Panorama

Bewährung oder Knast? Hoeneß, der dreifache Zocker

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(Foto: picture alliance / dpa)

"Richtig gezockt" habe er damals an der Börse, sagt Uli Hoeneß über seine Zeit als Steuerhinterzieher. Nicht nur um Geld hat der Bayern-Präsident gespielt. Auch seine Freiheit hat er aufs Spiel gesetzt.

Schuldig? Oder nicht schuldig? Das fragt sich das Publikum  normalerweise, wenn Prominente vor Gericht stehen. Bei Uli Hoeneß ist die Frage längst geklärt: Der Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters Bayern München hat Steuern hinterzogen. Offen ist, ob seine Selbstanzeige ihm eine Strafe erspart.

Was Hoeneß zum Verhängnis werden könnte, ist in mehrfacher Hinsicht seine Zockerei. Zum einen seine Zockerei an der Börse. Das Geld dazu hatte er 2001 von einem Freund bekommen, dem mittlerweile verstorbenen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. In einem langen Interview mit der "Zeit" erzählte Hoeneß im vergangenen Mai, dass er schon "viel früher" angefangen habe zu spekulieren, jedoch "nie höher als 50.000 Dollar". Als die Dotcom-Blase platzte, habe er schwere Verluste eingefahren. Erst mit den Millionen von Dreyfus konnte Hoeneß wieder anfangen.

Sein Freund überwies ihm 20 Millionen Mark auf ein Konto bei der Zürcher Privatbank Vontobel - 5 Millionen als Kredit, 15 Millionen als Bürgschaft. Es sei immer klar gewesen, dass dies "ein Konto zum Zocken" war, "für nichts anderes". Von 2002 bis 2006 habe er "richtig gezockt", sagte Hoeneß, "ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem".

Das Limit liegt bei einer Million

Um wie viel Geld es dabei ging, hat Hoeneß weder der "Zeit" noch an anderer Stelle öffentlich mitgeteilt. Im Juli 2013 berichtete der "Spiegel", Hoeneß könne auf eine Bewährungsstrafe hoffen: Von den 3,2 Millionen Euro, die er insgesamt an Steuern hinterzogen habe, seien 2,3 Millionen bereits verjährt. Mit den übrigen 900.000 Euro würde Hoeneß innerhalb des Limits bleiben, in dem Bewährungsstrafen möglich sind: Seit 2008, seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs, ist Bewährung in der Regel ausgeschlossen, wenn mehr als eine Million Euro hinterzogen wurden.

Doch die "Spiegel"-Meldung aus dem vergangenen Sommer ist überholt: Im Februar berichtete die "Süddeutsche Zeitung", die Staatsanwaltschaft beziffere den Steuerschaden auf 3,5 Millionen Euro. Von Verjährung - die in Steuerstrafsachen zehn Jahre beträgt - ist nun keine Rede mehr. Die SZ berief sich auf die "wie ein Staatsgeheimnis geschützte Anklage". Stimmt die Zahl, dann muss Hoeneß sich darauf gefasst machen, eine Haftstrafe absitzen zu müssen.

Hoeneß setzt auf das Steuerabkommen

Die Staatsanwaltschaft geht nicht nur davon aus, dass Hoeneß' Selbstanzeige ungültig ist, sie hält sie laut "Focus" nicht einmal für strafmildernd. Schließlich habe der Bayern-Präsident die Selbstanzeige nicht aus freien Stücken verfasst, sondern weil er habe fürchten müssen, entdeckt zu werden. Denn auch hier hatte Hoeneß gezockt: Er hoffte, seine Steuerschuld auf der Basis des Steuerabkommens bereinigen zu können, auf das sich Deutschland und die Schweiz im August 2011 geeinigt hatten. Am 1. Januar 2013 sollte es in Kraft treten. Doch die rot-grün regierten Länder ließen das Abkommen im November 2012 im Bundesrat scheitern.

Zu diesem Zeitpunkt hatten deutsche Behörden bereits mehrere Steuersünder-CDs gekauft. Wie jeder andere Steuerhinterzieher auch musste Hoeneß damit rechnen, entdeckt zu werden. Er zockte weiter. Was Hoeneß da noch nicht wusste: Ende 2012 recherchierte "Stern"-Reporter Johannes Röhrig bereits seit Monaten nach einem Konto, dass ein deutscher Fußballfunktionär bei Vontobel unterhielt. Den Namen des Mannes kannte Röhrig nicht. Am 14. Januar 2013 richtete der Journalist zehn Fragen an die Bank. Die Antworten brachten ihn zwar nicht weiter, sie führten aber dazu, dass ein Vontobel-Mitarbeiter am 15. Januar Hoeneß anrief, um diesen zu warnen.

Die Selbstanzeige als letzter Ausweg

Der "Stern" brachte den Artikel am 16. Januar. Weder Hoeneß noch der FC Bayern wurden darin erwähnt. Aber Hoeneß wusste nun, dass er sehr bald auffliegen dürfte. Jetzt setzte er alles auf eine Karte, es war seine letzte: die Selbstanzeige. Um eine Strafe käme er so herum, dachte Hoeneß. Die Journalisten Georg Mascolo und Hans Leyendecker haben in der "Süddeutschen Zeitung" beschrieben, wie die Selbstanzeige in aller Eile in der Nacht vom 16. auf den 17. Januar zusammengeschustert wurde. "Es herrscht Panik, so wird es später einer der Beteiligten beschreiben", heißt es in ihrem Artikel.

Die von Hoeneß engagierten Anwälte um den renommierten Wirtschaftsstrafverteidiger Hanns Feigen wollten sich vor Beginn des Prozesses nicht zum Fall äußern. Zuletzt standen sie Berichten zufolge aber auf dem Standpunkt, dass die Selbstanzeige wirksam sei und ihr Mandat daher Anspruch auf einen Freispruch habe. Vor sechs Jahren vertrat Feigen Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel, als dieser wegen Steuerhinterziehung vor Gericht stand. Feigen riet Zumwinkel zu einem Geständnis und holte eine Bewährungsstrafe heraus.

Ein Geständnis hat Hoeneß mit der Selbstanzeige bereits abgelegt. Die Frage ist, ob das Gericht sie anerkennt. Gültige Selbstanzeigen, sagen Steuerberater, lassen sich kaum in einer Nacht erstellen. Eine Selbstanzeige muss alle steuerlich relevanten Kontovorgänge dokumentieren. Um es vorsichtig auszudrücken: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine gültige Selbstanzeige für einen Börsenzocker in nur einer Nacht erstellen lässt, ist nicht besonders hoch.

Der Richter gilt als "harter Hund"

Dass der Fall Hoeneß im April 2013 bekannt wurde, liegt übrigens nicht am "Stern", sondern am "Focus". Für Hoeneß ist der juristische Spießrutenlauf seither öffentlich. Ob sich dies strafmildernd auswirkt? Das wird vom Vorsitzenden der 5. Wirtschafts- und Steuerstrafkammer abhängen, von Richter Rupert Heindl also. Der 47-Jährige gilt als "harter Hund", der zuständige Staatsanwalt Achim von Engel ebenfalls.

Für das Verfahren am Landgericht II sind vier Verhandlungstage angesetzt. An diesem Montag sollen drei Steuerfahnder aussagen. Insgesamt sind nur vier Zeugen geladen. Das Urteil könnte bereits an diesem Donnerstag gesprochen werden. Dann wird man sehen, ob Hoeneß sich verzockt hat.

Quelle: ntv.de

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