"Gravierende Fehler" in Jülich Reaktor-Störfälle jahrelang runtergespielt
27.04.2014, 10:32 Uhr
Das Kernkraftwerk AVR Jülich, der erste deutsche Hochtemperaturreaktor, wurde von 1967 bis 1988 betrieben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Zu hohe Temperaturen im Reaktorkern, unwirksame Notschalter, Zwischenfälle mit mehreren zehntausend Litern eindringendem Wasser: Es ist einiges passiert, bis der Reaktor im Forschungszentrum Jülich 1988 stillgelegt wird. Vieles kommt erst jetzt ans Licht.
Eine Expertenkommission hat zahlreiche Fehler beim Betrieb eines heute stillgelegten Reaktors im Forschungszentrum Jülich bei Aachen festgestellt. Unter anderem seien Zwischenfälle gar nicht oder in einer zu niedrigen Sicherheitskategorie an die zuständige Aufsichtsbehörde gemeldet worden, heißt es in dem jetzt veröffentlichten Bericht. Von einer gesundheitlichen Gefährdung der Bevölkerung durch Störfälle in der Anlage sei aber nicht auszugehen, erklären die Experten.
Die Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor hatte die Anlage von 1967 bis 1988 betrieben. 1978 waren bei einem Zwischenfall 27.000 Liter Wasser in den inneren Teil des Reaktors eingedrungen. Erst sechs Tage nach Störfallbeginn hatte das Personal den Reaktor heruntergefahren. Auch hatten die Techniker einen Sicherheitsschalter für eine Schnellabschaltung so umgestellt, dass dieser unwirksam wurde. Die Einstufung dieses Vorfalls in die niedrigste Meldekategorie N ("geringe sicherheitstechnische Bedeutung") sei nicht sachgerecht gewesen, schreiben die Experten. Daneben wurde der Reaktorkern laut Bericht zeitweise mit überhöhten Temperaturen betrieben, ohne dass dies erkannt worden sei.
Knapp an der Katastrophe vorbei
Der Rückbau des 1988 stillgelegten Reaktors ist mit Problemen verbunden: Der Reaktorkern gilt als stark kontaminiert. 2008 kam eine Studie zu dem Ergebnis, dass die Betreiber nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschlittert seien.
Das Forschungszentrum und die Arbeitsgemeinschaft hatten 2011 eine Expertengruppe damit beauftragt, die Geschichte des Reaktors aufzuarbeiten. Der Bericht zeige, dass es gravierende Fehler und Versäumnisse gegeben habe, erklärte das Forschungszentrum. "Dies bedauern wir ausdrücklich", heißt es in einer Mitteilung.
Quelle: ntv.de, asc/dpa