Prozess um AltenheimmordeTöteten Pfleger aus Langeweile?

Das Seniorenwohnheim "Lambrechter Tal" liegt mitten im Ort, mit Blick auf den Pfälzer Wald. Es könnte ein schöner Ort zum Altwerden sein, doch hier wurden alte Menschen misshandelt, gedemütigt und schließlich sogar ermordet.
"Es klebt nun Blut an unseren Händen und wir sind jetzt besonders verbunden." Das ist nur eine der Textnachrichten, die die Ermittler auf den Handys einer Altenpflegerin und zweier Pflegehelfer aus dem pfälzischen Neustadt sicherstellen. Zwei Morde und einen versuchten Mord wirft die Staatsanwaltschaft den drei Angeklagten vor, gegen die nun der Prozess beginnt. Außerdem werden ihnen die Misshandlung von Schutzbefohlenen, mehrere Körperverletzungen und Eigentumsdelikte zur Last gelegt - insgesamt umfasst die Anklage 33 Punkte.
Die Taten ereigneten sich nach Überzeugung der Anklage zwischen Juli 2015 und August 2016 im Seniorenhaus "Lambrechter Tal". Auf ihrer Webseite wirbt die Awo, die das Heim im pfälzischen Lambrecht betreibt, mit einer ganz auf die Wünsche der Bewohner zugeschnittenen Pflege.
Doch die angeklagten Pfleger "nehmen die Menschenwürde und die Achtung der Menschen nicht so genau", sagt der Leitende Oberstaatsanwalt in Frankenthal, Hubert Ströber" bereits während der Ermittlungen. Der Anklage zufolge wurden Senioren mit Gegenständen beworfen und bekamen Medikamente, etwa Abführmittel, ohne medizinischen Grund verabreicht. Zudem sollen die Angeklagten die Senioren "gewerbsmäßig" bestohlen haben. "Mit den alten Leuten wurden üble Späße getrieben. Wir setzten den Bewohnern Hüte auf, bespritzten sie mit Wasser, lachten sie aus, nahmen Scherz-Videos auf", berichtete der angeklagte 24-jährige Pflegehelfer der "Bild"-Zeitung.
Misshandlungen gefilmt
Er hat bereits gestanden, eine 85-jährige Heimbewohnerin mit einem Kissen erstickt zu haben. Zuvor war offenbar die geplante Tötung mit einer Überdosis Insulin gescheitert. Auch einem 62-jährigen Mann sollen die drei eine tödliche Menge Insulin gespritzt haben. Eine 89-Jährige soll laut Staatsanwaltschaft in Mordabsicht Morphin und Insulin verabreicht bekommen haben. Die Seniorin überlebte den Angriff jedoch. Den ersten Mord feierte das Trio regelrecht, berichtete der SWR.
Auf die Spur gekommen waren die Ermittler dem Trio dank einer Mitarbeiterin, die von fragwürdigen Handyaufnahmen erfahren und die Heimleitung informiert hatte. Als man den Hinweisen auf Misshandlungen und Demütigungen der teilweise dementen Heimbewohner nachging, stießen die Ermittler auf die Textnachrichten, die noch schlimmere Verbrechen nahelegten.
Als Beweggründe nimmt die Anklage in allen Fällen Langeweile und die Demonstration von Macht über die anvertrauten Personen an. Die Staatsanwaltschaft spricht von "Heimtücke", mit der die Angeklagten die Arg- und Wehrlosigkeit der Opfer ausnutzten und von "niedrigen Beweggründen".
Seit Ende 2016 sitzen die Angeklagten bereits in Untersuchungshaft, zu den Misshandlungen und Diebstählen seien sie prinzipiell geständig, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Ein Mordgeständnis hat bisher nur der jüngere der beiden Pflegehelfer abgelegt. Die anderen bestreiten die Tötungen oder lasten sie ihren Mitangeklagten an. Zunächst sind zwölf Prozesstage angesetzt, ein Urteil könnte noch in diesem Jahr fallen. Abgeschlossen sind die Ermittlungen im Seniorenheim "Lambrechter Tal" damit aber noch nicht, die Staatsanwaltschaft prüft noch weitere Todesfälle.