet diese Ängste sind, ist immer schwer zu sagen."
Zugleich würden auch Absagen von Schulklassen registriert, die die Jüdische Gemeinde besuchen wollten. "Die Lehrerinnen und Lehrer schreiben uns, sie müssten absagen, weil die Eltern Angst haben." Es seien eben nicht nur jüdische Eltern, die sich Sorgen machten. Aus demselben Grund gebe es auch einige Kündigungen beim jüdischen Sportclub Makkabi.
Rosov berichtete zugleich von einer großen Verbundenheit der Jüdinnen und Juden mit Israel, die sich derzeit stark zeige. "Dabei meine ich nicht so sehr den Staat, sondern in erster Linie das Volk Israel. Im Land Israel leben viele unserer Verwandten und Freude. In diesen Tagen sind unsere Gedanken bei ihnen." Die Jüdische Gemeinde in Rostock zählt rund 520 Mitglieder.
Die Übergriffe in der Pogromnacht ereigneten sich in Rostock vor allem am 10. November 1938. Auch am kommenden Freitag (10. November) trifft sich die Gemeinde zum Trauergebet auf dem jüdischen Friedhof im Lindenpark und geht danach zum Standort der alten Synagoge. Am Donnerstag (9. November) wird abends die Mono-Oper "Das Tagebuch der Anne Frank" in einer Volkstheater-Premiere in der Jüdischen Gemeinde aufgeführt.