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Mecklenburg-VorpommernMann betäubt und getötet - Jugendstrafe für 17-Jährige

21.02.2025, 14:56 Uhr
Am-Landgericht-Stralsund-ist-eine-17-Jaehrige-wegen-Totschlags-verurteilt-worden-nicht-wegen-Mordes-wie-von-der-Staatsanwaltschaft-gefordert
(Foto: Stefan Sauer/dpa)

Ein Mann wird betäubt und dann getötet. Nun ist eine 17-Jährige verurteilt worden, aber nicht wegen Mordes. Das Gericht sieht keine Heimtücke - entgegen der Staatsanwaltschaft.

Stralsund (dpa/mv) - Nach dem Urteil suchte die 17-Jährige Trost bei ihrem Vater, während sie mit den Tränen kämpfte. "Ich will nur sagen, dass es mir leidtut, dass ich das gemacht hab'", waren zuvor ihre letzten Worte während der Verhandlung am Freitag im Landgericht Stralsund gewesen. Gemeint war die Tötung eines 59-Jährigen im vergangenen Sommer in einer Greifswalder Wohnung.

Fünf Jahre Jugendstrafe wegen Totschlags - so fiel das Urteil des Gerichts aus. Die Jugendliche habe die tödlichen Schläge auf den Mann eingeräumt, sagte der Vorsitzende Richter. Obwohl der Mann zuvor durch ein präpariertes Getränk betäubt worden war, sah das Gericht - anders als die Staatsanwaltschaft - keine Heimtücke als Mordmerkmal gegeben.

Verurteilte leidet unter Asperger-Autismus-Syndrom

Der Vorsitzende Richter begründete dies mit dem Asperger-Autismus-Syndrom, das eine Gutachterin der nun Verurteilten attestiert habe. Wegen dieser Störung habe sich die Jugendliche nicht bewusst machen können, dass sie die wehrlose Lage des Mannes ausnutze. Bewusst sei ihr hingegen, dass man keinen Menschen töte. Strafmildernd bewertete das Gericht das späte Geständnis. Die Jugendliche habe zudem glaubhaft Reue gezeigt.

Der gesunde Mensch quäle nicht, es seien für gewöhnlich die Gequälten, die andere quälten, sagte der Richter. Nach Überzeugung des Gerichts hatte sich schon länger Groll bei der nun Verurteilten angestaut. Das spätere Opfer hatte die Jugendliche demnach längere Zeit mit Avancen bedrängt.

Späteres Opfer bedrängte die Jugendliche

Die Anwältin der Angeklagten sprach unter Verweis auf Zeugenaussagen sogar von einer mutmaßlichen Vergewaltigung. Der Mann habe ihr nachgestellt, Zukunftsfantasien ausgemalt und auch anzügliche Kommentare bezogen auf ihre Mutter gemacht. Die Jugendliche habe den Mann hingegen nicht gemocht. Auch die Staatsanwaltschaft erkannte an, dass das Bedrängen die Jugendliche wegen ihrer Störung besonders belastet habe.

Die Jugendliche hatte sich mit dem Mann vor der Wohnung eines Bekannten getroffen und ihm einen Drink gegeben, der unter anderem mit dem Ecstasy-Wirkstoff MDMA versetzt war. Als er später in der Wohnung bewusstlos war, habe sie spontan die Chance zur Tötung genutzt. Demnach attackierte sie den Hals des Mannes mit einem Frühstücksbrett mit massiver Gewalt. So sei unter anderem der Halsknorpel gebrochen.

Leiche eher zufällig entdeckt

Die Polizei fand die Leiche laut früheren Angaben eher zufällig Anfang Juli, weil gegen den 50-jährigen vorbestraften Wohnungsinhaber wegen mutmaßlicher Drogendelikte ermittelt wurde. Die starke Verwesung erschwerte laut Vorsitzendem Richter die Spurensicherung an der Leiche.

Dass der 50-jährige Wohnungsinhaber wie von der Jugendlichen dargestellt an der Tötung beteiligt war, konnte laut Gericht nicht nachgewiesen werden. Es verurteilte ihn wegen unterlassener Hilfeleistung zu sechs Monaten Haft - wegen seiner zahlreichen Vorstrafen ohne Bewährung. Er hätte auch nach der Tat noch Hilfe holen müssen, auch wenn unklar gewesen sei, ob das Opfer noch lebte.

Jugendstrafrecht setzt Fokus auf Erziehung

Mit Blick auf die nun Verurteilte betonte der Vorsitzende Richter nicht nur die vorliegende Autismus-Spektrum-Störung. Es handele sich zudem um eine Jugendliche ohne nennenswerte Vorstrafen. Im Jugendstrafrecht gehe es vor allem um Erziehung. "Rufe nach Rache und Vergeltung sind im Jugendstrafrecht fehl am Platz."

Bei einer Jugendstrafe handelt es sich um eine Freiheitsstrafe, die in einer Jugendanstalt verbüßt wird. Die fünf Jahre könne die Jugendliche nicht nur für eine Ausbildung nutzen, sondern auch um das Problem ihres Autismus und Alkoholkonsums anzugehen, sagte der Vorsitzende Richter. Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hatte für die Jugendliche eine achtjährige und die Verteidigung maximal eine dreijährige Jugendstrafe gefordert.

Quelle: dpa

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