Millimeterarbeit auf dem Rhein Schiffe passieren Wrack
21.01.2011, 16:57 Uhr
Langsame Fahrt, vorbei an dem Wrack.
(Foto: dpa)
Mit größter Vorsicht sollen rund 60 Binnenschiffe das Wrack der auf dem Rhein gekenterten "Waldhof" passieren. Der Havarist darf auf keinen Fall zu viel bewegt werden. Auch, weil die geladene Schwefelsäure abgepumpt wird. Die niederländische Firma, die auch die "Kursk" hob, arbeitet unterdessen an den Bergungsplänen.
Vorsichtig bahnt sich die mit Containern beladene "Aarburg" rheinaufwärts ihren Weg - vorbei am Wrack des gekenterten Säuretankschiffs "Waldhof". Dicht darauf folgen die "Ferox" und die "RP Rheinfelden". Wie an der Schnur gezogen fährt Schiff um Schiff an der Unglücksstelle nahe der Loreley vorbei - bis zu 60 Frachter und Tanker sollen das Wrack passieren. Eile ist geboten, denn in Kürze sollen die Kräne der Bergungsfirma in Position gebracht werden, damit der auf der Seite liegende Havarist mit weiteren Drahtseilen gesichert werden kann. Niemand weiß, ob dann noch Schiffe fahren können. Die Dauer der Bergung wird auf drei Wochen geschätzt.
"Wir sind bestrebt, so viele wie möglich durchzulassen", sagt Bundesverkehrsstaatssekretär Klaus-Dieter Scheurle. Nach einem ersten Test waren rund 20 Schiffe gefahren. Allerdings nicht in Fließrichtung - es wird befürchtet, dass sich das Wrack wegen der Strömung losreißen könnte. Über 300 Schiffe warten laut Bundesverkehrsministerium noch auf die Weiterfahrt, den wirtschaftlichen Schaden wagt keiner zu bemessen. Rund 2000 Euro kostet es täglich einen Binnenschiffer, wenn er nicht fährt.
Scheurle spricht an der Unglücksstelle von einem "furchtbaren Unglück in einer wohl ziemlich einmaligen Dimension". Das Tankschiff war in der Vorwoche mit rund 2400 Tonnen Schwefelsäure an Bord aus ungeklärter Ursache gekentert. Zwei Besatzungsmitglieder wurden gerettet, zwei Bootsleute gelten seither als vermisst.
Tiefe Mulde
Der Havarist ist mittlerweile an zwei im Flussbett verankerten Pontons befestigt, er bewegt sich wegen der starken Strömung jedoch leicht. Und direkt am Schiff hat sich eine tiefe Mulde gebildet. Das Tankschiff soll nun zusätzlich gesichert werden, um ein Abpumpen der Schwefelsäure zu ermöglichen. Dafür soll damit begonnen werden, zwei Drahtseile unter dem Schiff durchzuziehen. Nach Angaben der Einsatzleitung kann allein dieser Schritt drei Tage dauern. Starke Strömung und wechselnde Wasserstände erschweren die Situation.
"Die Sicherung des Schiffs hat Priorität", sagt ein Sprecher der Staatskanzlei. Ministerpräsident Kurt Beck will sich persönlich vor Ort ein Bild der Lage verschaffen. Die niederländische Bergungsfirma Mammoet, die 2001 auch das russische Atom-U-Boot "Kursk" aus der Barentssee barg, sollte zudem intern ihr Bergungskonzept vorstellen. Einen Zeitplan wagt allerdings keiner zu nennen. "Es ist ein dynamischer Prozess", sagt der Leiter des Binger Wasser- und Schifffahrtsamtes, Martin Mauermann. Scheurle ergänzt: "Wir müssen hier jeden Tag hinzulernen - in vielerlei Hinsicht."
Quelle: ntv.de, dpa