Keine Sicherungsverwahrung Sextäter bleibt draußen
13.01.2010, 19:30 UhrDer als rückfallgefährdet geltende Sexualtäter Karl D. bleibt auf freiem Fuß. Wegen fehlender Rechtsgrundlage lässt der Bundesgerichtshof eine nachträgliche Sicherungsverwahrung gegen den 58-Jährigen nicht zu. Die Dauerproteste im nordrhein-westfälischen Heinsberg gehen also weiter.
Der Bundesgerichtshof hat die nachträgliche Sicherheitsverwahrung eines Sexualstraftäters abgelehnt und damit Proteste gegen das entsprechende Gesetz ausgelöst. Es gebe keine neuen Tatsachen, die auf eine Gefährdung der Bevölkerung durch den Mann hindeuteten, urteilten die Karlsruher Richter. Allerdings geht ein Gutachten davon aus, dass von Mann erhebliche Straftaten zu erwarten sind. Die Deutsche Kinderhilfe und die Polizeigewerkschaft forderten, das Gesetz zur nachträglichen Sicherungsverwahrung müsse überarbeitet werden.
Der Fall des Sexualstraftäters Karl D. sorgt seit Monaten bundesweit für Aufsehen. Der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU) hatte die Bevölkerung vor D. gewarnt, nachdem dieser Anfang 2009 nach Verbüßung einer langjährigen Haftstrafe in die nordrhein-westfälische Stadt gezogen war. Seither demonstrieren allabendlich Anwohner gegen den Aufenthalt des Straftäters im Stadtteil Randerath. Die Polizei will D. nun weiter observieren und auch die Protestierer vor dessen Wohnung weiter schützen.
Der Täter war 1995 zu einer 14-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er stundenlang in einem eigens dafür hergerichteten VW-Bus zwei 14 und 15 Jahre alte Anhalterinnen vergewaltigt hatte. Seinen Opfern fügte er dabei nach Angaben des Gerichts besonders schmerzhafte und entwürdigende Verletzungen zu. In dem Prozess kam damals ein Gutachter zu dem Ergebnis, der Mann habe keinen Hang zu weiteren schweren sexuellen Straftaten. Im Februar 2009 beantragte die Staatsanwaltschaft München die nachträgliche Sicherheitsverwahrung des Täters. Ein neues Gutachten attestierte dem Mann eine Neigung zu Rückfällen und kam zu dem Ergebnis, er sei eine Gefahr für die Allgemeinheit.
Neues Gutachten sieht erhebliches Gefährdungspotential
Das Landgericht München II kam jedoch zu dem Schluss, es gebe keine Grundlage für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung, weil keine neuen Tatsachen vorlägen. Das neue Gutachten, das dem Mann ein erhebliches Gefahrenpotenzial bescheinigt, stelle nur eine Neubewertung der bereits bekannten Umstände der Tat dar. Laut Gesetz müssen aber neue Erkenntnisse vorliegen, damit eine zeitlich unbegrenzte Sicherungsverwahrung nachträglich bei einem bereits Verurteilten angewendet werden kann.
Die Kinderhilfe kritisierte, wegen der Gesetzeslücke müsse nun die Polizei den Mann an dessen Heimatort rund um die Uhr bewachen. Dies koste rund 100.000 Euro im Monat. Es sei unverständlich, dass der Gesetzgeber dagegen nicht einschreite. Die Deutsche Polizeigewerkschaft erklärte, mit einer "unzureichenden, um nicht zu sagen schlampigen Gesetzgebung" seien Sicherheitslücken geschaffen worden. Noch in diesem Jahr müsse das Gesetz zur Sicherungsverwahrung novelliert werden, forderte Gewerkschaftschef Rainer Wendt im MDR.
Der stellvertretende Unionsfraktionschef Günter Krings warf dem BGH vor, in seinem Urteil zu wenig Gewicht auf den Schutz der Bevölkerung gelegt zu haben. Allerdings gebe es gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Die Grünen begrüßten dagegen das Urteil. Es dürfe kein Sonderstrafrecht geben, auch nicht für Sexualstraftäter.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP