Einzelzelle, Handyverbot und vielleicht zum Anstaltsmetzger Die wichtigsten Antworten zu Hoeneß' Zukunft
14.03.2014, 16:39 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Uli Hoeneß geht ins Gefängnis und verzichtet auf Revision. Aber: Wie groß ist seine Zelle? Darf er dort Fußball schauen? Wann kommt er frühestens frei? Und kann Hoeneß dann wieder Präsident des FC Bayern werden? Das sind die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Warum verzichtet Uli Hoeneß auf eine Revision?
"Natürlich" gehe man in Revision, hatte sein Verteidiger Hanns Feigen am Donnerstag nach dem Urteil noch verkündet. Keine 24 Stunden später entscheidet sich Hoeneß anders. In einer persönlichen Erklärung begründet er seinen Schritt folgendermaßen: "Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung. Steuerhinterziehung war der Fehler meines Lebens." Den Konsequenzen dieses Fehlers wolle er sich stellen.
Dass Hoeneß sich gegen eine Revision entschieden hat, ist eine Überraschung. "Er hätte vor dem Bundesgerichtshof gute Erfolgsaussichten gehabt", sagt der Steueranwalt Karsten Randt. Tatsächlich dürften für den scheidenden Bayern-Präsidenten auch persönliche Gründe ausschlaggebend gewesen sein: Er vermeidet die Schmach einer zweiten Niederlage vor Gericht und erspart sich die große psychologische Belastung, die ihm bis zum endgültigen Ende des Verfahrens bevorgestanden hätten. Dazu kommt: Je früher er seine Strafe antritt, desto schneller kommt er wieder frei und kann mit dem Kapitel abschließen.
Kann die Staatsanwaltschaft noch in Revision gehen?
Ja, das kann sie. Staatsanwaltschaft Achim von Engel hatte für Hoeneß eine Haftzeit von fünfeinhalb Jahren verlangt, das Urteil kam zu einer um zwei Jahre verkürzten Strafe. Rechtskräftig ist das Urteil gegen Hoeneß erst dann, wenn die Münchner Staatsanwaltschaft auf eine Revision verzichtet. "Wir werden das Anfang nächster Woche entscheiden", sagte Ken Heidenreich, Sprecher der Staatsanwaltschaft München II. Sollte die Staatsanwaltschaft in Revision gehen, müsste der Bundesgerichtshof entscheiden.
In welches Gefängnis muss Hoeneß und wann?
Hoeneß muss seine Strafe in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech verbüßen. Die JVA liegt etwa 110 Kilometer und 80 Autominuten von Bad Wiessee entfernt, wo er zurzeit noch lebt. Antreten muss Hoeneß die Haft sobald ihm die schriftliche Urteilsbegründung und die Ladung zum Strafantritt mit einem genauen Termin zugestellt werden. Dies kann frühestens ab Ende der kommenden Woche geschehen, sobald klar ist, dass die Staatsanwaltschaft keine Revision einlegt. Bis zu Hoeneß' Haftantritt werden vermutlich noch einige Wochen vergehen. In Landsberg saßen auch Dieter Zlof, der Entführer von Richard Oetker, und Adolf Hitler ein. Auf dem Gefängnisportal Knast.net schreibt eine Angehörige über die JVA: "Mein Sohn saß hier vier Monate ein. Ich bin bei meinen Besuchen immer sehr freundlich und nett behandelt worden. Es gab so gut wie keine Wartezeiten beim Besuch und eine sehr großzügige Besuchsregelung." Ein ehemaliger Gefangener schwärmt von dem guten Essen. Neben dem Gefängnis liegt übrigens ein Fußballplatz.
Was für Haftbedingungen erwarten Hoeneß?
"Es ist auch möglich, dass Herr Hoeneß Tür an Tür mit Gewaltverbrechern leben muss, oder mit ihnen gemeinsam in einer Zelle sitzt", sagt der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschland, Anton Bachl. Einen Promi-Bonus gebe es für Hoeneß nicht. Gesetzlich sind alle Häftlinge einer Strafvollzugsanstalt gleichgestellt. In der Regel erhält jeder Insasse im geschlossenen Vollzug jedoch eine Einzelzelle mit einer Größe von acht bis zehn Quadratmetern. Darin gibt es ein Bett, einen Schrank, einen Tisch, einen Stuhl und einen Nassbereich mit Waschbecken und einer separaten Toilette. Im Gefängnis muss Hoeneß Anstaltskleidung tragen, mit einer Ausnahmegenehmigung ist es theoretisch jedoch möglich, dass er eigene Kleidung tragen dürfte.
Wie jeder andere Häftling in Bayern ist der 62-Jährige zur Arbeit verpflichtet. "Herr Hoeneß ist ja Wurstfabrikant. Er kann also in der Küche oder beim Anstaltsmetzger arbeiten, wenn die Justizvollzugsanstalt dies anbietet", sagt Bachl. Teure Uhren und Handys sind im Gefängnis verboten, auch auf Stadion-Besuche wird Hoeneß vorerst verzichten müssen. Einen Fernseher darf er zwar in seiner Zelle haben, allerdings wird er dort "nur" die Bundesliga-Nachberichte in der Sportschau und keine Livespiele im Pay-TV schauen können. Die täglichen Kosten des Haftvollzugs betrugen in Bayern im Jahr 2011 rund 76,80 Euro pro Insasse.
Wie lange muss Hoeneß ins Gefängnis?
Richter Rupert Heindl verurteilte Hoeneß zu dreieinhalb Jahren Haft. Die ersten Monate wird er sicher im Gefängnis verbringen, aber wie lange er tatsächlich einsitzt, ist eine Ermessensentscheidung. Mit etwas Glück muss Hoeneß nur die Hälfte der Zeit hinter Gittern verbringen. Nach Paragraph 57 des Strafgesetzbuchs könnte seine Haftstrafe bereits nach 21 Monaten, also etwa im Frühjahr 2016, zur Bewährung ausgesetzt werden. Möglicherweise kann Hoeneß schon vorher erleichterte Haftbedingungen in einem offenen Vollzug in Anspruch nehmen. Wenn gewährleistet ist, dass er sich gut führt, keine Fluchtgefahr droht und er sozial eingebunden ist, könnte er nach Paragraf 11 des StGB den sogenannten "Freigänger"-Status genießen.
Hoeneß könnte dann theoretisch sogar Nachmittags-Spiele seines FC Bayern besuchen und müsste nur die Nächte in der JVA zu verbringen. Über mögliche Vollzugslockerungen entscheidet die Gefängnisleitung. Freigang und vorzeitige Entlassung auf Bewährung haben den Sinn, dass Straftäter sich wieder in die Gesellschaft integrieren können. Die Straftäter bekommen einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt, der ihnen den Übergang vom Gefängnisalltag in ein normales Umfeld erleichtern soll. Der Bewährungshelfer soll darauf hinwirken, dass der Täter nicht rückfällig wird.
Wie viel Geld muss Hoeneß nachzahlen?
Das Münchner Landgericht hat in seinem Urteil nur die Freiheitsstrafe gegen Hoeneß verhängt. In jedem Fall muss dieser die 28,5 Millionen Euro, die er hinterzogen hat, nachzahlen. Dazu kommen nachträgliche Zinsen von sechs Prozent pro Jahr und Säumniszuschläge. Die "Süddeutsche Zeitung" beziffert die Summe, die Hoeneß bezahlen muss, auf knapp 50 Millionen Euro. Wie hoch der Betrag wirklich ist, ermitteln die zuständigen Finanzbehörden in Rosenheim. "Das mag ein bis zwei Monate dauern, dann hat Hoeneß vier Wochen Zeit, um die Steuern zu bezahlen. Kann er das nicht, kann man den Steuerbescheid aussetzen, wodurch zusätzliche Zinsen auflaufen. Eine andere Möglichkeit ist, dass gegen ihn vollstreckt wird", sagt Steueranwalt Randt. Sicher ist: Die Nachzahlungen dürften den Großverdiener Hoeneß finanziell an seine Grenzen bringen. Richter Heindl erklärte im Prozess sogar: "Herr Hoeneß wird in diesem Leben nicht mehr die Möglichkeit haben, die Verlustvorträge geltend zu machen."
Könnte Hoeneß nach Ende der Haft in das Präsidentenamt des FC Bayern zurückkehren?
"Der FC Bayern München ist mein Lebenswerk und er wird es immer bleiben", schreibt Hoeneß, der alle Ämter niederlegt, in seiner Erklärung. Im Hinblick auf seine Haftstrafe ist eine Frage besonders spannend: Gibt es für Hoeneß ein Zurück nach Ende seiner Haft? Zuletzt hatte der Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten, in dem unter anderem die Topmanager von Adidas, Audi und VW sitzen, dem "Uli" die Treue gehalten. Dass dieser trotz der laufenden Ermittlungen im Amt bleiben durfte, brachte den Unternehmen viel Kritik ein.
Mit ihren Compliance-Erklärungen passt dies nämlich wenig zusammen. "Die Beachtung von Gesetz und Recht ist für die Adidas-Gruppe oberstes Gebot", heißt es etwa im Verhaltenskodex des Sportartikelherstellers. VW erklärt in seinem "Code Of Conduct" unter anderem, nur mit solchen Geschäftspartner Beziehungen zu unterhalten, von deren Integrität sie überzeugt sind. "Hält sich ein Geschäftspartner von Volkswagen nicht an diese Anforderungen, behält sich Volkswagen vor, die Geschäftsbeziehungen zu diesem Geschäftspartner durch außerordentliche Kündigung zu beenden." Eine Zusammenarbeit mit dem inzwischen verurteilten Steuerhinterzieher Hoeneß dürfte VW einen ernsten Interessenskonflikt einbringen. Eine Rückkehr des vorbestraften Hoeneß macht dies wohl noch unwahrscheinlicher, als sie ohnehin schon ist.
Quelle: ntv.de