Facebook-Horst zum Anfassen Der Ansturm bleibt aus
08.05.2012, 23:53 Uhr
Seehofer zeigt, dass er das Feld Internet nicht den Piraten überlassen will.
(Foto: dapd)
Kein Parteichef ist so wandlungsfähig wie Horst Seehofer. Am Abend lud der CSU-Chef, vor Kurzem noch Internet-Analphabet, in die Münchner Nobel-Diskothek P1 zur Facebook-Party. Fast wäre er ganz allein gewesen, wenn da nicht die jungen Wilden der CSU und weit über hundert Journalisten gewesen wären.
Das große Chaos blieb aus, aber auch der große Ansturm: Die Facebook-Party von CSU-Chef Horst Seehofer erlebte trotz der Anmeldung von 2561 Nutzern des sozialen Netzwerks einen äußerst lahmen Abend. Laut Polizei befanden sich gut eineinhalb Stunden nach Partybeginn erst 500 Menschen in der Münchner Nobeldisco P1, darunter allerdings viele CSU-Mitarbeiter und 150 Journalisten. Später schätzte die CSU die Teilnehmerzahl auf 1000.
Seehofer selbst ließ sich die Laune nicht verderben. "Ich bin zufrieden", sagte er. Facebook sei eine neue Erscheinungsform, die in der Bevölkerung immer mehr Akzeptanz erfahre. "Irgendwann muss man beginnen."
Unter den Gästen waren zumindest vereinzelte, die der CSU fern standen. "Ich finde es ganz lustig", sagte der 26-jährige Student Ludwig Gengnagel, der über das Internet auf die Party aufmerksam geworden war. Allerdings sei es auch "lächerlich", dass ausgerechnet Seehofer eine Facebook-Party mache. "Man weiß ja auch, dass er rückwärtsgewandt ist." Die wohl älteste Partybesucherin war die 89-jährige Künstlerin Ruth Megary. Sie veröffentliche jeden Tag auf Facebook Nachrichten, sagte die Münchnerin. "Man muss vernetzt sein. Sonst gibt das Leben keinen Sinn."
Bayern-SPD verlangt Auskunft über Kosten
Polizeisprecher Wolfgang Wenger berichtete von keinerlei Auffälligkeiten rund um die Party. Es habe zwar vereinzelt Hinweise auf Verabredungen zu Störungen gegeben, am Abend sei davon aber nichts zu sehen gewesen. Wenger wollte keine Angaben dazu machen, wie viele Polizisten wegen der CSU-Party zum Einsatz kamen. Es sei Sache des Veranstalters, für die Sicherheit zu sorgen. Die Partei selbst hatte zwei Sicherheitsschleusen vor der Diskothek eingerichtet und 50 Ordner angeheuert.
Die bayerische SPD kritisierte die Veranstaltung scharf und verlangte Auskunft über die Kosten des Polizeieinsatzes. SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher sagte: "Ich finde, Horst Seehofer – ohne ihm zu nahe treten zu wollen – passt besser zum Tanztee im Berliner Café Keese der neunziger Jahre, mit der Senioren-Union, gesponsert von der Apotheken-Umschau, als ins P1-Stüberl."
Um alle Gäste unterzubringen, hatte die CSU auch das Außengelände um die Diskothek reservieren lassen. In den vergangenen Jahren ist es immer wieder vorgekommen, dass die Polizei bei Teenagerpartys rettend einschreiten musste, wenn die Gastgeber die Einladung auf Facebook veröffentlicht hatten und viel mehr Gäste kamen als erwartet.
Der bayerische Ministerpräsident wurde bei seinem Eintreffen sofort von so vielen Journalisten umringt, dass die Partygäste zunächst gar keine Gelegenheit hatten, mit ihm zu sprechen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte, die Party sei allein schon deshalb erfolgreich, weil sie ein sehr großes Interesse im Netz gefunden habe.
Dass die Aktion arg bemüht wirkte und in Wahrheit reiner Wahlkampf war, spielte an diesem Abend zumindest im Innern des P1 keine Rolle. Denn immerhin kann sich Seehofer nun über doppelt so viele Facebook-Freunde wie vor der Party-Aktion freuen. Was das aber für das wahre Leben bedeutet, muss ihm noch einer erklären.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa