Eine Badewanne pro Kopf Jeder trinkt 137 Liter Alkohol
03.04.2013, 14:52 Uhr
Der Griff zur Flasche: Bier und Wein sind als Volksdrogen beliebt und treiben viele Deutsche in die Sucht.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Volksdroge Alkohol fließt in Strömen - im Schnitt trinken die Deutschen 137 Liter Bier, Wein und Schnaps pro Jahr. Das geht aus dem Bericht der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen hervor. Experten berichten, dass Abhängige zunehmend alleine sind - weil kaum Geld für sie da ist.
Stolze 9,6 Liter reinen Alkohols kippt jeder Deutsche im Schnitt in sich hinein. Das entspricht 325 kleinen Flaschen Bier plus 27 Flaschen Wein, fünfeinhalb Flaschen Schaumwein und sieben Litern Schnaps. Diese eindrucksvollen Zahlen errechnete die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen für das Jahr 2011.
In ihrem nun veröffentlichten Jahrbuch warnen die Fachleute eindringlich vor den Gefahren des Konsums, der nur leicht zurückging. 2005 tranken die Deutschen durchschnittlich 10 Liter reinen Alkohols, vermischt in Bier, Wein und Co. Jährlich sterben ihren Angaben zufolge 74.000 Menschen, weil sie exzessiv trinken oder stark trinken und rauchen.
Zusammengerechnet ergibt die durchschnittliche Menge an Bier, Wein und Schnaps 137 Liter, also etwa eine volle Badewanne. Dabei sei der Grenzwert für einen risikoarmen Konsum für Frauen bereits mit einem kleinen Glas Bier erreicht. Für Männer liegt die Grenze bei zwei Gläsern. Diese Grenzwerte gelten aber nur für gesunde Erwachsene - wer etwa regelmäßig zur Zigarette greift, muss weitaus vorsichtiger sein.
Experten klagen: Staat spart an Suchthilfe
Doch Millionen Deutsche verlieren regelmäßig das rechte Maß, worunter die Allgemeinheit massiv leidet. Etwa 26,7 Milliarden Euro betragen laut den Suchtexperten allein in Deutschland die Therapiekosten sowie die Fehlzeiten am Arbeitsplatz und die frühzeitige Arbeitsunfähigkeit vieler Alkoholiker. Denn vielen schadet das Trinken nicht nur körperlich, sondern auch psychisch massiv. Hinzu kämen die vielen Alkoholtoten, die nicht einmal Alkohol getrunken haben: Unfallopfer etwa, die von einem betrunkenen Fahrer erfasst wurden.
Auch wenn das Problem bekannt ist - laut der Hauptstelle für Suchtfragen wird an den Hilfen für Alkoholiker gespart. Die Hauptstelle ist Dachverband von Trägern der Suchtberatungsstellen und der stationären Versorgung und klagt über zu geringe Zuschüsse. Die Städte, Gemeinden und Bundesländer verstünden die finanzielle Hilfen meist als freiwillig - die privaten Träger müssten deshalb oft 40 bis 60 Prozent selbst zahlen und gingen hohe Risiken ein, ihr Angebot überhaupt aufrechterhalten zu können.
Millionen sind süchtig nach Drogen und Medikamenten
Werden Hilfen vom Amt finanziert, seien sie oft zu kurz, um zu wirken, kritisierten die Suchtexperten. Deren Fazit fasste Theo Wessel vom Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland zusammen: Alle Leistungen seien vorhanden, "die Umsetzung der Hilfen im System der sozialen Sicherung weist aber noch deutliche Mängel auf".
Gute Nachrichten gibt es immerhin bei den Rauchern, denn der Tabakkonsum nimmt stetig ab. Vergangenes Jahr wurden nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes 82 Milliarden versteuerte Zigaretten "verraucht", im Jahr 2000 waren es noch 140 Milliarden. Dennoch hängen Millionen Menschen weiterhin an ihrem Glimmstängel.
Zu den Alkohol- und Zigaretten-Abhängigen kommen noch viele weitere Süchtige. So gehen die Fachleute von 2,4 Millionen Cannabiskonsumenten und rund 650.000 Konsumenten anderer harter Drogen wie etwa Heroin oder Crystal Meth aus, außerdem von Hunderttausenden Medikamentenabhängigen. Bei der Modedroge Crystal warnte die Hauptstelle für Suchtfragen allerdings vor Panik. Ob sie sich tatsächlich rasant verbreite, müssten erst noch Studien zeigen.
Quelle: ntv.de