Medizintourismus boomt weltweit Deutsche Hüften liegen im Trend
14.05.2012, 12:03 Uhr
Schönheitsoperationen werden eher nicht in Deutschland durchgeführt. Hierzulande werden vor allem Herzleiden, Krebs und Brüche behandelt.
(Foto: REUTERS)
Unterschiedliche Gesundheitssysteme und mehr Reisefreiheit machen weite Wege für Patienten interessant. 70.000 Menschen aus dem Ausland ließen sich 2011 in Deutschland operieren. Doch auch die deutschen Patienten reisen durch die Welt.
Während die Deutschen in erster Linie für ästhetische Operationen aus Kostengründen verstärkt ins Ausland reisen, kommen gleichzeitig immer mehr "Medizin-Touristen" aus anderen Ländern nach Deutschland. Dies geht aus dem aktuellen Report "Medical Tourism" der Organisation "Diplomatic Council" hervor. Die Studie untersucht die weltweiten Reiseströme aus medizinischen Gründen.
Allein im letzten Jahr fanden demnach über 70.000 "Reise-Patienten" aus 163 Ländern den Weg nach Deutschland. Als Hauptgründe für die Wahl Deutschlands nennt die Studie die zentrale Lage in Europa und die Mitgliedschaft in der Europäischen Union mit den damit verbundenen Reiseerleichterungen. Die meisten reisewilligen Patienten kamen aus den Niederlanden (11 Prozent), gefolgt von Frankreich (10 Prozent), Österreich (8 Prozent), Polen (8 Prozent) und Belgien (6 Prozent). Die Mehrzahl der "Medizin-Reisenden" unterzieht sich hierzulande kardiologischen, onkologischen oder orthopädischen Behandlungen.
Für die nächsten Jahre rechnet der DC-Report mit einer ansteigenden Einreisewelle nach Deutschland aus medizinischen Gründen. Vor allem neue Behandlungsmethoden und das Preis-Leistungsverhältnis sind im weltweiten Vergleich fast unschlagbar. So kostet etwa eine neue Hüfte in Costa Rica mehr als in Deutschland.
"Allerdings sind die hiesigen Kliniken noch zu wenig auf internationale Patienten eingestellt", moniert Dr. Bettina Horster vom "Diplomatic Council"."Die Wartezeiten sind häufig zu lang und der Komfort zu gering, um anspruchsvolle Patienten anzulocken. Vielen Kliniken mangelt es zudem schlichtweg an einer Ärzteschaft mit ausreichenden englischen Sprachkenntnissen. Auch den Bedürfnissen unterschiedlicher Religionen wird oftmals noch zu wenig Rechnung getragen."
Wie groß das Entwicklungspotenzial noch ist, zeigt der Vergleich mit anderen Ländern: Nach Jordanien beispielsweise reisten im letzten Jahr 250.000 "Medizin-Touristen", nach Singapur 600.000.
Quelle: ntv.de, dpa