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Rheinland-Pfalz & SaarlandSpezialbegabung Super Recognizer bei der Polizei gefragt

22.05.2023, 13:55 Uhr
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(Foto: Andreas Arnold/dpa)

Nur von Fotos bekannte Gesichter Jahre später wieder erkennen? Das können nur ganz wenige Menschen. Deren besondere Begabung will die rheinland-pfälzische Polizei künftig stärker für ihre Ermittlungen nutzen.

Mainz (dpa/lrs) - Bei Fußballspielen und Volksfesten kann Florian Ecker Menschen finden, die trotz eines Stadion- oder Aufenthaltsverbots gekommen sind. Selbst auf schlechten Fotos und Videomitschnitten aus Überwachungskameras erkennt er mutmaßliche Täter wieder und kann so Ermittlungen verschiedener Bundesländer zusammenführen.

Der 40 Jahre alte Hauptkommissar von der Autobahnpolizei Montabaur ist ein Super Recognizer. Menschen mit dieser Spezialbegabung sollen nach einem erfolgreichen Pilotprojekt bei der Polizei in Koblenz jetzt die Polizei landesweit verstärken.

Das Landeskriminalamt (LKA) will künftig zwei von ihnen in Vollzeit bei den Ermittlungen einsetzen. Dazu sollen bis zu zehn Super Recognizer pro Polizeipräsidium im Nebenamt kommen, wie der scheidende LKA-Vizepräsident Achim Füssel am Montag in Mainz ankündigte.

Als Super Recognizer werden Menschen bezeichnet, die sich Gesichter sogar auf teils verpixelten Aufnahmen außerordentlich gut einprägen und noch Jahre später wieder erkennen können. "Diese besondere Begabung haben nach aktuellem Forschungsstand rund ein bis zwei Prozent der Bevölkerung", sagte Michael Vomland, Leiter der Kriminalinspektion Neuwied. Viele bemerkten ihr Talent gar nicht.

Sie könnten sich auch Gesichter einprägen, die zum Teil maskiert sind. Super Recognizer brauchten anders als die Biometrie "nicht das perfekte Bild". "Diese Fähigkeit ist angeboren, Trainingseffekte haben nur einen ganz minimalen Effekt." Vomland hat gute Erfahrungen in dem Pilotprojekt bei der Polizei Koblenz mit dem Einsatz von sechs Super Recognizern in bestimmten Lagen gemacht.

Er habe Leute schon immer schnell erkannt, berichtet Ecker. Sein älterer Bruder und seine Eltern hätten diese Fähigkeit nicht. Als er 2018 im Radio hörte, dass die Polizei in München für das Oktoberfest Super Recognizer suche, habe er sich im Internet informiert, Studien gefunden und auch frei verfügbare Tests gemacht - und dabei "sehr gut abgeschnitten". Dann hörte er vom Pilotprojekt der Polizei Koblenz, meldete sich und bestand auch alle Tests.

Dabei musste er Gesichter, die er nur mit dunklen Mützen auf Schwarz-Weiß-Aufnahmen gesehen hatte, auf schlechten Aufnahmen wiedererkennen - auf einigen waren nur Teile des Gesichts zu sehen, auf einem anderen auch die ursprünglich von der Mütze verdeckten Haare. Ecker erkannte auch Männer und Frauen wieder von denen er zuvor nur 25 Jahre alte Abiturfotos gesehen hatte. Und er musste bei den Tests Menschen wieder erkennen, die er zuvor nur in einem Schwarz-Weiß-Film in einer Masse durch eine Stadt hatte gehen sehen.

"Super Recognizer nehmen Gesichter holistischer wahr als andere Menschen", berichtet Vomland. Ihre Gabe lässt sich auch nicht auf alles übertragen. "Autokennzeichen kann ich mir zum Beispiel viel schlechter merken als andere", berichtet Ecker. Die Fähigkeit, Gesichter außerordentlich gut wieder zu erkennen, sei der Forschung zufolge im Alter von 35 bis 45 Jahren am stärksten ausgeprägt. Einfacher sei es für ihn, Mitteleuropäer wieder zu erkennen als etwa Menschen aus Asien. Dies könne aber mit einem längeren Auslandsaufenthalt besser werden.

In dem Pilotprojekt der Koblenzer Polizei sei es mit Hilfe der Super Recognizer unter anderem gelungen, Täter im Internet im Zusammenhang mit Hate Speech zu identifizieren, berichtete Vomland. Dass eine dreiköpfige Diebesbande bundesweit und nicht nur regional unterwegs war, sei auch der Hilfe dieser Beamten herausgefunden worden und habe zur Festnahme des Trios in Niedersachsen geführt.

Auch auf Volksfesten seien Gewalttäter mit Aufenthaltsverbot detektiert worden. Dabei habe immer das Vier-Augen-Prinzip gegolten, also die Einschätzung zweier Super Recognizer, berichtet Ecker.

Quelle: dpa

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