Sachsen-Anhalt Erstes Dokument von Nietzsche kehrt nach Naumburg zurück
14.10.2025, 16:45 Uhr
Ein sensationeller Fund: Eine verschollen geglaubte Nietzsche-Karte von 1879 kehrt nach Naumburg zurück, wo das erste Nietzsche-Archiv stand. Bei einem Kongress wird sie gezeigt.
Naumburg (dpa/sa) - Nach 146 Jahren ist ein bedeutendes Schriftstück Friedrich Nietzsches (1844-1900) an den Ursprungsort des Nietzsche-Archivs in Naumburg zurückgekehrt. Es handelt sich um eine Karte, die der Philosoph am 18. November 1879 aus Naumburg an seinen glühenden Verehrer Otto Busse (1836-1889) in Berlin-Charlottenburg schrieb. "Dass dieses Stück nun nach Naumburg zurückkehrt, ist ein symbolträchtiger Moment in der Geschichte des Nietzsche-Archivs", sagte der Leiter des Nietzsche-Hauses und des Nietzsche-Dokumentationszentrums, Ralf Eichberg.
Das Dokument wird zur Eröffnung des diesjährigen Nietzsche-Kongresses am 16. Oktober 2025 erstmals der Öffentlichkeit im Nietzsche-Dokumentationszentrum präsentiert.
Karte zeigt Nietzsches Umgang mit einem Fan
Die Karte gilt als aufschlussreiches Zeugnis für Nietzsches Umgang mit den Grenzen von Verehrung und persönlicher Nähe. In dem kurzen Schreiben zeigt sich seine charakteristische Mischung aus Höflichkeit und entschiedener Distanz. Otto Busse, Sohn des Direktors der preußischen Bauakademie und ausgebildeter Geometer, hatte den Philosophen seit 1878 mit Briefen nahezu überflutet. Nietzsche reagierte zunehmend zurückhaltend – besonders, nachdem Busse offen antisemitische Ansichten äußerte. Schließlich öffnete Nietzsche die Schreiben seines Verehrers nicht mehr.
Die jetzt entdeckte Karte war lange verschollen und tauchte erst im Frühjahr dieses Jahres auf einem Berliner Flohmarkt auf. Ein Handschriftenhändler erkannte ihren Wert und bot sie der Friedrich-Nietzsche-Stiftung an. Mit finanzieller Unterstützung der Schweizer Elisabeth Jenny-Stiftung in Riehen wurde das Dokument schließlich für eine fünfstellige Summe angekauft.
Schwester sammelte handschriftliche Hinterlassenschaften
Das Nietzsche-Archiv wurde am 2. Februar 1894 im Haus Weingarten 18 in Naumburg von Elisabeth Förster-Nietzsche gegründet. Die Schwester des Philosophen machte es sich zur Aufgabe, sämtliche handschriftlichen Hinterlassenschaften ihres Bruders zu sammeln und zu editieren. Bereits zwei Jahre später zog sie mit den Beständen nach Weimar um, wo sie das Nietzsche-Archiv zum Zentrum eines umfassenden Kults um den Philosophen formte. Auch der schwer erkrankte Nietzsche wurde nach dem Tod der Mutter 1897 dorthin gebracht.
Seit 1994 wird das Nietzsche-Haus in Naumburg als Museum betrieben. Das angeschlossene Nietzsche-Dokumentationszentrum, das 2010 seine Arbeit aufnahm, widmet sich heute vor allem der Erforschung der geistigen Wirkungen Nietzsches in Philosophie, Literatur und Kunst.
Quelle: dpa