Der "Aufklärer der Nation" Oswalt Kolle ist tot
01.10.2010, 16:21 Uhr
(Foto: dapd)
Der als "Aufklärer der Nation" bekannt gewordene Journalist Oswalt Kolle ist tot. Nach Angaben der Familie starb der 81-Jährige bereits vor einer Woche am 24. September in Amsterdam. Den Tod gaben die Angehörigen erst nach der Trauerfeier bekannt, die am Freitag stattfand.
Kolle, der am 2. Oktober 82 Jahre alt geworden wäre, war in den 60er Jahren in Deutschland ein Vorkämpfer der sexuellen Aufklärung. Seine Filme sahen Millionen Menschen in den Kinos und später im Fernsehen.
Er war der Sexpionier des Westens. Mit seiner Mission, die körperliche Liebe von Zwängen, Verboten und Verunglimpfungen zu befreien, kam der Journalist und Filmemacher in den Adenauerjahren Millionen wie ein weltlicher Erlöser vor - während seine konservativen Gegner ihn als "Perversen" beschimpften. Seinen selbst gestellten Auftrag - "ein Klima mitzuschaffen, in dem Anti-Sexualität nicht mehr gedeiht" - sieht Kolle als erfüllt an: "Deutschland ist ein tolerantes Land geworden. Man sieht es schon daran, dass es dort eine Reihe hochwangiger Politiker gibt, die nicht nur schwul sind, sondern sich problemlos dazu bekennen können", sagte Kolle vor zwei Jahre in einem Interview.
Kolle fand die deutschen Achtundsechziger zwar politisch wichtig, in Sachen Sexualität jedoch langweilig: "Die glaubten, man kann hundert Jahre sexuelle Unterdrückung mit ein paar nackten Ärschen auf dem Tisch des Bürgermeisters beseitigen." In seiner Wahlheimat Amsterdam hingegen erlebte er "damals eine enorme Freiheit und Toleranz, Offenheit und Ehrlichkeit zum Thema Sexualität".
Zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau Marlies, mit der Kolle "Freiräume in der Ehe" vereinbart hatte, verliebte er sich 2002 in die verwitwete Sprachtherapeutin Josee del Ferro. Die heute 70-Jährige halte nichts von "häufigen Bettenwechseln", sagt Kolle. Deshalb lebte er bis zu seinen letzten Tagen absolut monogam, und "fand es wunderbar".
Quelle: ntv.de, AFP