Frage & Antwort

Frage & Antwort Wie funktioniert Luftbetankung?

Hier sind es australische Kampfjets, die auf ihrem Weg in den Irak in der Luft betankt werden.

Hier sind es australische Kampfjets, die auf ihrem Weg in den Irak in der Luft betankt werden.

(Foto: dpa)

In letzter Zeit hat man häufiger Bilder von Kampfjets gesehen, die in der Luft betankt werden. Ich finde das faszinierend. Wie geht das? (fragt Volker P. aus Berlin)

Luftbetankung ist eine praktische Sache. Kann ein Kampfjet irgendwo zwischen den Wolken ein Flugzeug ansteuern und sich von diesem mit Treibstoff versorgen lassen, erspart das dem Jet eine zeitraubende und vielleicht auch strategisch ungünstige Landung. Das Kampfflugzeug kann länger unterwegs sein und es kann sich weiter vom Flugplatz entfernen. Sein Aktionsradius wächst; der Jet ist flexibler einsetzbar. Das ist wichtig bei militärischen Operationen. Und nur um solche geht es bei der Luftbetankung. Denn wie Andreas Schütz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sagt, findet sie "ausschließlich in der militärischen Luftfahrt Anwendung".

Ein Eurofighter hängt am Betankungsschlauch des Airbus A310 MRTT der Bundesluftwaffe.

Ein Eurofighter hängt am Betankungsschlauch des Airbus A310 MRTT der Bundesluftwaffe.

(Foto: Luftwaffe)

Als Tanker, die den Kampfjets als Zapfsäule dienen, kommen nur Flugzeuge mit einer speziellen Ausrüstung infrage - so etwa der Airbus A310 MRTT, über den die Bundesluftwaffe verfügt. MRTT steht für "Multi-Role-Transport-Tanker". Dieser Spezialflieger ist vielseitig. Er kann, wie uns Oberstabsfeldwebel Volker Mais vom Fliegerhorst Wahn erklärt, Passagiere transportieren oder als Frachter genutzt werden, er lässt sich zur fliegenden Intensivstation umbauen oder eben als Tanker einsetzen. Dann werden im unteren Laderaum vier Zusatztanks eingebaut, die bis zu 72 Tonnen Flugbenzin aufnehmen. Davon können 45 Tonnen an Kampfjets abgegeben werden. Mais erläutert, wie das gemacht wird:

Der Stutzen muss in den Korb

"Das Betankungssystem funktioniert nach dem 'Hose-and-Drogue-System'", sagt er. Hose ist dabei ein Schlauch, Drogue so etwas wie ein Fangtrichter oder -korb. "Aus Behältern, die unter beiden Tragflächen des Tankflugzeuges angebracht sind, rollt dann ein 22 Meter langer Kraftstoffschlauch aus", sagt Mais. "An dessen Ende befindet sich ein Betankungskorb und in diese Körbe verriegeln die Empfängerflugzeuge einen ausklappbaren Betankungsstutzen."

So stellt sich die Luftbetankung aus Sicht des Kampfjetpiloten dar.

So stellt sich die Luftbetankung aus Sicht des Kampfjetpiloten dar.

(Foto: Luftwaffe)

Die Kampfjets gehen also, so beschreibt es Schütz vom DLR, "hinter dem Tanker in Position und fahren den Betankungsstutzen oberhalb des Bugs aus. Dabei stehen die Piloten im Funkkontakt mit dem Tankoperator im Tankflugzeug." Der Tankoperator steuert den Schlauch mit dem Betankungskorb. Operator und Pilot haben dann die Aufgabe, Betankungskorb und -stutzen miteinander in Kontakt zu bringen. Keine Frage: Der Pilot muss seinen Kampfjet äußerst geschickt und präzise steuern können. Ist der Kontakt zwischen Stutzen und Korb einmal hergestellt, wird der Stutzen in den Korb gezogen und verriegelt. Die Druckbetankung beginnt.

Tanken bei 560 km/h

"Pro Minute kann der Airbus bis zu 1250 Kilogramm Treibstoff gleichzeitig über beide Seiten an die Empfängerflugzeuge abgeben", sagt Oberstabsfeldwebel Mais. "Die Flughöhe kann dabei zwischen 1500 und 9000 Metern liegen. Auch die Geschwindigkeit ist variabel: Die parallele Luftbetankung ist zwischen 370 und 560 km/h möglich." Doch die Mission erfordert eine gute Planung. Die geschieht im Vorfeld am Boden mithilfe einer speziellen Software. "Am Ende entsteht ein minutiöser Detailplan, in dem für jedes einzelne Flugzeug die Betankungszeiten und Spritmengen an einem bestimmten Ort im Luftraum festgelegt sind", sagt Mais.

Die Treibstoffübergabe kann nämlich nicht überall stattfinden. "In Deutschland", so der Oberstabsfeldwebel, "gibt es insgesamt vierzehn spezielle militärische Lufträume, die in einem festgelegten Höhenbereich zu Luftbetankungszwecken genutzt werden dürfen und dann für die zivile Luftfahrt gesperrt werden. Betankungsgebiet 'Saxon' zum Beispiel liegt bei Chemnitz, 'Gini' zwischen Oldenburg und Osnabrück."

Klappt auch im Dunkeln

Der Arbeitsplatz des Air Refuelling Officer: eine Bedien- und Kontrollkonsole im Tankflugzeug.

Der Arbeitsplatz des Air Refuelling Officer: eine Bedien- und Kontrollkonsole im Tankflugzeug.

(Foto: Luftwaffe)

Verantwortlich für die Vorbereitung und die ordnungsgemäße Durchführung der Luftbetankung ist der Tankoperator, der offiziell Air Refuelling Officer heißt. Während des Fluges sitzt er, wie Mais erläutert, an einer Bedien- und Kontrollstation, die hinter dem Tankercockpit eingerüstet ist. Von dort aus koordiniert und steuert er den Betankungsvorgang. "Mit seitlich im Rumpf eingebauten Video- und Infrarotkamerasystemen kann er das Geschehen auf zwei Bildschirmen seiner Konsole überwachen und aufzeichnen", sagt der Oberstabsfeldwebel. "Auch bei nächtlichen Einsätzen."

Hat ein Kampfjet dann aufgetankt, wird sein Betankungsstutzen entriegelt und der Jet kurvt ab. Je nach Plan kann nun der nächste Flieger am Tankerschlauch andocken.

So sah Luftbetankung 1923 aus.

So sah Luftbetankung 1923 aus.

(Foto: Wikipedia/gemeinfrei)

Übrigens: Als die Luftbetankung vor rund 90 Jahren zum ersten Mal gelang, war sie noch echte Handarbeit. Aus einem Doppeldecker vom Typ de Havilland D.H.4B-1 mit Zusatztank ließ die Besatzung damals über eine Falltür einen metallverstärkten Schlauch mit Schnellverschluss ab. Die Besatzung der darunter fliegenden de Havilland D.H.4 musste sich den Schlauch mit der Hand greifen und ihn in einen Tankstutzen einführen. Getankt wurde, bis der Kraftstoff in dem Stutzen sichtbar hochstieg. Mit fünf Tankmanövern blieb das Empfängerflugzeug so 37 Stunden und 15 Minuten in der Luft. Das war 1923 in den USA.

Quelle: ntv.de

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