Schlimmer Verdacht Organ-Kriminalität in großem Stil
03.08.2012, 06:44 Uhr
Die Zahlen aus dem Uniklinikum Regensburg legen nahe, dass auch nach dem Weggang des Oberarztes Patientendaten manipuliert wurden.
(Foto: dpa)
Der Organspendeskandal weitet sich nochmals dramatisch aus: Die Transplantationsstatistik der Uni-Klinik Regensburg legt den Verdacht nahe, dass der Täter nicht allein handelte, sondern die Manipulationen von Patientendaten System haben. Denn nachdem der Verdächtige seine Anstellung aufgab, wurden dort sogar noch mehr Lebern transplantiert.
Der Oberarzt der Uni-Klinik Regensburg ist wohl kein Einzeltäter. Die "Süddeutsche Zeitung" hat eine Statistik veröffentlicht, die nahelegt, dass die Manipulationen von Daten in Regensburg System haben: Denn nach dem Weggang des verdächtigen Arztes sank die Zahl der Lebertransplantationen nicht etwa, sondern stieg sogar an.
In der Klinik sollen von 2004 bis 2006 in 23 Fällen die Krankendaten bei Lebertransplantationen manipuliert worden sein. Das Krankenhaus hat Strafanzeige gestellt. Verdächtigt wird bislang vor allem ein Arzt, der im Jahr 2008 die Klinik verließ und nach Göttingen wechselte. Während dieser Zeit stieg die Zahl der Transplantationen in Regensburg deutlich an. Zu erwarten wäre gewesen, dass nach dem Weggang des Arztes die Zahl wieder sank.
Doch die "Süddeutsche Zeitung" schreibt nun, dass gerade nach dem Weggang des Verdächtigen mehr Lebertransplantationen stattfanden: Die Zahl wuchs demnach innerhalb eines Jahres um mehr als 40 Prozent von 48 Transplantationen im Jahr 2008 auf 69 im Jahr 2009. Eine solche Steigerung gelte als ungewöhnlich, zumal selbst die größten deutschen Transplantationszentren nur rund 100 Lebern pro Jahr transplantieren, schreibt die Zeitung.
Noch dazu sei in Regensburg die Zahl der Lebertransplantationen bereits zuvor angestiegen: Im Jahr 2003 waren es noch nur 10. Dies würde zum Teil auf die unlauteren Methoden des verdächtigen Oberarztes zurückgeführt.
Den Ermittlern fehlen bisher Anhaltspunkte für weitere Täter. Die Prüfungen stünden noch am Anfang, sagte der stellvertretende Sprecher der Staatsanwaltschaft Regensburg, Markus Pfaller.
Klink hat noch keine Erklärung
Der Chef der Chirurgie, unter dem der Oberarzt in Regensburg gearbeitet hatte, wurde beurlaubt. Dies sei aber nur geschehen, weil er womöglich seine Aufsichtspflicht verletzt habe, betonte Klinikumvorstand Günter Riegger. Der Chirurgie-Chef bestritt eine Beteiligung an den Manipulationen. Wie die starke Erhöhung der Spenderzahlen nach 2008 in Regensburg erreicht werden konnte, konnte das Klinikum bis Redaktionsschluss der "Süddeutschen Zeitung" nicht erklären. Der beurlaubte Leiter der Chirurgie nahm dazu keine Stellung.
In Göttingen soll der verdächtige Oberarzt als Leiter der Transplantationschirurgie in den Jahren 2008 bis 2011 ebenfalls in mehr als 20 Fällen Daten manipuliert haben, um Patienten schneller eine Spenderleber zu verschaffen. Dort wurde zudem der Leiter der Gastroenterologie beurlaubt, der an den Manipulationen beteiligt sein soll. Beide Mediziner bestreiten die Vorwürfe.
Quelle: ntv.de, che