Sachsen-AnhaltSPD entscheidet über Koalitionsverhandlung mit CDU und FDP

CDU und FDP haben bereits das Mandat für die Gespräche, nun fehlt nur noch die SPD. Die muss aber gleich einen ganzen Parteitag von der Koalition mit Schwarz-Gelb überzeugen. Mehr als 150 Menschen könnten dann ab nächster Woche in die Koalitionsverhandlungen starten.
Leuna (dpa/sa) - Steuert Sachsen-Anhalt auf die erste schwarz-rot-gelbe Koalition seit 62 Jahren zu? Ein Landesparteitag der SPD könnte das am Freitag verhindern. Die bis zu 120 Stimmberechtigten entscheiden über den Antrag des Landesvorstandes, in Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP einzutreten. Bekommt der Antrag eine Mehrheit, können die Verhandlungen Anfang kommender Woche anfangen. CDU und FDP hatten für die Verhandlungen nur einen Vorstandsbeschluss benötigt, beide Landesvorstände votierten am Donnerstagabend einstimmig dafür.
Stimmt nun noch die SPD zu, sollen elf Themengruppen jeweils zu ihrem Fachgebiet Einigungen und Formulierungen für einen Koalitionsvertrag suchen. Bis zu fünf Delegierte entsendet jede Partei in jede Themengruppe. Wo und wann sich diese treffen, verabreden die Gruppen jeweils selbstständig. Fragen, in denen sich die Gruppen nicht einigen können, sollen dann von sogenannten Lenkungsgruppen diskutiert werden, die sich voraussichtlich jeweils aus den sechs Sondierern der Parteien zusammensetzen werden. Somit werden weit mehr als 150 Menschen an den Koalitionsverhandlungen beteiligt sein.
Einigen sich die drei Parteien auf einen Vertragsentwurf, müssen CDU und SPD sich den noch von der jeweiligen Basis absegnen lassen. Die FDP will ihren Mitgliedern zumindest Gelegenheit geben, sich zum Entwurf zu äußern. Die Beteiligung der Mitglieder dürfte etwa vier Wochen in Anspruch nehmen. Auf der nächsten Landtagssitzung am 16. September will die CDU dann Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) von der neuen Koalition in seine dritte Amtszeit wählen lassen.
Anders als bei den Landesvorständen von CDU und FDP ist die Zustimmung des SPD-Parteitags allerdings nicht sicher. Die Parteichefs Juliane Kleemann und Andreas Schmidt hatten sich zuversichtlich gezeigt, dass ihr Antrag auf die Koalitionsgespräche eine Mehrheit bekommt. In der SPD befürchten jedoch einige, gegen CDU und FDP, die sich in vielen Fragen einig sind, ihre Kernforderungen nicht durchsetzen zu können.
Die Jusos stellten bereits Bedingungen für ihre Zustimmung. Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) will nach Informationen der "Volksstimme" daher vorschlagen, die Verhandlungen mit CDU und FDP abzulehnen und stattdessen eine Koalition nur mit der CDU anzustreben. Die hätte jedoch nur eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme und ist Haseloff zu riskant - zumal die Loyalität des ein oder anderen CDU-Abgeordneten ihm gegenüber zumindest infrage steht. Schwarz-Rot gilt daher als unwahrscheinlich.
In der SPD hatten nach der Wahl viele auf eine Fortsetzung der schwarz-rot-grünen Koalition gehofft. Die hatten die Grünen aber schon am Tag nach der Wahl ausgeschlossen, weil sie nur in einer Koalition mitregieren wollen, die auf ihre Stimmen angewiesen wäre - was CDU und SPD ja zumindest rechnerisch nicht wären. Lehnt der SPD-Parteitag die Verhandlungen mit CDU und FDP ab, bliebe der CDU somit nur, eine Koalition mit FDP und Grünen anzustreben.
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