Panorama

Ramadan in ÄgyptenZensur arbeitet auf Hochtouren

15.08.2010, 11:42 Uhr
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Tausende feiern Ramadan in Kairo. (Foto: picture-alliance/ dpa)

Im Ramadan ist Fernsehen das Hauptvergnügen der Massen. Die Sender buhlen mit immer "heißeren" Serien um die Gunst der Seher. Aber auch die Zensur greift immer öfter ein.

Im islamischen Fastenmonat Ramadan wird im Nahen Osten mehr ferngesehen als zu jeder anderen Jahreszeit. Tagsüber verzichten die Menschen auf Essen und Trinken. Das Fastenbrechen nach Sonnenuntergang (iftar) wird häufig in Form eines Festschmauses im Familien- oder Freundeskreis zelebriert. Die Mattscheibe wurde in der letzten Zeit zu einem immer wichtigeren Accessoire dieser geselligen Zusammenkünfte.

Zugleich führte der Durchbruch des Satelliten-Fernsehens in der arabischen Welt zu einem beinharten Konkurrenzkampf zwischen den zahllosen Sendern. Insgesamt 560 arabische Satellitenkanäle rivalisieren um die für die Werbewirtschaft maßgeblichen Quoten, schrieb das ägyptische Wirtschaftsmagazin "Business Monthly" in seiner August-Ausgabe. Allerdings haben höchstens 15 von ihnen eine wirkliche Bedeutung und relevante Zuschauerschaft.

Am beliebtesten bei Publikum und Anzeigenkunden sind die Serien. Das Spektrum reicht von trivialen Soaps über gesellschaftskritische Komödien bis hin zu großen Historien-Sagas. Produziert wird alles, was Quote versprechen könnte. Die Konkurrenz wird immer schärfer, die Sender stehen unter immer höherem Druck, den Sehern etwas zu bieten. Vor allem wenn die prüde Sexual-Moral berührt oder die Herrschenden zu direkt kritisiert werden, tritt in den autoritär regierten Ländern der Region der Zensor auf den Plan.

Ganze Szenen und Figuren rausgeschnitten

In Ägypten soll seine Schere in diesem Jahr besonders heftig an den neuen Ramadan-Serien herumgeschnipselt haben, berichteten arabische Internet-Medien. So wurde eine Soap um eine Szene "gekürzt", in der sich der männliche Hauptprotagonist seiner sexuellen Standfestigkeit rühmte. Aus einer anderen Serie schnitt die Zensur den Satz aus dem Munde eines korruptionsmüden Ägypters: "In diesem Land kannst du mit Geld alles kaufen."

Die Serie "Al-Dali" (Die Familie Dali) zeichnet das Los einer fiktiven Oberschicht-Familie seit der Machtergreifung des Nasser-Regimes im Jahr 1952 nach. Aus ihr musste die Figur des seit fast 29 Jahren amtierenden ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak vollständig entfernt werden. Die Person des Staatsoberhauptes ist im Land der Pharaonen noch immer so gut wie tabu.

Große Erwartungen eilten einer neuen Serie voraus, die die Geschichte der islamistischen Moslembruderschaft zum Gegenstand hat. Das Thema ist "heiß", weil die Organisation verboten ist, obwohl das Regime sie auch toleriert und sie begrenzt und unter der Etikette "Unabhängige" bei Wahlen zulässt. Nach der Ausstrahlung der ersten Folgen war aber dem Publikum klar, dass der Zensor hier nicht viel Arbeit gehabt haben dürfte: der angekündigte Hype erwies sich als eher brav und bieder.

Quelle: Shabtai Gold und Gregor Mayer, dpa