Wer folgt auf Ahmadinedschad? Der Iran hat die Wahl
14.06.2013, 07:31 Uhr
Ergraute Männer überwachen die "Revolution": Straßenszene in Teheran.
(Foto: dpa)
Die Wahllokale haben geöffnet: Seit den frühen Morgenstunden sind die Bürger im Iran dazu aufgerufen, ihre Stimme für einen von sechs Präsidentschaftskandidaten abzugeben. Es ist eine Richtungsentscheidung im Brennpunkt globaler Konfliktlinien.

Präsident Achmedinedschad und die aussichtsreichsten Kandidaten: Mohammad-Bagher Ghalibaf (o.l.) ist amtierender Bürgermeister in Teheran, Hassan Ruhani (u.l.) ist Chefunterhändler des Iran im Atom-Streit, Saeed Dschalili (o.r.) ist Vorsitzender des Obersten nationalen Sicherheitsrats des Iran, und Ali-Akbar Welajati (u.r.) ist ehemaliger Außenminister des Iran.
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Im Iran hat am Morgen die Wahl des neuen Präsidenten begonnen. Über 50 Millionen Iraner sind aufgerufen, einen Nachfolger für Staatschef Mahmud Ahmadinedschad zu bestimmen. Präsident Ahmadinedschad tritt nicht mehr an. Gemäß der iranischen Verfassung darf er nach zwei Amtszeiten an der Spitze der Regierung nicht mehr kandidieren.
Von den sechs Kandidaten haben nach Ansicht von Beobachtern vier gute Chancen, die Wahl für sich zu entscheiden. Neben den beiden Konservativen Ali-Akbar Welajati und Mohammed Bagher Ghalibaf haben auch der Hardliner Said Dschalili sowie der Reformer Hassan Ruhani Aussichten auf Erfolg.
Das Lager aus Reformern und Gemäßigten setzt auf den Kleriker Ruhani. Nach dem Rückzug des einzigen Reformkandidaten Mohammed Resa Aref ist der langjährige Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrats ihr Hoffnungsträger. Das ultrakonservative Lager scheint dagegen zerstritten und schickt gleich mehrere Bewerber ins Rennen.
Die Wahllokale öffneten um 5.30 Uhr (MESZ). Mit ersten Hochrechnungen ist frühestens am späten Abend zu rechnen. Die Wahllokale werden bis voraussichtlich Mitternacht (Ortszeit, 21:30 MESZ) geöffnet sein. Die offiziellen Ergebnisse sollen am Samstagmorgen bekanntgegeben werden. Setzt sich im ersten Wahlgang keiner der sechs Kandidaten durch, gibt es am 21. Juni eine Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten.
International messen Beobachter der Wahl eine große Bedeutung bei. Das Präsidentenamt gilt als Schlüssel für die weitere politische Entwicklung des Iran in einer ganzen Reihe an Spannungsfeldern. Ein grundlegender Kurswechsel in der Außenpolitik ist zwar Experten zufolge selbst bei einem Wahlsieg reformorientierter Kräfte nicht zu erwarten. Doch besteht die Hoffnung, dass sich der Nachfolger des bisherigen Amtsinhabers als umgänglicher erweist und gemäßigtere Töne anschlägt als Ahmadinedschad.
Die im Atomstreit verhängten Sanktionen machen der iranischen Wirtschaft inzwischen schwer zu schaffen, so dass auch intern der Druck für eine Kurskorrektur wächst. Neben dem Atomkonflikt mit dem Westen ist der Iran gleich in mehrere weitere hochbrisante Konflikte verstrickt.
Rückhalt für Syriens Assad
Enge Verbindungen bestehen beispielsweise zu Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Der Iran ist seit den 1980er Jahren ein enger Verbündeter von Damaskus. Auch nach Beginn des Aufstands gegen Präsident Assad hält Teheran zu dem Bündnispartner. Ob der Iran die Regierung auch mit Ausbildern und Kampftruppen unterstützt, ist umstritten.
Als Fakt gilt jedoch, dass Teheran Geld und Waffen schickt. Frankreich lehnt eine Teilnahme des Iran an der geplanten Syrien-Konferenz ab, da es fürchtet, dass Teheran Syrien zu Zugeständnissen im Atomstreit nutzen könnte.
Geldquelle der Hisbollah
Syrien ist für den Iran auch wichtig als Verbindung zur schiitischen Hisbollah-Miliz im Libanon. Teheran hat sie in den 1980er Jahren mit aufgebaut und unterstützt sie bis heute mit Geld und Waffen. Sie ist Teherans wichtigster Verbündeter im Kampf gegen Israel, dessen Existenzrecht der Iran bis heute nicht anerkennt.
Bei der palästinensischen Hamas verlor der Iran dagegen deutlich an Einfluss, als sie ihren Exilsitz aus Syrien ins sunnitische Golfemirat Katar verlegte - einen entschiedenen Gegner des Iran.
Fäden Richtung Bagdad
Der Iran ist mit seinem westlichen Nachbarn Irak kulturell eng verbunden. Die Regierung des schiitischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki steht dem Iran nahe. Die USA sehen mit Unbehagen den wachsenden iranischen Einfluss unter der schiitischen Bevölkerungsmehrheit. Sie werfen dem Iran vor, schiitische Milizen zu unterstützen. Zugleich teilen die USA aber mit dem Iran das Interesse an einem stabilen Irak und an der Bekämpfung von Al-Kaida und anderen sunnitischen Extremisten.
Langer Arm nach Afghanistan?
Ähnlich sieht die Lage in Afghanistan aus. Auch hier hat Teheran ein Interesse an einer stabilen Entwicklung und unterhält enge Wirtschaftsbeziehungen mit den Regionen im Norden und Westen. Seit Beginn des internationalen Militäreinsatzes 2001 verhielt sich Teheran weitgehend kooperativ.
Vorwürfe, wonach der Iran die sunnitischen Taliban mit Waffen versorgt, konnten nie bewiesen werden. Bei Friedensgesprächen mit den Taliban könnte Teheran eine Mittlerrolle zukommen.
Unruheherd am Persischen Golf
Teheran liegt im Streit mit den Vereinigten Arabischen Emiraten um mehrere Inseln im Persischen Golf. Angesichts von Drohungen Israels mit einem Militärangriff auf die iranischen Atomanlagen drohte Teheran mit der Verminung der strategisch wichtigen Seestraße von Hormus.
Zur Eindämmung des Iran rüstet der Westen die arabischen Golfmonarchien systematisch auf - weitgehend ungeachtet ihrer autoritären Herrschaftsstrukturen und schlechten Menschenrechtsbilanz.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa