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Sachsen-AnhaltPolizei warnte früh vor Täter – Revierleiter soll aussagen

24.11.2025, 14:45 Uhr
Im-Ausschuss-ist-erneut-deutlich-geworden-dass-al-Abdulmohsen-vor-dem-Anschlag-bei-den-Behoerden-mehrfach-als-Anzeigenerstatter-sowie-als-Beschuldigter-in-Erscheinung-getreten-ist

Monate vor dem Anschlag in Magdeburg gab es Hinweise auf die Gefährlichkeit des Täters. Warum die Warnungen nicht zu Konsequenzen führten, wird den Untersuchungsausschuss weiter beschäftigen.

Magdeburg (dpa/sa) - Welche Hinweise hatte die Polizei vor der Todesfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt über die Gefährlichkeit des Täters? Polizeibeamte aus dem Salzlandkreis haben Monate vor dem Anschlag eine Überprüfung angeregt, ob der Mann in einem so sensiblen Bereich wie dem Maßregelvollzug als Arzt arbeiten sollte. Er und ein Kollege hätten Bedenken gegenüber dem Revierleiter vorgetragen, sagte der Sachgebietsleiter polizeilicher Staatsschutz im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Anschlag.

Er habe angeregt, "dass diese Person kritisch zu betrachten ist an seiner Arbeitsstelle". Hintergrund sei auch gewesen, dass man sich gefragt habe, was passiere, wenn es etwa zu einer Geiselnahme im Maßregelvollzug kommen sollte. Der Beamte ging davon aus, dass der Revierleiter im Anschluss entsprechende Telefonate geführt habe. Wie das weiter verfolgt worden sei, wisse er nicht. Letztlich hätte eine höhere Ebene gegebenenfalls an den Maßregelvollzug herantreten müssen, etwa das Innen- oder das Sozialministerium, sagte der Beamte.

Immer wieder fiel der Mann bei den Behörden auf

Zwei Beamte aus dem Bereich Staatsschutz hatten im Jahr 2023 eine Gefährderansprache gegenüber Taleb al-Abdulmohsen durchgeführt. Hintergrund war, dass er mit der Behandlung eines Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Köln unzufrieden war und dieser gedroht hatte. In dem Zuge erfuhren die Polizeibeamten, dass der Mann im Maßregelvollzug in Bernburg (Salzlandkreis) tätig war. Er arbeitete als Stationsarzt, sein Aufgabengebiet umfasste die psychiatrische Betreuung von Straftätern.

Später fuhr al-Abdulmohsen im Dezember 2024 mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt von Magdeburg. Sechs Menschen wurden getötet, mehr als 300 wurden zum Teil schwerst verletzt. Derzeit läuft am Landgericht Magdeburg der Prozess gegen den Mann aus Saudi-Arabien.

Revierleiter soll nun befragt werden

SPD-Obmann Rüdiger Erben sagte der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Sitzung, dass man nun den Revierleiter im Ausschuss als Zeuge laden wolle. "Den wird man hören müssen", sagte Erben.

Grünen-Obmann Sebastian Striegel betonte, erstmals sei deutlich geworden, dass im Polizeirevier Salzlandkreis über die Gefährlichkeit von al-Abdulmohsen gesprochen worden sei. Bisher sei offen, was danach geschehen und ob etwa der Arbeitgeber des Mannes gewarnt worden sei, so Striegel. Dies müsse jetzt aufgearbeitet werden.

Auch AfD-Innenpolitiker Matthias Büttner sagte, die Polizei habe die Gefahr erkannt. "Nun ist zu klären, wie mit dem Sachverhalt weiter umgegangen worden ist." Es stehe die Frage im Raum, wer nicht gehandelt habe, so Büttner.

Arbeitgeber hatte keine Hinweise auf Tat

Der ehemalige Arbeitgeber des Todesfahrers hatte nach eigenen Angaben keine Anhaltspunkte für die Tat. Der Mann sei zwar bei seiner Arbeit immer wieder auffällig geworden, unter anderem durch lange, wirre Mails, Unzuverlässigkeit und wenig Engagement, heißt es in einem Untersuchungsbericht. Das Unternehmen hätte jedoch nicht wissen können, dass al-Abdulmohsen eine solche Tat plante.

Im Untersuchungsausschuss wurde zudem erneut deutlich, dass al-Abdulmohsen vor dem Anschlag bei den Behörden mehrfach als Anzeigenerstatter sowie als Beschuldigter in Erscheinung getreten war. Ein weiterer Polizeibeamter aus dem Salzlandkreis räumte ein, dass er zwar Anzeigen von al-Abdulmohsen bearbeitete, jedoch nichts davon wusste, dass der Mann gleichzeitig Beschuldigter in anderen Verfahren war.

Politiker fordern besseren Informationsaustausch

Auch im Zuge der Gefährderansprache im Jahr 2023 soll es keinen näheren Austausch zwischen dem Anzeigenbearbeiter und den Kollegen des Staatsschutzes gegeben haben, die die Gefährderansprache durchführten.

Politiker fordern einen besseren Informationsaustausch innerhalb der Polizei. Im Polizeirevier Salzlandkreis sei einiges liegen geblieben, sagte FDP-Obmann Guido Kosmehl. "Der Informationsaustausch muss dringend verbessert werden", so Kosmehl.

Quelle: dpa

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