"Ich bin noch nicht tot" Eltern empfangen SMS von der "Sewol"
17.04.2014, 11:44 Uhr
Viele der Eltern warten verzweifelt auf Nachrichten.
(Foto: dpa)
Die Zahl der Toten bei dem Fährunglück vor Südkorea steigt auf mindestens neun. Noch immer werden 287 Menschen vermisst. Die Hoffnung, noch Überlebende zu finden, geht nahe null. Doch dann geht eine SMS ein, die möglicherweise aus dem Wrack kommt.
Vor der Südwestküste Südkoreas suchen die Rettungsmannschaften weiter fieberhaft nach Überlebenden der Fährkatastrophe. Noch immer würden 287 Menschen vermisst, teilte die Küstenwache mit. Ein Sprecher der Küstenwache zeigte sich wenig hoffnungsvoll, noch Überlebende des schweren Unglücks zu finden. Die Chancen lägen bei "fast null", sagte er.
Doch möglicherweise haben sich doch Passagiere in dem sinkenden Schiff in Luftblasen retten können. Die verzweifelten Eltern setzen ihre Hoffnung auf eine SMS, die ein vermisster Junge in der vergangenen Nacht von der "Sewol" schickte.
"Ich bin hier in der Kabine. Ich kann nichts sehen, aber ich höre einige Mädchen und Jungen weinen", schrieb er. "Ich bin noch nicht tot. Bitte lasst die Leute wissen, dass wir noch hier sind", so lautete der Text der SMS, die n-tv-Reporter Alexander Grawe aus dem südkoreanischen Ansan verlas. Der Mobilfunkbetreiber überprüfe nun, ob der Junge die Nachricht tatsächlich in der Nacht versendet hat. Sie könnte auch schon früher verschickt, aber erst später empfangen worden sein.
Eisiges Wasser, schwere Strömung
Bereits seit Stunden suchen Taucher das Wrack der "Sewol" ab, von dem nur noch der Bug aus dem Wasser ragt. Die starke Strömung und schlechte Sicht erschweren die Arbeiten an der Unglücksstelle, berichtete der südkoreanische Rundfunksender KBS. Rund 169 Boote und 29 Flugzeuge werden Berichten der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap zufolge bei der Suche nach Überlebenden eingesetzt. Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg nach Angaben des Krisenstabs der Regierung vorerst auf neun. Einige der Opfer sind Schüler. 287 Menschen gelten noch als vermisst. Rund 180 Passagiere der Fähre konnten gerettet werden.
An Bord der "Sewol" hatten sich 475 Menschen befunden, darunter 325 Teenager von einer Oberschule aus einer Vorstadt von Seoul. Zusammen mit Lehrern waren sie auf einem Ausflug von der westlichen Küstenstadt Incheon zur südlichen Ferieninsel Jeju unterwegs, als das Schiff am Mittwochmorgen in Seenot geraten war. Wenige Stunden später sank die mehrstöckige Fähre.
Warum sank die "Sewol"?
Südkoreas Staatspräsidentin Park Geun Hye besuchte die Unglücksstelle, an der die Fähre gekentert war. Angesichts des kalten Wassers sei "jede Minute kritisch, falls es Überlebende gibt", sagte Park laut Nachrichtenagentur Yonhap.
Warum die Fähre verunglückte, ist weiterhin unklar. Ins Zentrum der Ermittlungen ist aber der Kapitän des Schiffs gerückt. Der Mann soll vom Kurs abgewichen sein und das sinkende Schiff als einer der Ersten verlassen haben, berichtet der "Focus" unter Berufung auf südkoreanische Medien. Der Kapitän äußerte sich zu dem Unglück: "Ich schäme mich. Es tut mir für die Familien der Passagiere so leid." Gegenüber der Zeitung "Dong A Ilbo" sagte er: "Die Fähre ist plötzlich gesunken. Ich weiß nicht, weshalb. Ich habe keinen Felsen gerammt."
Darüber hinaus deuten Berichte darauf hin, dass es Fehlentscheidungen der Crew gegeben hat. So hieß es im "ZDF", der Kapitän habe zu spät einen Notruf abgesetzt. Gerettete Passagiere berichten, man habe ihnen befohlen, in ihre Kabinen zu gehen und sich nicht vom Schiff zu bewegen. "Ich habe Angst um meine Freunde, die geblieben sind", sagte ein Mann. Die Weisung der Schiffsbesatzung könnte dazu geführt haben, dass Hunderte Menschen den Schiffsrumpf nicht rechtzeitig verlassen konnten.
Ermittler schließen laut KBS ein abruptes Wendemanöver nicht aus. Die Ermittlungszentrale der Küstenwache habe mittlerweile den Kapitän und weitere Besatzungsmitglieder befragt. Deren Aussagen ließen vermuten, dass ein ruckartiges Drehen des Schiffes im Zuge einer notwendigen Kursänderung vor der Insel Chindo zu der Katastrophe geführt haben könnte.
Bislang wurde auch nicht ausgeschlossen, dass die über 140 Meter lange Auto- und Personenfähre auf einen Felsen aufgelaufen sein könnte. Überlebende hatten von einem großen Knall vor dem Sinken des Schiffes gesprochen.
Quelle: ntv.de, sba/dpa/AFP